Was bin ich wert?

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Die Antwort auf eine nicht zu beantwortende Frage stellt Peter Scharf in seiner Dokumentation „Was bin ich wert?“, einer Verfilmung des gleichnamigen Sachbuchs von Jörn Klare. In loser Struktur werden verschiedene Methoden beschrieben, den Wert eines Menschen zu berechnen: Bei Schadensersatzfragen, in der Betriebswissenschaft, bei Organentnahmen.

Webseite: www.wfilm.com

Deutschland 2013 - Dokumentation
Regie: Peter Scharf
Buch: Peter Scharf, basierend auf dem Sachbuch von Jörn Klare
Länge: 90 Minuten
Verleih: W-Film
Kinostart: 9. Oktober 2014

Pressestimmen:

Interview mit Regisseur Peter Scharf in der ARD-Sendung "titel thesen temperamente" hier...

FILMKRITIK:

Vor einigen Jahren veröffentlichte der Journalist Jörn Klare das Buch „Was bin ich wert?“, in dem er vielfältige Methoden aufzeigte, den Wert eines Menschen zu berechnen. Dieses Buch verfilmte nun der Dokumentarfilmer Peter Scharf im Stile der in den letzten Jahren zunehmend beliebten Form einer persönlichen, dokumentarischen Suche. Am Anfang steht dabei ein persönlicher Moment, der Wunsch, eine Bestandaufnahme über sein Leben vorzunehmen.

Hier ist das eine kleine Fußverletzung, die Scharf als Moment inszeniert, die ihn vor die Frage stellte, ob er für sich und seinen Sohn sorgen kann, was seine Arbeit, was er selbst wert ist. Diese Fragestellung wird schließlich im Lauf des Films weniger beantwortet, als zum Ausgangspunkt einer Reise um die Welt (was in diesem Fall die Ukraine, die USA, Griechenland und Schottland bedeutet), wo Scharf verschiedene Menschen besucht, die auf die ein oder andere Weise mit seinem Thema zu tun haben.

Den Anfang macht ganz pragmatisch ein deutscher Professor, der die so genannte Saarbrücker Formel entwickelt hat, mit deren Hilfe sich der Wert des Humankapitals eines Unternehmens berechnen lässt. Doch für eine Einzelperson taugt diese Formel nicht und so führt Scharfs Reise in die Ukraine, wo er Menschen besucht, die Organe gespendet haben, um sich und ihre Familie über Wasser zu halten. Wesentlich mehr Geld als bei diesen semi-legalen Unternehmungen ist ein Mensch bei Schadensersatzfragen in Amerika wert. Hierzu interviewt Scharf einige Anwälte, die besonders nach dem Attentat am 11. September über die Entschädigungszahlungen verhandelten. Ähnliches passierte auch in Griechenland in Folge des Unglücks der Costa Concordia, während in Deutschland ein Anwalt über die Zahlungen von Schmerzensgeld berichtet. In Schottland schließlich geht die Reise nach Glasgow, wo die Lebenserwartung in den östlichen Stadtbezirken deutlich niedriger ist als im Zentrum.
Am Ende seiner Suche stellt Scharf einen Mittelwert der vielen verschiedenen Zahlen zusammen und kommt auf einen Mittelwert von 2,4 Millionen Euro. Was diese Zahl jedoch aussagt? Eigentlich nichts, denn ausbezahlt bekommt man diese Summe natürlich nicht. So mutet Scharfs Film dann auch etwas ziellos mäandernd an, reiht etliche interessante Aspekte aneinander, die alle zum Thema passen, aber auch in vielen anderen Filmen nicht fehl am Platz wären.

Was nicht zuletzt an der sehr offenen, weit gefassten Ausgangsfrage liegt, die dieser Film, aber auch viele andere dieser Art stellen: Sei es die Suche nach dem Glücksempfinden in „Die Ökonomie des Glücks“, die Frage nach der Beschleunigung des Lebens in „Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ oder gleich nach dem Sinn des Lebens wie in „Mein halbes Leben“. Mit „Was bin ich wert?“ haben diese Filme gemein, dass sie extrem weit reichende Fragen stellen, die nicht wirklich zu beantworten sind. Die Folge ist dann, wie bei Peter Scharf auch, eine offene Struktur, in der unzählige Aspekte Platz finden, mal mehr, mal weniger interessante. Etwas unfertig wirken Dokumentationen dieser Art, durch ihre betont subjektive Form auch sehr persönlich, oft aber auch wie eine abgefilmte journalistische Reportage, die weniger auf filmische Originalität setzt, als auf inhaltliche Skurillität. Aber auch das kann durchaus unterhaltsam sein.
 
Michael Meyns