Unsere Erde 2

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Gut investiert sind die Gebührengelder der BBC, wie diese vor allem visuell spektakuläre Dokumentation einmal mehr beweist. Manche der Aufnahmen von wilden Tieren und atemberaubenden Landschaften, die in „Unsere Erde 2“ zu sehen sind, kennt man zwar schon aus anderen BBC-Dokumentationen, aber in diesen 90 Minuten stecken so viele Schauwerte, dass man so oder so kaum zum Luftholen kommt.

Webseite: www.unsere-erde2-film.de

Dokumentation
GB 2017
Regie: Peter Webber & Richard Dale & Fan Lixin
Buch: Frank Cottrell Boyce, Richard Dale, Geling Yan
Länge: 94 Minuten
Verleih: Universum
Kinostart: 15. März 2018

FILMKRITIK:

Schon Walter Ruttman wusste, dass der Lauf eines Tages ein ebenso einfaches, wie wirkungsvolles Mittel ist, eine an sich nur lose erzählte Dokumentation zusammenzuhalten. So wie er vor 90 Jahren „Berlin – Die Sinfonie der Großstadt“ am Morgen begann, die Geschehnisse eines Tages beschrieb und in der Nacht endete, so bedienen sich die drei Regisseure von „Unsere Erde 2“ dem Rhythmus eines Tages, um nicht weniger als die ganze Erde zu beschreiben.
 
Dieses ambitionierte Ziel sagt schon einiges über die Entwicklung, die Tier- bzw. Naturdokumentation in den letzten Jahrzehnten erlebt haben. Wuchs man in den 80er Jahren auf, dann waren Bernhard Grzimek „Ein Platz für Tiere“ oder Heinz Sielmanns „Expeditionen ins Tierreich“ die Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen, die Einblicke in die Vielfalt der Natur ermöglichten. Doch wie das in jenen beschaulichen Zeiten so war, konnte es schon mal vorkommen, dass man da zur besten Sendezeit um viertel nach acht, 45 Minuten lang dem Leben der Erdmännchen zusehen konnte. Das bestand die meiste Zeit aus wenig Spektakulärem, doch damals reichte eben die bloße Beobachtung des Tuns – oder eben auch Nichttuns - von Tieren aus. Doch diese Zeiten sind längst vorbei.
 
Schon für eine zeitgenössische Fernsehdokumentation ist es kaum vorstellbar, sich 45 Minuten oder noch länger mit einer einzigen Tierart zu beschäftigen, was noch mehr fürs Kino gilt. Immer spektakulärer muss es dort werden, immer neue, aufregende, noch toller gefilmte Bilder müssen es sein, und davon hat „Unsere Erde 2“ viele zu bieten. Von den Galapagos-Inseln, über Ecuador, Mexiko, Südafrika, bis nach China und Indonesien führten die Dreharbeiten. Neben Lieblingen der Tierfilmer und Kinder wie Pandas und Pinguinen, wurden einstmals exotische Tiere wie Löwen und Geparden gefilmt, dazu wirklich noch exotische Tiere wie eine Flaggensylphe oder eine Langhornmücke. Dazu allerlei Flora und Fauna, zusammengehalten von Günther Jauchs Erzählstimme und der Musik eines dröhnenden Orchesters, das in keinem Moment einen Zweifel daran lassen möchte, dass hier Außerordentliches, Spektakuläres zu sehen ist.
 
Und das ist es auch, keine Frage. Aber was erzählt dieses gut 90minütige Best of Welt über die Erde und ihre Bewohner? Lose folgt die Narration dem Lauf eines Tages, zeigt das Leben und Überleben unterschiedlichster Tierarten, doch angesichts der Notwendigkeit, keinen Moment der Ruhe aufkommen zu lassen, bleibt kaum Zeit, größere Zusammenhänge zu erklären. Mit dieser rastlosen Art entspricht „Unsere Erde 2“ fraglos unserer Zeit, aber auch ihrer oftmaligen Oberflächlichkeit. Eine wundervolle, atemberaubende Oberfläche hat auch diese Naturdokumentation zu bieten, viele der Aufnahmen hat man so tatsächlich noch nie gesehen, doch mag man sich nach fraglos spektakulären 90 Minuten auch fragen, ob das olympische Motto Höher, Schneller, Weiter auch für das Kino der richtige Ratgeber ist.
 
Michael Meyns