Planet Terror

Am Anfang stand die Idee zweier filmbesessener Freunde, dem kultigen Grindhouse-Kino der 60er und 70er Jahre ein filmisches Denkmal zu setzen. Während Quentin Tarantino in seinem Beitrag „Death Proof“ den eigenen Leidenschaften für starke Frauen, Pop-Talk und Oldschool-Action nachging, kehrt Robert Rodriguez mit Planet Terror nach einigen kommerziell erfolgreichen Ausflügen in die Familienunterhaltung zu seinen bleihaltigen und blutigen Frühwerken zurück. Wunderbar überdreht, garantiert jenseits aller Political Correctness und mit einem spielfreudigen Ensemble, schickt sich Planet Terror an, das Herz eines jeden Horror-Fans zu erobern.

Webseite: www.senator.de

USA 2007
Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt, Produktion: Robert Rodriguez
Weitere Produzenten: Elizabeth Avellán, Quentin Tarantino
Spezialeffekte/Make up: Greg Nicotero
Mit Rose McGowan, Freddy Rodriguez, Michael Biehn, Marley Shelton, Josh Brolin, Jeff Fahey, Naveen Andrews, Bruce Willis
Verleih: Senator
Kinostart: neu 4.10.2007


 

Über den Film

Originaltitel

Planet Terror

Deutscher Titel

Planet Terror

Produktionsland

USA

Filmdauer

105 min

Produktionsjahr

2007

Produzent

Tarantino, Quentin

Regisseur

Rodriguez, Robert

Verleih

Starttermin

01.01.1970

 

PRESSESTIMMEN:



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FILMKRITIK:


Zusammen mit seinem Kumpel Quentin Tarantino wagte sich Sin City-Regisseur Robert Rodriguez an das Grindhouse-Projekt. Grindhouses waren vor allem während der späten 60er und frühen 70er in den USA populär. Sie zeigten meist billig produzierte Filme für Erwachsene aus unterschiedlichen Genres. Der Clou: Für den Preis einer Kinokarte bekam der Zuschauer gleich zwei Filme zu sehen. In dieser Tradition inszenierte das Duo Rodriguez/Tarantino die Grindhouse-Neuauflage als dreistündigen Trip in die cineastische Vergangenheit, stilecht unterbrochen von Trailern zu fiktiven Horror- und Exploitation-Produktionen.

 

Doch außerhalb der USA wurde das Doublefeature wieder aufgeschnürt, wohl auch, weil die Macher erkannten, dass nur wenige Kinogänger die Geduld für ein dreistündiges B- und C-Movie-Potpurri aufbringen würden. So läuft Planet Terror hierzulande rund einen Monat nach Tarantinos Death Proof an.

Darin gerät ein biologisches Experiment außer Kontrolle. Giftgas strömt aus und infiziert eine Armee militanter Söldner (darunter Bruce Willis in einem Cameo-Auftritt), welche sich daraufhin in menschenfressende Bestien verwandeln. Rodriguez stellt diesen eine Gruppe aus stoischen Texanern, wortkargen Draufgängern, verführerischen Go-Go-Girls und verrückten Zwillingen gegenüber. Nach einer ersten äußerst blutigen Konfrontation rund um den Laden des eigensinnigen JT (Jeff Fahey) mündet der Plot in einem irrwitzigen Showdown auf dem Gelände der Militärbasis. Dabei wächst nicht nur Cherry (Rose McGowan) über sich hinaus. Die Tänzerin hat soeben ein Bein verloren, was sie jedoch nicht daran hindert, es mit den herrlich scheußlichen Monstern aufzunehmen. Unterstützung erhält sie von Wray (Freddy Rodriguez), einem mysteriösen Einzelgänger, und der resoluten Ärztin Dr. Dakota Block (Marley Shelton).

Über die gesamte Laufzeit bleibt Rodriguez dem Retro-Stil treu. Die Nachbearbeitung des digitalen Bildmaterials erschafft einen authentischen Alterungsprozess, ganz so, als wäre Planet Terror ein Produkt der von Zombiefilmen überschwemmten 70er. Es ist eine ganz spezielle Kunst, etwas eigentlich aufwändig produziertes, billig aussehen zu lassen. Das Team um Multitalent Rodriguez – der gebürtige Texaner ist Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Cutter und Kameramann in einer Person – beherrscht sie nahezu perfekt. Während einer Sexszene erlaubt er sich einen besonders originellen, an das vordigitale Kinozeitalter angelehnten Spaß, der wie der gesamte Film gleichsam als liebevolle Hommage zu verstehen ist.

Nicht nur Fans der Splatter-Orgie Form Dusk till Dawn dürften Rodriguez’ Ideenreichtum (MG-Prothese) und dessen organischer Mix aus alten und neuen Story-Elementen goutieren. So vermischt er in Planet Terror moderne Bedrohungsszenarien wie die gerade von der US-Regierung geschürte Angst vor chemischen und biologischen Waffen (Irakkrieg?) mit Zitaten an die Zombie-Klassiker eines Lucio Fulci und George A. Romero. Die bewusst überzeichnete Action mit ihren nicht weniger grotesken Gore-Einlagen erlaubt einem kaum eine Atempause. Greg Nicotero – der neue Star unter den Make up-Künstlern und ein enger Freund des legendären hier in einer Gastrolle anzutreffenden Tom Savini – lässt genüsslich das Blut über die Leinwand spritzen, Schädel spalten, und Gedärme herausreißen, alles aber mit einem unübersehbaren Augenzwinkern.

Stolz kann Rodriguez nicht zuletzt auf seine Schauspielgarde sein. Dass sein Cast mit soviel Engagement bei der Sache ist, macht Planet Terror zu einem ganz besonderen Stück Genrekino. Rose McGowan gelingt die Verkörperung der wohl tödlichsten Kampf-Amazone seit Uma Thurmans Auftritt als „The Bride“ in Kill Bill. Und Mary Sheltons spritzenliebende Anästhesistin darf nach diversen Tiefschlägen und Demütigungen zum großen Gegenschlag ausholen. Wie immer drehte Rodriguez mit vielen Bekannten und Freunden. Egal ob Tom Savini, Bruce Willis, Quentin Tarantino oder Michael Parks, sie alle haben mit Rodriguez bei einem oder mehreren Projekten bereits zusammengearbeitet. Dieser revanchiert sich, in dem er seinen Schauspielern die Rollen auf den Leib schreibt. Es bedarf insgesamt nur weniger Worte, damit man ein Gespür für die Figuren und ihre Eigenarten bekommt und – das ist im Horrorbereich eine Seltenheit – sie ins Herz schließt.

Planet Terror, dem höchstens Etikettenschwindel vorgeworfen werden kann, da es sich bei ihm keineswegs um einen Low Budget-Streifen handelt, ist das blutigste und zugleich unterhaltsamste Schlachtfest seit einem gewissen From Dusk till Dawn.

Marcus Wessel

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