Free Solo

Zum Vergrößern klicken

Die „National Geographic“-Produktion „Free Solo“ erzählt davon, wie sich der Freeclimber Alex Honold, der acht Jahre davon geträumt hat, als erster ohne Sicherung den El Capitan im Yosemite Nationalpark in Kalifornien zu besteigen, dieser Herausforderung stellt. Die Dokumentation versteht es, dem Zuschauer verständlich zu machen, was Alex antreibt, wartet aber auch mit atemberaubenden Bildern auf, die einem den Atem stocken lassen.  Ein grandioser Film – ein echtes Erlebnis!

Webseite: www.capelight.de/free-solo

Free Solo
USA 2018
Regie: Jimmy Chin, Elizabeth Chai Vasarhelyi
Darsteller: Alex Honold, Tommy Caldwell
Länge: 98 Minuten
Verleih: Capelight, Vertrieb: Central
Kinostart: 21. März 2019

FILMKRITIK:

Fast 1.000 Meter ist der El Capitan mit seiner fast senkrechten Wand hoch. Er hat Kletterer von jeher fasziniert, aber niemand hat es gewagt, ihn ohne Sicherung zu besteigen. Davon hat der Free-Solo-Kletterer Alex Honold fast schon sein ganzes Leben geträumt und er stellt alles in den Dienst der Verwirklichung dieses Traums. Honold bereitet sich ausgiebig auf die Besteigung vor, macht zahllose Testläufe mit Kletterseil und stellt sich dann einer Herausforderung, bei der jeder noch so kleine Fehler den Tod bedeuten kann.

„Free Solo“, der in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ für den Oscar nominiert ist, ist das atemberaubende Porträt eines Mannes, dem sehr wohl bewusst ist, was er alles mit diesem Sport riskiert. Aber er tut es dennoch, weil die eigene Passion zu verleugnen schlimmer als der Tod wäre. Ein Free-Solo-Kletterer ist aber vielleicht auch furchtloser als normale Menschen. Ein CT seines Gehirns legt dies nahe. Man zeigte Honold Fotos und beobachtete, wie sein Gehirn reagiert. Die Amygdala blieb dabei erstaunlich passiv. Selbst bei Fotos, die bei anderen Menschen höchste Ausstöße gezeigt haben. Aber vielleicht, so sinniert Honold, ist seine Amygdala wegen des vielen Free-Solo-Kletterns einfach abgestumpft.

Er selbst ist es nicht. Das zeigt dieses Porträt durchaus überzeugend. Mag es anfangs so aussehen, als sei er ein Mensch, der nichts zu verlieren hat, zeigt sich im Verlauf, dass dem eben schon so ist. Kurz bevor er mit den konkreten Plänen für die Besteigung des El Capitan begann, verliebte er sich. Das hatte u.U. auch Auswirkungen. Blieb er zuvor sieben Jahre ohne Verletzung, verletzte er sich nun gleich zweimal innerhalb eines Jahres. Weil ein Free-Solo-Kletterer, so der Kletterprofi Tommy Caldwell, ganz und gar auf die Wand fokussiert sein muss. Er darf an nichts anderes denken. Genau zu diesem geistigen Zustand musste Honold zurückfinden.

„Free Solo“ versteht es, dem Zuschauer ein Gefühl davon zu vermitteln, wieso der Extremsportler macht, was er macht. Man glaubt gerne, dass man sich in diesen Momenten an der Wand dem Leben näher als je zuvor fühlt, oder sich selbst für größer als das Leben hält, wenn man absolute Perfektion erreicht, die notwendig ist, um einen solchen Aufstieg zu überstehen. Aber der Film unterschlägt auch nicht, dass Free-Solo-Kletterer oftmals nicht alt werden. Viele sind durch Abstürze ums Leben gekommen. Ein Schicksal, das auch Honold blühen könnte, weswegen ihm ein Freund schließlich rät, aufzuhören, solange er es noch kann. Aber dem Ruf des Bergs kann sich Honold nicht entziehen.

Der Zuschauer wiederum kann sich der Wirkung dieses Films nicht entziehen. Die Aufnahmen vom Kletterer an der Wand sind atemberaubend. Manche Einstellungen verursachen gar ein mulmiges Gefühl und als Honold beginnt, die gefährlichen Passsagen des El Capitan ohne Sicherung zu besteigen, da ist das spannender und aufregender als bei jedem noch so guten Thriller.

Peter Osteried