Verachtung

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Bereits dreimal machten sich die Ermittler Carl Mørck und Assad daran, für das Dezernat Q Fälle anzugehen und zu lösen, die vor Jahren zu den Akten gelegt wurden. Bei „Verachtung“ verhält sich das nun ein wenig anders: Hier ist es kein alter Fall, sondern man findet hinter einer falschen Wand in einer Wohnung drei mumifizierte Leichen. Wieder ermitteln die beiden Polizisten, stochern damit aber in ein gigantisches Wespennest. Die vierte Verfilmung eines Romans von Jussi Adler Olsen ist gewohnt spannend und unterhaltsam gestaltet, die Geschichte wirkt aber schon ein wenig arg konstruiert.

Webseite: www.verachtung-film.de

Journal 64
Dänemark / Deutschland 2018
Regie: Christoffer Boe
Darsteller: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Fanny Leander Bornedal, Clara Rosager, Elliott Crosset Hove, Anders Hove
Länge: 118 Minuten
Verleih: NFP Marketing & Distribution
Kinostart: 9. Mai 2019

FILMKRITIK:

Schon im Vorfeld hieß es, dass „Verachtung“ der vierte und letzte Film mit Carl Mørck und Assad sein würde. Nach „Erbarmen“, „Schändung“ und „Erlösung“ gibt es so just in dem Moment den Abschluss, als Carls Partner Assad sich dafür entscheidet, das Dezernat Q, das sich mit alten Fällen befasst, zu verlassen und in eine andere Abteilung zu wechseln.
 
Seit 2013 wurden die Filme mit Nikolai Lie Kaas und Fares Fares in den Hauptrollen realisiert, nun soll jedoch Schluss sein. Und wenn dem so ist, dann endet die Reihe zumindest mit einer ganz großen Geschichte.
 
In einer Mietswohnung werden hinter einer später eingezogenen Wand drei mumifizierte Leichen gefunden. Wie sich herausstellt, hat die drei Opfer allesamt etwas verbunden – ein Mädchenheim auf einer Insel, in dem in den frühen 1960er Jahren junge Frauen, die man als liberale Freigeister bezeichnen könnte, als moralisch unanständige Individuen weggesperrt waren. Die Morde müssen etwas damit zu tun haben. Carl und Assad ermitteln, aber letzterer ist eigentlich schon auf dem Weg in ein neues Betätigungsfeld und ersterer weiß nicht, wie er dem begegnen soll. Denn mit einem grantigen Griesgram wie Carl Mørck einer ist können wirklich nur die wenigsten zusammenarbeiten – Assad konnte es aber.
 
Wie schon bei den Vorgängern hält sich das Skript von Nikolaj Arcel, hier von Bo Hr. Hansen unterstützt, nahe an die Vorlage. Damit einher gehen auch die kleineren Probleme, die die Geschichte hat. Den Fällen von Mørck und Assad war schon immer gemein, dass sie etwas ungewöhnlicher waren. Man könnte auch sagen: etwas weniger realistisch. Mit „Verachtung“ wird dieser Trend aber noch deutlich forciert, denn hier hat man nicht nur ein kompliziertes Konstrukt erschaffen, hinter dem die Bösen sich verstecken, die Zufälligkeit ist bei allem auch immer eine wichtige Antriebsfeder. Das war bei den Jussi-Adler-Olsen-Verfilmungen im Grunde schon immer so, hier tritt es nur stärker zutage.
 
Dafür versucht man, das Privatleben der Figuren wieder etwas stärker zu betonen. Etwa, wenn die Assistentin Rose ein Date hat, Assad mit seinen Nachbarn spricht oder Carl damit hadert, dass sein einziger Freund seine Abteilung verlässt. Etwas, das er Assad gegenüber aber natürlich nicht zugeben kann. Weil Carl Mørck noch immer ein sozial unangepasster, ziemlich taktloser Griesgram ist, den nur die wenigsten wirklich ertragen können. Ein Sympathieträger ist Carl Mørck nicht, aber Nikolaj Lie Kaas spielt das hervorragend. Es ist auch die Kameraderie zwischen Carl Mørck und Assad, die diese skandinavischen Thriller von anderen abhebt.
 
Als Kriminalgeschichte ist „Verachtung“ spektakulär, die Logiklöcher sind aber schon leicht erkennbar, weil man das Gefühl hat, dass hier zu viel versucht wurde, wird aus einem kleinen „Fall“ doch sehr schnell ein gesellschaftsumspannendes Komplott. Die Auflösung kommt darum ein wenig schnell, im Anschluss folgen ein paar Nachklappen, die den Fans den Abschied von den Figuren erlauben. Denn das soll es nun ja gewesen sein, aber vielleicht überlegen es sich die Macher und Stars noch einmal anders. Immerhin gibt es noch drei weitere Romane mit Carl Mørck.
 
Peter Osteried