Über Sinn und Unsinn der Psychotherapie wird seit Sigmund Freund intensiv gestritten, gerade auch im Kino. In Rebecca Zlotowskis psychologischem Thriller „Vie Privée“ ist es eine von Jodie Foster gespielte Psychiaterin, die in Paris lebt und nach dem Tod einer Patientin scheinbar ein Komplott entlarvt – und dabei auf eigene seelische Abgründe stößt.
Über den Film
Originaltitel
Vie Privée
Deutscher Titel
Vie Privée
Produktionsland
FRA
Filmdauer
103 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Zlotowski, Rebecca
Verleih
PLAION PICTURES GmbH
Starttermin
31.12.2025
Eine Amerikanerin in Paris: Liliane Steiner (Jodie Foster) ist erfolgreiche Psychiaterin, hat im Laufe der Jahre aber zunehmend den Autopiloten eingeschaltet. Wenn ihre Patienten auf der Couch liegen, verschwimmen deren Erzählungen zu einem zusammenhanglosen Brei. Vielleicht deswegen nimmt Liliane alle Sitzungen auf altmodischer Mini-Disc auf, vielleicht tut sie das auch nur, weil der Plot es verlangt.
Denn nachdem ihre Patientin Paula Cohen-Solal (Virginie Efira) Selbstmord begangen hat und deren Mann Simon (Mathieu Amalric) bei der Trauerfeier Liliane beschuldigte, für den Tod seiner Frau verantwortlich zu sein, beginnt Liliane zu grübeln. Weniger über mögliche eigene Versäumnisse, als über ein Komplott, dem Paula zum Opfer gefallen ist. Könnte es sein, dass Paulas Tochter Valerie sich im Affekt an der Mutter gerächt hat? Oder war es doch Simon, der sein geheimes Leben bedroht sah.
Zusammen mit ihrem Ex-Mann Gabriel (Daniel Auteuil), beginnt Liliane zu recherchieren, überschreitet alle ethischen Regeln ihrer Profession und nutzt schließlich sogar die Konkurrenz: Eine Hypnosetherapeutin führt sie in dunkle Bereiche ihrer Erinnerung, in der sie auf einmal während des Zweiten Weltkriegs in einem Konzertsaal sitzt, mit der von ihr schwangeren Paula neben sich – und ihrem Sohn Julien (Vincent Lacoste) als Mitglied der Waffen-SS. Vielleicht ist es die Therapeutin, die dringend selbst eine Therapie braucht.
Französisch beherrscht Jodie Foster fast wie ihre Muttersprache, doch in Rebecca Zlotowskis „Vie Privée“ spielt der Hollywoodstar zum ersten Mal die Hauptrolle in einer französischen Produktion. An ihrer Seite ein Ensemble einheimischer Schauspielgrößen, die weitestgehend auf die Funktion des Stichwortgeber für Fosters Figur Liliane reduziert bleiben.
Diese haben Zlotowski und ihre Co-Autorin allerdings komplex und vielschichtig angelegt, auch wenn manche Subtexte im glatten Fluss der Geschichte leicht übersehen werden können. Dass es um den Tod von Lilianes Mutter ein Rätsel gab, wird ein, zwei Mal angedeutet, aber nicht weiter ausgeführt.
Leicht und verspielt wirkt „Une Privée“ oft, es gibt Breitseiten über den Hang der Psychiatrie zu endlos langen Therapien, die dementsprechend enorm teuer sind, während die angeblich schnellen und damit kostengünstigen Erfolge der Hypnose herausgestellt werden. Allzu ernst scheint Zlotowski aber weder die eine noch die andere Methode zu nehmen, sondern vor allem als Mittel, um ihren Plot anzutreiben.
Der funktioniert bisweilen als leichtfüßige Krimi-Komödie, streift dann wieder schwere Themen, besonders wenn es um das Jüdischsein der Figuren geht. Am Ende spielt „Vie Privée“ zwar immer wieder mit größerer Komplexität, begnügt sich aber damit, seine Stars beim Austausch pointierter Dialoge zu beobachten. Das ist zwar nicht besonders anspruchsvoll, aber unterhaltsam.
Michael Meyns