Wish I Was Here

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10 Jahre hat sich Zach Braff („Scrubs“) mit seinem zweiten Kinofilm Zeit gelassen. Das Ergebnis ist eine tragikomische Coming-of-Age-Geschichte mit viel Witz, popkulturellen Zitaten und hohem Wohlfühlfaktor. Allerdings tritt „Wish I was here“ nie so ganz aus dem langen Schatten seines inoffiziellen Vorgängers „Garden State“ heraus, mit dem er sich schon aufgrund einer ähnlichen Thematik – wieder geht es um die Sinnsuche im Leben und einen plötzlichen Verlust bzw. Abschied – vergleichen lassen muss. Dafür bietet Braffs routiniert inszenierte Dramedy aber ein glänzend aufgelegtes Ensemble aus bekannten Gesichtern und Nachwuchsdarstellern.

Webseite: www.wildbunch-germany.de

USA 2014
Regie: Zach Braff
Drehbuch: Adam Braff, Zach Braff
Darsteller: Zach Braff, Kate Hudson, Joey King, Mandy Patinkin, Josh Gad, Pierce Gagnon, Jim Parsons
Laufzeit: 106 Minuten
Verleih: Wild Bunch Germany
Kinostart: 9.10.2014

FILMKRITIK:

Im Leben von Aidan (Zach Braff) ist bislang nicht alles so gelaufen wie erhofft. Zwar hat der Mittdreißiger die Liebe seines Lebens (Kate Hudson) gefunden, zwei aufgeweckte Kinder (Joey King, Pierce Gagnon) und ein gemütliches Zuhause, die eigene Schauspielkarriere will aber auch nach einem inzwischen über zehnjährigen Anlauf nur eher schleppend vorankommen. Seit seinem letzten Job für eine Anti-Schuppen-Werbung ist bereits eine gefühlte Ewigkeit vergangen. Hinzu kommt, dass sein Vater (Mandy Patinkin) die Privatschule der Enkel nicht mehr bezahlen kann. Als Aidan seinen alten Herrn mit den offenen Zahlungen konfrontiert, teilt dieser ihm mit, dass der eigentlich überwunden geglaubte Krebs zurück ist und er das Geld nun dringend für seine teure Behandlung benötigt. Für den sichtlich überforderten Aidan stellt sich fortan die Frage, wie er in dieser Situation seinem Vater und der Familie helfen kann, ohne gleichzeitig den eigenen Traum von der Schauspielerei aufzugeben.
 
Zehn Jahre nach seinem gefeierten Regiedebüt „Garden State“ widmet sich Comedy-Star Zach Braff erneut einer Figur, die am Scheideweg ihres Lebens steht. Sein Aidan ist dem „Garden State“-Protagonisten Andrew Largeman nicht unähnlich. Lediglich ein paar Jahre scheinen beide zu trennen. Sowohl Andrew als auch Aidan werden schlagartig mit dem Tod und der Endlichkeit des Lebens konfrontiert. Sie sind unsicher, was sie vom Leben erwarten dürfen und was/wer sie wirklich glücklich macht. Auch formal und stilistisch teilen sich beide Geschichten einen nahezu identischen Rahmen. Unterlegt von melancholischem Indie-Pop verbindet Braff komische, manchmal sogar hinreißend alberne Momente mit ernsten Passagen, in denen vor allem die Krankheit des Vater deutlich wird. Gelegentlich wechseln sich Hochs und Tiefs sogar innerhalb weniger Minuten mehrmals ab. Aidans Anruf bei seinem Bruder Noah (Josh Gad), der gerade in einem absurden Comic-Kostüm Sex mit der Nachbarin hat, ist dafür das beste Beispiel. Als Aidans Tochter Grace den Hörer ergreift, findet „Wish I was here“ zu einem seiner intimsten und ergreifendsten Momente.
 
Auf eine weitere emotionale Klimax steuert der Film im Gespräch zwischen Aidans Frau Sarah mit ihrem im Sterben liegenden Schwiegervater zu. Kate Hudson, die viel zu lange auf eher seichte romantische Komödien festgelegt war, zeigt nicht nur in dieser Szene ihre Qualitäten auf durchaus schwierigem schauspielerischen Terrain. Ohne Sentimentalitäten fangen sie und ihr Filmpartner Mandy Patinkin ein Gefühl von Trauer und Verlust ein. Zach Braff gelingt es hingegen weniger, neue Facetten von sich als Schauspieler oder Regisseur zu zeigen. Das zusammen mit seinem Bruder Adam entstandene Skript verharrt im sicheren „Garden State“-Modus, wiederholt die schon aus „Scrubs“ bekannten Sprüche und beweist ansonsten ein gutes Gespür für Timing und Stimmungen. Selbst popkulturelle Referenzen – von Miley Cyrus bis Katzen-Videos auf YouTube – finden ihren Platz in dieser universell verständlichen Sinnsuche.
 
„Wish I was here“ ist ein sorgsam ausbalancierter Coming-of-Age-Film über einen Mittdreißiger, in dem zwar nicht jede Idee zündet, für den doch der Kinobesuch lohnt. So fahrlässig Braff mit manchen Figuren umgeht, deren Auftritte wie die von Ashley Greene und Jim Parsons („The Big Bang Theory“) nicht mehr als schmückendes Beiwerk sind, so viel Herzblut investiert er in die liebevollen Stolperfallen des Familienalltags. Die Berechenbarkeit des Films mag auch das Ergebnis seiner Entstehung sein. Weil ihm die Unterstützung eines Studios fehlte, griff Braff auf das immer beliebtere Crowdfunding zurück. Fans steuerten schließlich innerhalb von nur 48 Stunden über 3 Mio. Dollar bei, womit die Finanzierung gesichert war.
 
Marcus Wessel