Der König der Löwen

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Die Klassiker-Auffrischung geht weiter: Nach seinem 2016 veröffentlichten Remake von „Das Dschungelbuch“ begibt sich Filmemacher Jon Favreau für Disney nun in die afrikanische Savanne. Die Neuinterpretation des Trickfilm-Meilensteins „Der König der Löwen“ bietet wahrlich spektakuläre Bilder, hätte sich aber ruhig ein wenig vom Ursprungswerk emanzipieren dürfen. Trotz einer um knapp dreißig Minuten längeren Laufzeit bleibt das Meiste beim Alten.

Webseite: disney.de

Originaltitel: The Lion King
USA 2019
Regisseur: Jon Favreau
Drehbuch: Jeff Nathanson
Sprecher im Original: Donald Glover, JD McCrary, Chiwetel Ejiofor, Beyoncé, James Earl Jones, Billy Eichner, Seth Rogen, John Kani
Länge: 118 Minuten
FSK: ab 6 Jahren
Verleih: Walt Disney Pictures Germany
Kinostart: 17.07.2019

FILMKRITIK:

In einer ohnehin von vielen Remakes und Fortsetzungen geprägten Hollywood-Landschaft tut sich Studioriese Disney in besonderem Maße beim Recyceln alter Stoffe und bekannter Marken hervor. Jüngstes Beispiel dieser recht einträglichen Strategie war Guy Ritchies Live-Action-Adaption von „Aladdin“ mit Will Smith in der Rolle des Flaschengeistes Genie. Rund zwei Monate später will nun Jon Favreau mit einem Remake von „Der König der Löwen“ die Leinwände erobern und setzt dabei auf die Fertigkeiten seiner Animationskünstler.
 
Im Mittelpunkt des Films steht der Löwenjunge Simba (Stimme im Original: JD McCrary), den sein Vater Mufasa (James Earl Jones) schon früh auf seine zukünftige Aufgabe als Anführer des Königreiches vorbereiten will. Die kleine Raubkatze ist voller Tatendrang und möchte schon jetzt immerzu ihren Mut beweisen. Simbas Gemütszustand schlägt allerdings dramatisch um, als sein Vater durch eine List seines auf den Thron schielenden Bruders Scar (Chiwetel Ejiofor) ums Leben kommt. Da sein Onkel ihm einredet, er selbst sei für den Tod verantwortlich, verlässt der bis ins Mark erschütterte Prinz seine geliebte Heimat.
 
In den Weiten Afrikas begegnet Simba schließlich dem Erdmännchen Timon (Billy Eichner) und dem Warzenschwein Pumbaa (Seth Rogen), die ihn mit ihrer sorgenfreien Lebenseinstellung, dem Hakuna-Matata-Gefühl, aufmuntern. Jahre später ist Simba zu einem stattlichen Löwen (nun gesprochen von Donald Glover) herangewachsen, der irgendwann entscheiden muss, ob er sein von Scar okkupiertes, inzwischen zu einem Ödland verkommenes Reich zurückfordern will.
 
Die Geschichte, die 1994 unzählige kleine und große Kinogänger zu Tränen rührte, besitzt auch heute noch die Kraft, um das Publikum mitzureißen und zu bewegen. Favreau und Drehbuchautor Jeff Nathanson verneigen sich tief vor den ikonischen Momenten des Originals und fangen die Wucht mancher emotionalen Höhepunkte durchaus zufriedenstellend ein. Markante Abweichungen von der Ursprungshandlung gibt es nicht zu bestaunen, was bei aller Wertschätzung für den Zeichentrickklassiker ein wenig schade ist. Ein Remake sollte schon die Möglichkeit nutzen, einige neue Akzente zu setzen und ein paar hervorstechende frische Ideen einzubringen. Kenner des alten Films werden hier nicht wirklich überrascht.
 
Besonders Simbas innere Reise, sein Weg zur Annahme seiner Bestimmung fühlen sich manchmal etwas mechanisch an und hätten sicherlich noch einen Tick facettenreicher ausfallen können. Recht abrupt löst sich beispielsweise das Trauma nach dem Ableben seines Vaters in Wohlgefallen auf, als er die herrlich schrägen Sidekicks Timon und Pumbaa trifft, die ihn mit ihrer unbeschwerten Art schnell auf andere Gedanken bringen. Etwas zu wenig Augenmerk bekommt außerdem die Beziehung zwischen Simba und Nala (Beyoncé), seiner Freundin aus Kindertagen. Einer Figur, der das Skript ruhig ein bisschen mehr Entfaltungsraum hätte zugestehen dürfen.
 
Wenn man bedauern muss, dass „Der König der Löwen“ anno 2019 in erzählerischer Hinsicht keine großen kreativen Ambitionen zeigt, gilt das genaue Gegenteil für die technische Umsetzung. Schon Favreaus Neuinterpretation von „Das Dschungelbuch“ war ein echter Augenschmaus. Beim Savannenabenteuer überbieten sich der Regisseur und sein Animationsteam nun aber noch einmal selbst. Aus den fotorealistischen Bildern ist die Künstlichkeit so weit gewichen, dass man zuweilen tatsächlich glaubt, sich mitten in einer natürlichen Umgebung unter echten Tieren zu befinden. Mit ausgesprochener Sorgfalt erwecken die Macher eine atemberaubende Landschaft zum Leben. Und wiederholt jagen die sich geschmeidig fortbewegenden Protagonisten durch aufregende Actionszenen, die das Setting bestens ausnutzen. Wer sehen möchte, was heutzutage am Computer alles möglich ist, dürfte an der Frischzellenkur, die die beliebten Songs des Originals in neu eingespielter Form präsentiert, eine Menge Freude haben. Vorausgesetzt, man kann sich mit der starken inhaltlichen Orientierung an der 1994er-Version anfreunden.
 
Christopher Diekhaus