Vorhang auf für Cyrano

Zum Vergrößern klicken

Manchmal bedarf es eines Umwegs. Alexis Michalik wollte bereits seit Ende der 1990er Jahre diesen Film machen, fand aber keinen Finanzier. Dabei war die Idee, einen Film über die Erschaffung des Stücks „Cyrano de Bergerac“ zu machen, der ganz im Stil von „Shakespeare in Love“ war, eigentlich nicht übel. Als Michalik Jahre später eine Bühnenversion davon sah, machte er aus seiner Geschichte auch ein Bühnenstück und hatte derartigen Erfolg, dass eine Verfilmung nur eine Frage der Zeit war. Für den Zuschauer ist das eine glückliche Fügung, ist „Vorhang auf für Cyrano“ doch ein prächtig ausgestatteter, sehr vergnüglicher Film.

Webseite: www.cyrano-derfilm.de

Edmond
Frankreich 2018
Regie: Alexis Michalik
Darsteller:  Thomas Soliveres, Mathilde Seigner Olivier Gourmet, Tom Leeb, Lucie Boujenah
Länge: 110 Minuten
Verleih: Prokino, Vertrieb: Studiocanal
Kinostart: 21. März 2019

FILMKRITIK:

Sein letztes Stück war ein monumentaler Flop, nun jedoch versucht Edmond Rostand den bekannten Schauspieler Conston Coquelin für ein neues Stück zu begeistern. Nur hat Rostand noch gar keine Idee, die über die hinausgehen würde, dass die Hauptfigur ein Mann mit deformiertem Gesicht, aber ein echter Haudegen ist. Rostand ist jedoch gut im Improvisieren und kann Coquelin von seiner Idee überzeugen. Der hat ohnehin Bedarf, da sein jüngstes Stück vorzeitig abgesetzt wurde. Entsprechend bleiben nur wenige Wochen, um „Cyrano de Bergerac“ zu schreiben und auch auf die Bühne zu bringen. Aber nach wie vor sucht Rostand nach Inspiration, die er schließlich um sich herum findet – bei seinem Freund Volny, für den er den romantischen Einflüsterer geben muss, damit der bei seiner angebeteten Jeanne landen kann.

Irrungen und Wirrungen sind vorprogrammiert, während im Theater das Chaos herrscht, Widrigkeiten und Hindernisse sich häufen, aber ein Mann seine Vision verwirklicht und ein unsterbliches Meisterwerk erschafft, das – wie man am Ende hört – im Lauf des letzten Jahrhunderts mehr als 20.000-mal überall auf der Welt aufgeführt wurde. Die Geschichte von Cyrano de Bergerac kennt jeder, sie wurde in historischem, aber auch modernen Kontext mannigfaltig verfilmt. „Vorhang auf für Cyrano“ wirft nun einen locker-beschwingten Blick darauf, wie dieses Werk zum Leben erweckt wurde.

Natürlich ist es pure Fiktion, der sich Alexis Michalik hier hingibt, aber wie schon beim Barden aus Stratford-upon-Avon, dem in „Shakespeare in Love“ ein ähnliches Denkmal gesetzt wurde, ist es hier auch der Wortwitz und die auf hohem Niveau funktionierende Situationskomik, die dafür sorgt, dass fast zwei Stunden Laufzeit wie im Flug vergehen.

Michalik erweckt nicht das Paris des Jahres 1887 zum Leben, sondern ein idealisiertes. So, wie er es sich vorgestellt hat und wie er es in Prag sehr gelungen umsetzen konnte. Dass er mit seiner Darstellung der Stadt und ihrer Bewohner knapp an der Realität vorbeischrammt, verleiht dem Ganzen auch etwas Bühnenhaftes. Das korreliert mit der Geburt der Geschichte am Theater, aber auch mit dem Stück, das Rostand und seine Mitstreiter fast allein mit purer Willenskraft zum Leben erwecken.

Das Stück ist eine Tragödie mit komischen Elementen, der Film ganz und gar Komödie, aber auf die große Dramatik wollte Michalik dennoch nicht verzichten. Er zeigt Schlüsselmomente des Stückes, für das Ende mit Cyranos tragischen Abgang verlässt er jedoch die Bühne. Diese Szene wurde im Kreuzgang eines Klosters gedreht und erlangt so eine Wirklichkeit, die sinnbildlich auch dafürsteht, wie lebendig Theater für das Publikum werden kann, wenn es wie „Cyrano de Bergerac“ nur mitreißend genug ist.

„Vorhang auf für Cyrano“ ist ein unglaublich schneller, sehr verspielter, höchst vergnüglicher Film, der nicht nur eines der größten Stücke aller Zeiten, sondern auch das Theater selbst feiert.

Peter Osteried