Vilja und die Räuber

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Seit Astrid Lindgren erfreuen sich  Kinderbücher aus nordischen Gefilden auch in Deutschland großer Popularität, zuletzt etwa die Geschichten der finnischen Autorin Siri Kolu. Deren Kinderbuch „Vilja und die Räuber“ verfilmte nun Marjut Komulainen als amüsanten, anarchischen Abenteuerfilm, den Erwachsene vielleicht etwas antiautoritär finden mögen, Kinder aber lieben werden.

Webseite: www.viljaunddieraeuber.de

Me Rosvolat
Finnland 2014
Regie: Marjut Komulainen
Buch:  Melli Maikkula, Marjut Komulainen, nach dem Kinderbuch von Siri Kolu
Darsteller: Sirkku Ullgren, Kiia Kokko, Ilona Huhta, Timo Aula, Emilia Hakkarainen, Arto Hakkarainen
Länge: 85 Minuten
Verleih: farbfilm
Kinostart: 3. September 2015

FILMKRITIK:

Die Sommerferien stehen bevor, doch die zehnjährige Vilja (Sirkku Ullgren) ist alles andere als begeistert von der Vorstellung, mit ihren spießigen Eltern und ihrer nervigen großen Schwester zur langweiligen Oma zu fahren. Ein langer Sommer scheint bevorzustehen, doch dann passiert geradezu wundersames: Auf der Fahrt wird das Familienauto von einem schwarzen Kleinbus gestoppt, auf dem die allseits bekannte Piratenflagge weht! Die Räuberfamilie Räuberberg ist wieder einmal auf Beutefang und schnappt sich diesmal unwissentlich auch Vilja.
 
Anfangs versucht Vilja noch zu fliehen, doch schnell findet sie Gefallen am wilden, anarchischen Leben der bunt zusammen gewürfelten Sippschaft: Familienpatriarch ist Hurja-Kaarlo (Kari Vaananen), die Mutter der Bande heißt Hilda (Lotta Lehtikari), dann ist da noch der etwas wunderliche Luta-Pete (Jussi Vatanen) und die beiden Kinder Hele (Ilona Huhta) und Kalle (Mio Määttä). Die Räuberfamilie, die mit ihrer schwarzen, abgerissenen Kleider ein wenig an Punks erinnern, führen ein wildes, freies Leben, fahren mit ihrem Bus durch die Weiten der finnischen Landschaft, campen an Seen und überfallen gelegentlich spießige Kleinfamilien, die sie in bester antikapitalistischer Manier von ihrem überflüssigen Besitz befreien. Den behalten sie aber nicht für sich selbst, sondern stellen ihn am Straßenrand ab, als moderne Form der Robin Hood-artigen Besitzumverteilung quasi.
 
Nach und nach wird Vilja ein richtiger Teil der Familie und nimmt auch an den so genannten Piralympics Teil, bei denen sich diverse Piratenfamilien in allerlei Fertigkeiten messen, um den Piratenoberhaupt für das nächste Jahr zu wählen. Während sich Vilja jedoch unbeschwert amüsiert, versucht ihr Vater sie wieder zu finden.
 
Man könnte Vilja natürlich für ein undankbares Kind halten, das sich einfach aus dem Staub macht und ihren Eltern furchtbare Sorgen bereitet. Doch das würde den Kern der Geschichte, die deutlich märchenhafte Spuren trägt, verfehlen. So wie einst Pippi Langstrumpf in einer Art Parallelwelt existierte, in der ein kleines Mädchen allein in einer Villa leben konnte, auf einem gepunkteten Pferd ritt und einen Seebär als Vater hatte, so sind auch die Abenteuer von Vilja und Familie Räuberberg zwar in einer Welt angesiedelt, die der unseren ähnelt, aber doch ganz eigene Gesetze hat.
 
Ein unbeschwertes Leben ist hier möglich, Konflikte gibt es kaum, im Mittelpunkt stehen nicht Schule, Eltern und sonstige Probleme, sondern Spaß, Baumhäuser und Abenteuer. Dieser im Kern anarchische Ansatz wird nun nicht etwa in abstruse Höhen getrieben, sondern bleibt nur eine Andeutung. Denn so antiautoritär „Vilja und die Räuber“ im Kern auch ist, vertritt er doch eine antimaterialistische Moral, die man nur unterstützen kann.
 
Michael Meyns