„Mein Name ist Blanc, Benoit Blanc“ könnte der 007-Veteran lässig sagen. Das tut Daniel Craig freilich bewusst nicht. Er wollte sich schließlich vom Bond-Image freischwimmen, was zuletzt mit „Queer“ eindrucksvoll gelang. Es funktioniert ebenso als schwuler Meisterdetektiv Blanc. Nach „Knives Out – Mord ist Familiensache“ anno 2019 folgte drei Jahre später „Glass Onion: A Knives Out Mystery“, in dem sich Hugh Grant beiläufig als Ehemann von Blanc präsentierte. Nun also der dritte Streich. Es soll zugleich der letzte sein, wie Regisseur und Autor Rian Johnson beim London Film Festival verlauten ließ. Schade wär’s, denn auch diese Fortsetzung bietet alles, was ein „Knives“-Coup braucht. Vollendet schräge Figuren. Superbe Spannung. Witzige Wendungen. Star-Auftrieb. Sowie einen grandiosen Daniel Craig mit leinwandpräsenter Lässigkeit.
Über den Film
Originaltitel
Wake Up Dead Man: A Knives Out Mystery
Deutscher Titel
Wake Up Dead Man: A Knives Out Mystery
Produktionsland
USA
Filmdauer
144 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Johnson, Rian
Verleih
n.n.
Starttermin
27.11.2025
Ach was muss man oft von bösen Priestern hören oder lesen. Etwa vom jungen Priester Jud Duplenticy (Josh O’Connor), der einen Diakon mit seinen Fäusten niederstreckt. Zur Strafe wird der unbeherrschte Gottesmann in die kleine Kirchengemeinde „Our Lady of Perpetual Fortitude“ im Norden von New York versetzt. Dort führt der dubiose Monsignore Jefferson Wicks (Josh Brolin) das Zepter. Weil er seine fanatischen Predigten gerne mit bitterbösen, sehr persönlichen Beleidigungen schmückt, sind ihm die Schäfchen reihenweise davongelaufen. Geblieben sind nur noch seine langjährige Mitarbeiterin Martha (Glenn Close), der Hausmeister Samson (Thomas Haden Church), die Anwältin Vera (Kerry Washington), deren Adoptivsohn Cy (Daryl McCormack), der Autor Lee (Andrew Scott), der Arzt Nat (Jeremy Renner) sowie die im Rollstuhl sitzende Cellistin Simone (Cailee Spaeny).
Von der Schrulligkeit des neuen Chefs bekommt der junge Priester gleich nach der Ankunft einen ersten Eindruck. Er soll dem Monsignore im gemütlichen Kirchengarten die Beichte abnehmen. Deren überaus ungewöhnlichen Inhalt zu verraten, würde den Spaß verderben. Das ist allgemein die Crux der „Knives Out“-Trilogie. Dem filigran gesponnenen Whodunit-Geflecht aus falschen Fährten und Intrigen ergeht es beim Spoilern wie dem Soufflé bei geöffneter Backofentür. Deshalb nur so viel zur Story: Mitten im Gottesdienst geschieht ein Mord. Die örtliche Polizeichefin Geraldine Scott (Mila Kunis) bittet den Meisterdetektiv Benoit Blanc, bei der Aufklärung des mysteriösen Mordfalls behilflich zu sein.
Für die eingeschworene Gläubigenschar steht der Killer schnell fest. Der eiskalte Detektiv setzt hingegen auf knallharte Beweise. Während seine Indizien wachsen, ergeht es den Kirchenmitgliedern wie einst im Kinderlied den „Ten Little Indians“. Selbst im Säurebad finden sich alsbald Skelette.
Der Krimi lässt sich zu Anfang durchaus etwas Zeit, doch bald steigert sich die Dramaturgie gewaltig und zieht im letzten Drittel die Daumenschrauben der Spannung souverän an. Humor ist bei „Knives“ traditionell die halbe Miete, was dem Starensemble sichtlich Spaß bereitet. Jenseits dieser Heiterkeit schimmert messerscharfe Gesellschaftskritik. Der Monsignore mutiert zunehmend zu einem Hassprediger der übelsten Art. Gleichsam die gelungene Parodie auf jene echten rechten Influencer und fanatischen Populisten. „Make Satire Great Again“ lautet das Motto, sobald dieser Monsignore ins Bild tritt. Josh Brolin hat teuflisches Vergnügen an diesem bigotten Kirchen-Kotzbrocken. Dass er in seiner Beichte beim jungen Priester so permanent wie penetrant von seinen Selbstbefriedigungsfantasien erzählt, verleiht seinem Namen „Wicks“ für deutschsprachiges Publikum eine zusätzliche Comedy-Qualität. Selbst Netflix lässt „Knives“-Macher Rian Johnson nicht ungeschoren. Wie er den Streamer durch den Kakao zieht? Das sollte man am besten im Kino genießen!
Dieter Oßwald