Get Out

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Das „Blair Witch Project“ lässt grüßen, ein kleiner Horrorfilm sorgt für den Mega-Hype:  Riesiger Jubel der Kritiker (99 Prozent positive Stimmen auf „Rotten Tomatoes“!). Zudem prächtige Profite an der Kinokasse (über 150 Millionen Dollar Einnahmen bei einem Budget von nur 5 Millionen!). Die Story selbst ist denkbar schlicht. Der schwarze Held besucht mit seiner weißen Braut erstmals deren sehr liberalen Schwiegereltern. Hinter der auffällig freundlichen Fassade des vornehmen Anwesens lauert natürlich das Grauen. Der Erfolgs-Coup gelingt, weil das Horrorstück als spannender Schocker bestens funktioniert. Und zugleich eine bissige Parodie auf Vorurteile und Rassismus bietet.

Webseite: www.getout-film.de

USA 2017
Regie: Jordan Peele
Darsteller: Daniel Kaluuya, Allison Williams, Bradley Whitford, Caleb Landry Jones, Catherine Keener
Filmlänge: 104 Minuten
Verleih: Universal Pictures International Germany GmbH
Kinostart: 4.5.2017

FILMKRITIK:

„Schwarz ist ja wieder in Mode“ spottet der Partygast, als ihm der afroamerikanische Fotograf Chris vorgestellt wird. Der ist seit fünf Monaten mit der weißen Rose zusammen und besucht nun erstmals die künftigen Schwiegereltern auf deren vornehmen Landsitz. Ein bisschen nervös ist Chris schon vor dieser Reise, schließlich ahnen die Gastgeber nichts von seiner Hautfarbe - diese Art von Überraschung hält sein bester Kumpel Rod für gar keine gute Idee. Doch die Familie der Freundin scheint ausgesprochen aufgeschlossen. Er hätte Obama sogar zum dritten Mal seine Stimme gegeben, betont Vater Dean, ein Neurochirurg, bei der Begrüßung. Mutter Missy, eine Psychologin, ist gleichfalls auffallend besorgt um politische Korrektheit, derweil Sohn Jeremy begeistert von der „natürlichen Athletik“ des Freundes seiner Schwester schwärmt. Die afroamerikanischen Angestellten kommen dem Besucher indes etwas seltsam vor. Sei es Hausmädchen Georgina, das sich etwas untertänig verhält. Oder Gärtner Walter, der nachts durch den Wald rennt. „Kein Grund zur Sorge“, beruhigt Rose ihren Freund und überredet ihn obendrein, an einer Hypnose-Sitzung ihrer Mutter teilzunehmen, um sich das Rauchen abzugewöhnen.
 
Die Merkwürdigkeiten nehmen zu. Unter den Partygästen glaubt Chris seinen alten Bekannten Dre zu erkennen. Der jedoch reagiert nicht nur schroff, sondern und bekommt spontanes Nasenbluten, als ein Foto von ihm gemacht wird. Noch mehr Grund zur Sorge löst ein bei Chris der Fund von alten Bildern aus. Was er dort sieht, macht ihn fassungslos. Die Panik steigt sprunghaft durch den Anruf von Rod, der seinen Kumpel vor grauenhaften Gefahren warnt und zur sofortigen Flucht rät. Doch leichter gesagt, als getan...
 
Die clevere Coolness dieser gelungenen Horror-Parodie wird bereits vor dem Vorspann deutlich, wo die gängigen Genre-Klischees gekonnt auf den Kopf gestellt werden. Hier ist es nicht ein verschreckter Weise, der nachts vom Weg abkommt und versehentlich im schwarzen Ghetto landet, wo schaurige Gestalten walten. Diesmal ist es ein junger Schwarzer, der sich in eine sehr gepflegte Vorstadtsiedlung verirrt, wo er ahnungslos von einem (weißen) Wagen verfolgt wird.
 
Diesem originellen Auftakt folgt sogleich der nächste Streich, denn das Pärchen erlebt auf seiner Anreise eine ziemlich schockierende Szene. Viel Zeit zur Erholung bleibt ihnen (und dem Zuschauer) nach Ankunft auf dem Luxus-Anwesen der Familie von Rose kaum. Dass hier etwas nicht stimmt, scheint schnell klar. Nur was es ist, enthüllt sich erst allmählich.
 
TV-Comedian Jordan Peele („Keanu“) gelingt als Autor und Regisseur ein Kinodebüt, dessen beklemmende Atmosphäre samt ständiger Wendungen für konstante Gänsehaut sorgt. Zugleich funktioniert der parodistische Blick auf geheuchelte politische Korrektheit und einen latenten Rassismus, der hier zum tödlichen Wahn mutiert.   
 
Ein spannender Mystery-Psychothriller, der zugleich satirische Gesellschaftskritik bietet - diese Rechnung geht bei „Get Out“ sehr vergnüglich auf: Make Horror Movies Great Again!
 
Dieter Oßwald