Wrestler, The

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„They never come back“ – die bittere Binsenweisheit für Boxer gilt gemeinhin auch für Hollywood-Stars. Gut 20 Jahre war Ex-„Barfly“ Mickey Rourke auf dem Abstellgleis der Traumfabrik, mutierte zunehmend zur tragischen Skandalnudel, bis zum kleinen Comeback mit „Sin City“. Das endgültige ‚Rourke reloaded’, höchst oscarträchtig obendrein, gelingt nun Kultfilmer Darren Aronofsky („Pi”). Er inszeniert den alten Haudegen Mickey als abgehalfterten Wrestler Randy „The Ram“ Robinson, ein verzweifelter Show-Catcher, der sich mühsam ein kleines Stückchen Würde im Leben bewahren will. Für Rourke die Rolle seines Lebens. Ein moderner Klassiker, der dem „Wrestler“ in Venedig viel Beifall einbrachte – sowie den verdienten „Goldenen Löwen“. 

Ausgezeichnet mit dem GOLDEN GLOBE für Mickey Rourke als Bester Hauptdarsteller und mit Golden Globe für den Besten Song (Bruce Springsteen)!

Webseite: www.kinowelt.de

USA 2008
Regie: Darren Aronofsky
Drehbuch: Robert D. Siegel
Kamera: Maryse Alberti
Schnitt: Andrew Weisblum
Musik: Clin Mansell
Darsteller: Mickey Rourke, Marisa Tomei, Evan Rachel Wood, Mark Margolis, Todd Barry, Wass Stevens, Judah Friedlander, Ernest Miller, Dylan Summers, Ajay Naidu, Tommy Farra, John D'Leo
Länge: 105 Minuten
Verleih: Kinowelt
Start: 26.Februar 2009

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Für die Coen-Brüder war es nur ein guter Gag: Ihr guter alter „Barton Fink“ verzweifelte als Autor einst am Auftrag für einen Wrestling-Film. Für Regisseur Darren Aronofsky sieht die Sache ganz anders aus: Ihn faszinierte der Umstand, dass über das populäre Show-Catchen noch nie ein seriöses Drama gedreht wurde. Er schickt seinen abgehalfterten Helden in den Ring – und lässt das (Kino-) Publikum mit dem traurigen Koloss mitfiebern. 

Randy „The Ram” Robinson (Mickey Rourke) hat seine glorreichen Tage als Wrestler längst hinter sich. Der umjubelte Star von einst muss mit drittklassigen Show-Kämpfen seinen Lebensunterhalt verdienen. Wenn es zur Miete wieder einmal nicht reicht, setzt man „The Ram“ vor die Tür seines ärmlichen Wohnwagen-Heims. Seine Tochter Stephanie (Evan Rachel Wood) hat sich längst von ihm abgewendet. Nur bei der Stripperin Cassidy (Marisa Tomei) findet er ein bisschen (bezahlten) Zuspruch. Ein Herzinfarkt zwingt den Helden zum Handeln. Er besucht nach Jahren seine Tochter, freundet sich näher mit Cassidy an und übernimmt den Job an einer Feinkost-Theke. Als alles in seinem neuen Leben erneut zu scheitern droht, flüchtet sich der kranke Gladiator erneut in den Kampf. 

So konventionell, gar kitschbedroht diese Versager-Saga klingen mag, so aufregend ist sie erzählt. Mit der Handkamera verfolgt Aronofsky seinen famos agierenden Star, dem dadurch ganz neue Bewegungsfreiheiten eröffnet werden, derweil der Film einen bisweilen fast dokumentarischen Beigeschmack bekommt. Vor Brutalität scheut der „Wrestler“ dabei nicht zurück. Wenngleich die Catcherei kein echter Kampf ist, sondern nur eine abgesprochene Show, kommt es doch zu erheblichen Verletzungen. Bei ein, zwei Szenen im Ring werden sensible Gemüter besser die Augen schließen – diese Gewalt ist dramaturgisch freilich durchdacht und bestens dosiert, vermittelt sie doch zumindest eine Ahnung des körperlichen Schmerzes, dem der alternde Sportler täglich ausgesetzt ist. 

Dem gewissen Blutzoll zum Trotz, mutiert der „Wrestler“ nie zur bloßen Macho-Mutprobe oder einer tiefergelegten Hulk-Hogan-Show. Hinter diesem geschundenen, harten Panzer des coolen Kämpfers steckt ein ziemlicher weicher Kern, den wohl nur ein Schauspieler mit der Biografie eines Mickey Rourke (übrigens selbst ein paar Jahre Profi-Boxer!) derart überzeugend zum Leben erwecken kann. Kleine Blicke, winzige Gesten (etwa sein Umgang mit einem quietschgelben Hörgerät) schaffen ein eindrucksvoll makelloses Porträt eines Verlierers, der verzweifelt sein Leben nochmals in den Griff bekommen möchte – und dazu die Hilfe starker Frauen benötigt. Wenn das für Rourke keinen Oscar gibt, kann es nur an der toten Konkurrenz liegen. 

Bewegendes (Filmkunst-)Kino in Bestform.

Dieter Oßwald

Randy Robinson, „The Ram“ genannt, ist Wrestler, also eine Art Catcher. Wände voller Plakate erinnern an seine große Zeit. Jetzt allerdings, nach vielen Jahren, ist er mehr oder weniger ein Wrack. Auch die härtesten Dopingmittel ändern daran nicht viel. Er bekommt nur noch Billigkampfangebote – und Schläge noch und noch.

Nach einem Match, wie er mit Schlagwerkzeugen und sogar Stacheldraht blutiger nicht hätte ausgefochten werden können, erleidet Randy einen Herzinfarkt. Klar, dass er danach noch tiefer sinkt. Ein billiger Wohnwagen, in einem noch billigeren Stadtviertel geparkt, ist so gut wie alles, was er noch besitzt. 

Vielleicht kann er sich ja mit seiner Tochter Stephanie versöhnen, die sich von ihm abwandte, weil Randy sich nie um sie kümmerte. Doch der Versuch schlägt gründlich fehl.

Mag sein, dass Cassidy ihm helfen kann, seine Einsamkeit zu vertreiben, eine rassige Stripperin, die er in einem Club manchmal aufsucht. Doch Cassidy hat einen Sohn, der ihr wichtiger ist. Jedenfalls vorerst. 

Randy versucht es mit dem Einstieg in ein ganz normales Berufsleben – als Fleischverkäufer. Das dauert verständlicherweise nicht lange.

Es muss ein Comeback als Wrestler her. Wird es gelingen?

Kein Wunder, dass „The Wrestler“ in Venedig den Goldenen Löwen erntete, denn der Film hinterlässt Eindruck. 

Das liegt an der Milieuzeichnung, also der Schilderung der ärmlichen Verhältnisse, unter denen „The Ram“ dahinvegetiert, jedoch ebenso an den dramatischen, an Grausamkeit kaum zu überbietenden Kampfszenen. 

Das liegt an der Art und Weise, wie Mickey Rourke diesen alternden und halb gebrochenen Catcher spielt: gleich niedergeschlagen und ratlos wie sich auflehnend und
kämpferisch, auf jeden Fall anrührend. Mickey Rourke, durch „Schönheitsoperationen“ im Vergleich zu früher verändert und zuweilen als versumpft gemeldet, hat sich hier künstlerisch voll rehabilitiert. 

Das liegt weiter an den beiden Darstellerinnen Marisa Tomei (Cassidy) und Evan Rachel Wood (Stephanie), eine so überzeugend und verführerisch wie die andere, wenn auch jede auf ihre Art. 

Und das liegt schließlich an Darren Aronofskys flüssiger und alle Gefühle einbeziehender Regie.

Thomas Engel