Auf der Filmkunstmesse Leipzig diskutierten am Dienstag Politik und Branche vor vollem Haus in der Alten Handelsbörse Leipzig über die Zukunft von Kino und Film. Den Auftakt bildete die Keynote des ehemaligen Berlinale Chefs Dieter Kosslick, in der er die Bedeutung eines nachhaltigen Kinobetriebs hervorhob und die anschließende Podiumsdiskussion „Kino:Natürlich! Klimaschutz beginnt im Kopf!“ einleitete. Auf dem traditionellen politischen Panel am Nachmittag wurden unter der Fragestellung „Corona überlebt?! Und jetzt?“ die Vorstellungen ausgelotet, wie es nach der Pandemie mit dem Kino und der Filmförderung in Deutschland weitergehen soll.
Es diskutierten Jan-Ole Püschel als Vertreter der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Björn Böhning, Staatsekretär im Bundesarbeitsministerium, Svenja Böttger, Geschäftsführerin des Filmfestivals Max Ophüls Preis, Produzentin Bettina Brokemper (Heimatfilm), der Verleiher Torsten Frehse (Neue Visionen Filmverleih) und der Kinobetreiber (Yorck – Kinogruppe) und Vorsitzende der AG Kino – Gilde Christian Bräuer. Moderiert wurde das Panel vom Filmjournalisten Patrick von Sychowski, Celluloid Junkie.
Einig war man sich auf dem Panel, über die wirtschaftliche Bedeutung des Kinos für die Filmauswertung. Jan-Ole Püschel konnte in Aussicht stellen, dass das Zukunftsprogramm Kino auch in den nächsten Jahren im Haushalt der BKM verankert sein wird. Björn Böhning hielt es für notwendig, dass von privater und öffentlicher Hand mehr für die Kinos als Kulturräume getan wird, schon allein um jüngere Zuschauer zu begeistern. Hier bedürfe es mehr als die wichtigen Kinoprogrammpreise.
Kontrovers diskutiert wurde die Frage, wie der deutsche Kinofilm erfolgreicher wird und wie dieser Erfolg zu messen sei. Christian Bräuer hält dafür eine Filmförderung „aus einem Guss“ für notwendig, die wegkommt von der Produktionszentrierung und einen ganzheitlicheren Ansatz verfolgt. „Immer nur noch mehr Filme zu produzieren, wird auf Dauer keinen Erfolg bringe“. Bettina Brokemper sieht als Produzentin eher die Förderregularien als Hemmschuh, die die gesamte Produktion von der Idee bis zur Realisierung so langsam mache, dass Stoffe nach ihrer Realisierung oft gar nicht mehr akutell seien.
Für Verleiher Torsten Frehse ist die stark geschrumpfte Filmberichterstattung in den Medien ein großes Problem für die Wahrnehmung. So würden nur wenige Titel überhaupt durchdringen und die meisten Filme auf der Strecke bleiben.
Im Kern geht es jetzt darum, die Filmförderung im Zusammenspiel von Produktion, Vertrieb, Festivals und Kino so zu strukturieren, dass sowohl die Filme als auch der Kulturort Kino als eine echte Alternative zum heimischen Streaming gestärkt wird. Dafür braucht es Geld, aber auch gute Ideen, wie Kino-Abomodelle und eine stetige Arbeit am und mit den Zuschauern.

v.l.: Christian Bräuer; Jan-Ole Püschel; Patrick v. Sychowski; Bettina Brokemper; Svenja Böttger; Torsten Frehse; Björn Böhning (© Rainer Justen/AG Kino – Gilde)
Bereits am Vormittag forderte Dieter Kosslick in seiner Keynote beim Panel Kino:Natürlich! Klimaschutz beginnt im Kopf!, dass die Politik nun Richtungsentscheidungen treffen müsse. Der ehemalige Berlinale Chef sprach in der anschließenden Diskussion mit Birgit Heidsiek, der FFA-Beauftragten für Grünes Kino, Alexandra von Winning, Beraterin des Preises für Nachhaltiges Kino Hessen sowie den beiden Kinobetreibern Matthias Damm (Casablanca Nürnberg) und Michael Thomas (Cineplex Bayreuth) über die Rolle und die Chancen von Kinos, Klima- und Umweltschutz nicht nur innerhalb der Branche, sondern auch gesamtgesellschaftlich zu stärken. Dass auch hier die Unterstützung von Seiten der Politik nötig ist, wurde in der Diskussion von allen Teilnehmenden betont.

v.l.: Dieter Kosslick; Birgit Heidsiek; AG Kino Geschäftsführer Felix Bruder; Matthias Damm; Alexandra v. Winning; Michael Thomas (© Rainer Justen/AG Kino – Gilde)