Utama. Ein Leben in Würde

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Der Film des bolivianischen Autors und Regisseurs Alejandro Loayza Grisi ist einer, der nicht predigt, aber viel zu sagen hat. Das gelingt ihm über die immense Kraft der Stille und der Bilder, die sich dem Zuschauer richtiggehend ins Gedächtnis eingraben. Er erzählt von einem alten Bauern-Ehepaar im Hochland der Anden. Das Leben war schon immer hart, die Dürreperioden werden jedoch ausufernder. Nichts wird mehr sein, wie es war.

Webseite: http://www.kairosfilm.de/

Utama
Bolivien / Uruguay / Frankreich 2022
Regie: Alejandro Loayza Grisi
Buch: Alejandro Loayza Grisi
Darsteller: José Calcina, Luisa Quispe, Candelaria Quispe

Länge: 87 Minuten
Verleih: Kairos Filmverleih
Kinostart: 9. Februar 2023

FILMKRITIK:

Im bolivianischen Hochland lebt das Quechua-Ehepaar Virginio und Sisa. Seit Jahrzehnten bestellen sie das Land, die Dürre nimmt aber immer mehr zu. Selbst der Dorfbrunnen ist ausgetrocknet. Virginio ist klar, dass er nicht mehr lange zu leben hat, aber das verheimlicht er vor seiner Frau, während sie beide den Veränderungen des Lebens ins Gesicht blicken, verkörpert von ihrem aus der Stadt kommenden Enkel Clever, der Neuigkeiten bringt. Doch nur eines gilt für alle: Sie müssen sich auf die Veränderungen ihres Lebens einstellen.

„Utama. Ein Leben in Würde“ beginnt still und leise – mit ausdrucksstarken Bildern, die dem Zuschauer die Unwirtlichkeit des Hochlandes verdeutlichen. Eine Welt, die vom Klimawandel als eine der ersten getroffen wurde. Es regnet seltener, die Dürre dauert länger, und die Lebensgrundlage der Bauern verschwindet. Die Jüngeren sind bereits gegangen, die Alten harren aus – vielleicht auf den Tod wartend. Denn die Umsiedlung in die Stadt wäre fast gleichbedeutend. Dort spricht man ihre Sprache Quechua nicht mehr, dort gelten die alten Traditionen nichts, die Gemengelage einer globalen Welt hat in den Städten Einzug gehalten. All das wird schon in den ersten Bildern spürbar.

Weil Alejandro Loayza Grisi ein exzellentes Auge dafür hat, Stimmung einzufangen. Er kommt aus der Standfotografie und das merkt man ihm an. An den Schnittstellen zwischen Bild und Stille findet er die tiefsten Bedeutungen, während er von Verlust, von der Landflucht und von der Zerstörung der Natur spricht. Aber „Utama. Ein Leben in Würde“ ist kein Film, der predigen würde. Er hat ein starkes Thema und er führt es dem Zuschauer auch vor Augen. Doch die Erkenntnisse lässt er ihn selbst machen.

Überall auf der Welt gibt es Orte, an denen der Klimawandel als erstes spürbar ist. Seien es die nicht mehr verschneiten Berge Österreichs oder das ausgetrocknete Hochland Boliviens, für manche kommt der Klimawandel schneller, als gedacht. Und sie können die Augen nicht davor verschließen. Es wäre sicherlich nicht realistisch zu hoffen, dass ein Film wie dieser bei so manchem ein Nachdenken auslösen würde. Vielleicht gelingt es, vielleicht nicht, aber was den Film auszeichnet: Er ist exzellent darin, den Zuschauer in eine andere Erlebniswelt zu entführen. Das Hochland Boliviens mag unendlich weit weg erscheinen, die menschlichen Probleme sind aber universell. Verlust in der einen oder anderen Form trifft jeden.

 

Peter Osteried