Weniger Menschen, weniger Stress – aber dafür intensive und interessante Gespräche am Rande des Filmprogramms und bei strahlendem Wetter – so lässt sich kurz die spezielle Atmosphäre dieser besonderen Festivalausgabe in Cannes im Juli 2021 beschreiben. Eine Gelegenheit zum Austausch gab es beim Netzwerktreffen von Europa Cinemas am Freitag. Zunächst wurden Zahlen vorgestellt, auf dem anschließenden Panel ging es darum, wie die Wiedereröffnung der Kinos auch für Innovationen genutzt kann.
Zu den Zahlen: Trotz der Krise konnte das Netzwerk weiter wachsen und vereint jetzt 1143 Kinos in 34 Ländern. Natürlich war es ein „chaotisches Jahr“ wie Claude-Eric Poiroux, Generaldirektor von Europa Cinemas erklärte. Während der Gesamtmarkt in Europa um 70% einbrach verzeichneten die Kinos im Netzwerk einen Rückgang um 62%. Das entspricht in etwa auch den Zahlen des Arthouse-Marktes in Deutschland. Vom Ausbleiben der amerikansichen Ware profitierte der europäische Fim der um 4% auf 56% Marktanteil „anstieg“. Informiert wurde auch über das Programm „Collaborate to innovate“ zum Aufbau von Netzwerken und zur Zusammenarbeit von Kinos, zu dem wir bereits eine Zoom-Konferenz mit dem Europa Cinemas Team organisiert hatten (s. hier).
Auf dem anschließenden Panel ging es darum, wie die Wiedereröffnung der Kinos auch für Innovationen genutzt kann. Es diskutierten Caroline Grimault (Kinobetreiberin aus Frankreich), Christian Bräuer, Marcin Pienkowski (Künstlerischer Leiter, New Horizons Film Festival, Polen), Susan Wendt (Trust Nordisk, Dänemark) und Daniela Elstner (Unifrance, Frankreich).
Zunächst wurde in allen Ländern erleichtert festgestellt, dass die Menschen gerne und begeistert wieder ins Kino gehen. Als Schlüssel zum Erfolg wurde der kontinuierliche Kontakt zum Publikum und eine stringente Programmkuration identifiziert. Mit Sorge sieht man aber den Fokus des Publikums auf einzelne Filme, während die Mehrheit der Neustarts kaum Beachtung findet. Das ist auch eine Bedrohung für die Vielfalt und es ist um so wichtiger mit Verleihern und Vertrieben daran zu arbeiten, wie man dem entgegen wirken kann, um ein „Massaker“ unter den Filmen zu verhindern. Christian Bräuer setzt dabei auch auf mehr Diversität bei der Stoffentwicklung und mehr Mut in der Produktion, um auch Filme für ein jüngeres und diverseres Publikum zu schaffen. Er setzte sich erneut für faire Bedingungen mit Blick auf die Marktkonzentration bei den Internetgiganten ein und bat hier auch um politische Unterstützung, für klare Regeln im Netz. Der analoge Ort Kinos hat klar seine Chance in der digitalen Ära und die lokale Verankerung beim Publikum ist mehr als Algorithmus. Trotzdem müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung und Daten besser und zielgerichtet für den gesamten Markt genutzt werden.
Alle Beteiligten hoben hervor, dass die Corona Pandemie noch nicht ausgestanden sei und auch weiterhin finanzielle Unterstützung nötig bleibt. Im Moment gibt der Staat noch viel Geld aus, doch wie wird es nach Corona sein?
Der abschließende Blick in die Zukunft bestärkte den Glauben an das Kino als Ort des gemeinsamen Geschichten erlebens. Es wird immer Talente aus der ganzen Welt geben, die diese Geschichten erzählen wollen.