Wonderful Town

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Auf den ersten Blick erscheint „Wonderful Town“, der Debütfilm des thailändischen Regisseurs Aditya Assarat, wie eine zarte Liebesgeschichte zwischen einem jungen Architekten aus Bangkok und einer Hotelangestellten in einer kleinen Stadt im Süden. Mehr und mehr wandelt sich der Film jedoch zu einer Art Geistergeschichte, in der die Folgen der Tsunami-Katastrophe die Psyche der Menschen beeinflussen, auch wenn diese das nicht wahrhaben wollen. Ein sehenswerter, minimalistischer Film.

Webseite: arsenal-berlin.de

Thailand 2007
Regie: Aditya Assarat
Buch: Aditya Assarat
Darsteller: Anchalee Saisoontorn, Supphasit Kansen, Dul Yaambunying, Sorawit Poolsawat, Prateep Hanudomlap
Länge: 92 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. (ehem. Freunde der Deutschen Kinemathek Berlin)
Kinostart: 27. November 2008

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Gleich die erste Einstellung zeigt Wellen, sanfte, gischtbedeckte Wellen, die ans Ufer branden, gleichermaßen meditativ, wie melancholisch. Gegen Ende wird der Film dieses Bild noch einmal aufnehmen, einige Wochen später, in denen manches passiert ist und sich doch wenig verändert hat. 

Schauplatz von Aditya Assarats Debütfilm ist Takua Pa, eine kleine Stadt, fast ein Dorf irgendwo im Süden Thailands. Tausende Menschen sind auch hier Opfer der Tsunami-Katastrophe im Jahre 2004 geworden. Als der Regisseur zwei Jahre später durch den Ort reiste, fand er keine Spuren der Zerstörung mehr vor, zumindest keine äußerlichen. 

So geht es auch seiner Hauptfigur, dem jungen Architekten Ton (Supphasit Kansen), der aus Bangkok in den Süden gekommen ist, um die Fertigstellung eines Hotelprojekts zu überwachen. Er mietet sich in einem kleinen Hotel ein, in dem Na (Anchalee Saisoontorn) arbeitet. Viel zu tun hat sie nicht, seit der Überschwemmung bleiben die Gäste aus, das Haus steht fast leer. In exakt komponierten, meist starren Einstellungen zeigt der Film nun, wie sich eine zarte Beziehung zwischen Ton und Na entwickelt. Ganz langsam kommen sie sich näher, begegnen sich auf der Straße, auf dem Dach des Hotels, wo sie die Wäsche abhängt und er ein Feierabendbier trinkt. Bald sind sie ein Paar und der Film ändert ganz langsam seine Stimmung. Nas Bruder Wit (Dul Yaambunying) taucht auf, der sich seit dem Tsunami und dem Tod der Eltern, mit einer Bande jugendlicher Gangster herumtreibt. Wie es dazu gekommen ist, erzählt der Film nicht, ebensowenig die Ursachen für die Aversion, die Wit gegen die Beziehung seiner Schwester empfindet, gegen das Eindringen eines Fremden in die ohnehin nicht mehr heile ländliche Welt.

Bisweilen übertreibt es hier Aditya Assarat mit dem im Weltkino, im Festivalkino seit Jahren so beliebten Minimalismus, in dem er seine Geschichte erzählt. Es ist ein schmaler Grad zwischen fast leeren, streng komponierten Bildern, die in ihrer Summe auf subtile Weise viel erzählen und solchen, die einfach leer bleiben und prätentiös wirken. Hier zeigt sich das Problem vieler gerade junger Regisseure, die dem Stil ihrer Vorbilder nacheifern, ihn aber (noch) nicht völlig beherrschen. 

Wichtige Inspirationsquelle Assarats ist offensichtlich der große thailändische Regisseur Apichatpong Weerasethakul, besonders dessen meisterlicher „Tropical Malady.“ In beiden Filmen werden Liebesgeschichten erzählt, in die sich langsam ein bedrohliches, vielleicht auch mystisches Element schleicht. Doch währned  Weerasethakul es wagt, seine Geschichte im Schwebezustand zu belassen, sich nicht auf eine Erklärung festzulegen, macht Assarat genau dies. Im letzten Drittel wird sein Film immer mehr zu einem Thriller und der Titel „Wonderful Town“ endgültig als ironisch entlarvt. Die Folge ist ein sehr rundes, geschlossenes Ende, dass die über weite Strecken angedeutete Ambivalenz der Figuren, der Atmosphäre ein wenig untergräbt. Noch fehlte hier offenbar der Mut, eine solche Geschichte, eine solche Erzählhaltung auch konsequent zu Ende zu bringen. Aber angesichts der Qualitäten, die Aditya Assarat in seinem Debütfilm „Wonderful Town“ zeigt, darf man gespannt auf seine Entwicklung sein.

Michael Meyns

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