Nichts zu verschenken

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Was passiert, wenn ein notorischer Geizhals plötzlich erfährt, dass er bereits vor 16 Jahren Vater geworden ist und seine Teenager-Tochter nun bei ihm einziehen möchte? In „Nichts zu verschenken“ folgen daraus bisweilen haarsträubende Verwicklungen, die vor allem dank „Sch’tis“-Darsteller Danny Boon zu unterhalten wissen. Die bewährte Mischung aus viel (Situations-)Komik und etwas Gefühl katapultierte die Familienkomödie in ihrer Heimat Frankreich an die Spitze der Kinocharts.

Webseite: www.nichtszuverschenken-film.de

OT: Radin!
F 2016
Regie: Fred Cavayé
Darsteller: Dany Boon, Laurence Arné, Noémie Schmidt, Patrick Ridremont
Laufzeit: 91 Minuten
Kinostart: 6.4.2017
Verleih: Wild Bunch

FILMKRITIK:

Eigentlich sagt man ja eher den Schotten nach, sie seien notorische Geizhälse und Pfennigfuchser. Tatsächlich scheint man dieser „Spezies“ überall begegnen zu können. Unsere französischen Nachbarn treten mit dem biederen François (Dany Boon) hierfür einen mehr als überzeugenden Beweis an. So nehmen seine Sparzwänge mitunter absurde Ausmaße an. François sammelt das kalte Wasser im Bad für die Blumen, duscht maximal 2 Minuten – und das natürlich nur alle 2 Tage – und ist peinlich darauf bedacht, kein Licht auch nur eine Sekunde länger als nötig brennen zu lassen. Sein sonderbares Verhalten macht aus ihm einen Außenseiter, der plötzlich erfährt, dass seine Teenager-Tochter Laura (Noémie Schmidt) bei ihm einziehen möchte. Dabei wusste er bis vor kurzem nicht, dass er überhaupt Vater ist. François’ Gefühle drohen ebenso wie sein Spardiktat außer Kontrolle zu geraten, zumal sich eine neue Kollegin (Laurence Arné) offenbar sehr für ihn interessiert.
 
Die Kollision sozialer Verpflichtungen mit einem fast schon pathologischen Geiz sorgt für absurde Situationen, denen man als Zuschauer teilweise amüsiert, teilweise peinlich berührt folgt. Der Grad zwischen leichter und seichter Unterhaltung ist bekanntlich schmal und „Nichts zu verschenken“ testet ihn mehr als einmal aus. Dass die Vater-Tochter-Geschichte ihre Balance zwischen Komik, Tragik und Peinlichkeiten findet, hängt vor allem mit Frankreichs Comedy-Star Dany Boon zusammen. Nicht erst seit dem Publikumserfolg „Willkommen bei den Sch’tis” ist auf seine komödiantische Talente Verlass. Hin und wieder deutet Boon zudem an, dass er weit mehr als ein schauspielernder Komiker ist. Als die Handlung im letzten Drittel eine nicht ganz überraschende Wendung nimmt, darf er endlich auch eine andere Seite von sich und seiner ansonsten recht nerdigen Filmfigur zeigen.
 
Dennoch bleibt Boon in erster Linie Dany Boon, was für die Vermarktung des Films durchaus von Vorteil ist. Auch das Versprechen an kurzweilige 90 Minuten löst Regisseur Fred Cavayé mit kleinen Abstrichen ein. Diese beziehen sich einerseits auf die zu erwartende Läuterung des emotionslosen Geizhalses François, die schlussendlich etwas zu schnell über die Bühne geht. Gegenüber einem Ebenezer Scrooge ist Boons verschrobener Pfennigfuchser dann doch eher ein Leichtgewicht. Zum anderen verläuft die verklemmte Romanze zwischen François und seiner neuen Arbeitskollegin Valérie auf einem ziemlich konstruierten Pfad. Man fragt sich, was sie an ihm bloß so fasziniert. Eine überzeugende Antwort, die auch außerhalb dieses Comedy-Universums halbwegs plausibel wäre, gibt es nicht.
 
Für Thriller-Spezialist Cavayé („Point Blank“, „Ohne Schuld“) ist es zugleich der Einstieg ins komische Fach. Dabei hätte der genrebedingte Stimmungswechsel kaum größer ausfallen können: Dort die harten Crime- und Suspense-Reißer, hier die familienkompatible Tragikomödie. Am Ende von „Nichts zu verschenken“ ahnt man, wofür sein Herz etwas schneller schlägt.
 
Marcus Wessel