14 km – Auf der Suche nach dem Glück

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14 Kilometer breit ist die Straße von Gibraltar, 14 Kilometer trennt Europa von Afrika, 14 Kilometer zwischen Armut und vermeintlichem Glück. Auf welche beschwerliche Weise drei Afrikaner aus Mali und Niger versuchen nach Europa zu kommen beschreibt der spanische Regisseur Gerardo Oliveras auf fast dokumentarische Weise. Ein eindringliches, eindrucksvoll gefilmtes Flüchtlingsdrama.

Webseite: www.kairosfilm.de

OT: 14 kilometros
Spanien 2008
Originalfassung (Haussa/Französisch/Tamasheq/Arabisch) mit deutschen Untertiteln
Regie: Gerardo Oliveras
Drehbuch: Gerardo Oliveras, Enrique Meneses
Kamera: Alberto Moro
Schnitt: Raquel Torres
Musik: Santi Vega, Youssou N’Dour
Darsteller: Adoum Moussa, Aminata Kanta, Illiassou Mahamadou Alzouma
Länge: 95 Min.
Verleih: Kairos
Kinostart: 24. Juni 2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Violeta lebt in Mali und soll zwangsverheiratet werden, ausgerechnet mit einem greisen Mann, der sie einst vergewaltigt hat. Im Nachbarstaat Niger hat Bouba als Mechaniker immerhin einen Job, sein großer Traum aber ist es, Fußballer zu werden. Sein Bruder Mukela überzeugt Bouba davon, dass sich nie ein Talentscout nach Niger verirren wird, er seine Chance selbst in die Hand nehmen muss. Und so machen sich die beiden Brüder auf die Reise nach Europa, haben ihr Hab und Gut verkauft und hoffen, genug Geld für den beschwerlichen, langen Weg zusammenzuhaben. Irgendwo in der Wüste treffen sie auf Violeta, die nach einer langen Schifffahrt den Niger hinauf erst in einem Bordell gelandet war. Über Sandpisten geht es durch die Wüste, auf überladenen Lastwagen und schließlich zu Fuß. Während Mukela den Fußmarsch nicht überlebt, werden Violeta und Bouba von Nomaden gerettet, die sie gesund pflegen. Weiter geht die Reise durch die algerische Geröllwüste, mit falschen Pässen und stetig weniger werdendem Gepäck, bis schließlich ein Schleuser gefunden ist, der ihnen das verbleibende Geld abnimmt. Mit letzter Kraft schafft es das Paar schließlich nach Europa, doch was ihnen dort blüht, ist Stoff für einen anderen Film.

Seit Jahren beschäftigt sich der spanische Regisseur Gerardo Oliveras mit Afrika. 2005 drehte er eine Dokumentation über Salzkaravanen in der Tenere-Wüste im Niger, anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 den Spielfilm „Das größte Spiel der Welt“, der neben der Mongolei und Brasilien auch unter fußballbegeisterten Nomaden in der Sahara spielte, und nun also eine Mischung aus Dokumentation und Fiktion. Die drei Figuren sind zwar fiktiv, ihre Erlebnisse, die Route, die sie nach Europa führen soll, authentisch. Ganz bewusst verzichtet Oliveras auf psychologische Tiefe, stattet seine Figuren mit losen Motiven aus, die nicht weiter hinterfragt werden.

Dass „14 km“ weder die vielfältigen Ursachen der Flüchtlingsströme thematisiert, noch die Illusionen, denen sich die Flüchtlinge hingeben, läßt den Film etwas unterkomplex erscheinen. Bis auf einen Nomaden, der die enormen Summen anspricht, die den afrikanischen Ländern durch die teuren Fluchtversuche entzogen werden, bleibt jegliche Analyse der Situation außen vor.

Stattdessen verlässt sich Oliveras ganz auf seine Laiendarsteller, die gerade in längeren Dialogszenen etwas holprig agieren, ansonsten aber die Authentizität verkörpern, die dem Regisseur wohl verschwebte. Angenehm unsentimental erzählt er, zurückhaltend gefilmt, ohne die natürliche Schönheit der Landschaften zu überhöhen. Mit seinem offenen Ende, seiner neutralen Haltung, die keinerlei Wertungen vornimmt, ist „14 km“ ein überzeugendes, stark dokumentarisch angehauchtes Drama, dass es schafft, auf unsentimentale Weise von einer konstanten Tragödie der modernen Welt zu erzählen.

Michael Meyns

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