Konzert, Das

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Einmal mehr widmet sich der rumänische Regisseur Radu Mihaileanu – vor allem bekannt für seinen Holocaust- Film „Zug des Lebens“ – auf tragikomische Weise dem Umgang mit der Vergangenheit. Hier ist es ein Konzert, das nicht nur eine abgehalfterte Truppe russischer Musiker nach Paris führt, sondern auch traumatische Ereignisse aus der Vergangenheit ans Licht bringt. Auch wenn „Das Konzert“ bisweilen etwas sehr zwischen Klamauk und Kitsch changiert, kann man sich der Kraft der Musik und der Emotionen kaum entziehen.

Webseite: www.konzert-derfilm.de

Frankreich 2009
Regie: Radu Mihaileanu
Drehbuch: Radu Mihaileanu, Alain Michel Blanc, Matthew Robbins
Musik: Armand Amar
Darsteller: Alexei Guskow, Dimitri Nazarov, Melanie Laurent, Francois Berléand, Miou-Miou, Valeri Barinov
Länge: 119 Min.
Verleih: Concorde
Kinostart: 29. Juli 2010
 

PRESSESTIMMEN:

Eine amüsante Tour de Force ebenso aberwitziger wie sentimentaler Situationen.
Der Spiegel

Wunderbares, großes Gefühlskino.
Brigitte

FILMKRITIK:

Einst galt Andrei Filipov (Alexei Guskov) als Wunderkind, führte das weltberühmte Bolschoi-Orchester zu Triumphen, nun putzt er nur noch das verfallende Orchestergebäude. Seit er sich Anfang der 80er Jahre für eine jüdische Musikerin einsetzte, hat Andrei wenig zu lachen. Der Orchesterchef – gleichzeitig KGB-Informant – sorgte für seine Entlassung und so bleibt Andreis großer Traum noch unerfüllt: Einmal im berühmten Pariser Theatre du Chatelet auftreten und Tschaikowsky spielen. Nichts deutet darauf hin, dass dieser Traum in Erfüllung gehen könnte, doch dann fängt Andrei ein Fax ab: Eine Einladung des Bolschoi-Orchesters nach Paris. Kurz entschlossen beginnt Andrei seine in alle Winde verstreuten Musiker aufzusuchen, die inzwischen als Taxifahrer, Möbelpacker oder Trödler ein eher klägliches Dasein fristen. Der Wandel vom kommunistischen Regime zum ungezügelten Kapitalismus ist den Musikern nicht gut bekommen. Ihre Instrumente verstauben im besten Fall, wenn sie nicht verkauft wurden, die feinen Anzüge sind längst eingemottet und Musik gespielt haben sie seit Jahren nicht.

Eine schöne, überdrehte Satire ist „Das Konzert“ in dieser Phase, mit grobem Strich nimmt Radu Mihaileanu die Exzesse des Kapitalismus auf die Schippe, schlingert zwar immer hart am Klischee vorbei, aber die Pointen sitzen. Doch es gibt noch eine andere Ebene und die ist ebenso hart an der Grenze zum Kitsch. Bevor er das Konzert in Paris spielt, hat Andrei eine Bedingung: Die junge französische Geigerin Anne-Marie Jacquet (Melanie Laurent) soll engagiert werden. Warum, ist weder dem Manager des Pariser Theater noch Andreis Musikerkollegen zunächst bewusst. Bald wird jedoch klar, dass Anne-Marie unmittelbar mit den Ereignissen verbunden ist, die vor bald 30 Jahren zum Ende des Orchesters führten.

Im Gegensatz zu seinem Holocaust-Drama „Der Zug des Lebens“, der bei seiner Erstaufführung zu unrecht von Roberto Benignis „Das Leben ist schön“ überschattet wurde, schlägt Radu Mihaileanu mit seinem jüngsten Film deutlich leichtere Töne an. Das Schicksal der Eltern Anne-Maries deutet zwar die Gulags des kommunistischen Sowjetregimes an (auch wenn diese Anfang der 80er Jahre nicht mehr existierten, wie der Film suggeriert), im Vordergrund steht aber stets die rührselige Versöhnung in der Gegenwart. Von den satirischen Elementen der ersten Hälfte des Films bleibt hier zwar wenig übrig, angesichts der mitreißenden Inszenierung des finalen Konzerts – nicht zuletzt dank Tschaikowskys Konzert für Violine und Orchester in D-Dur – wird die sentimentale Note der Geschichte zwar auf die Spitze getrieben, entziehen kann man sich den Emotionen aber kaum. So ist „Das Konzert“ ein anrührender, amüsanter Film, der in Frankreich ein großer Erfolg war, was ihm fraglos auch in Deutschland beschieden sein dürfte.

Michael Meyns

Andrei Filipov dirigierte einst das Orchester des berühmten Bolschoi-Theaters. Während der Zeit des Kommunismus weigerte er sich, jüdische Musiker zu entlassen. Deshalb wurden er und sein Freund Sascha selbst degradiert.

Jetzt ist er in dem Theater nur noch Putzmann. Dabei fällt ihm eines Tages ein Hilferuf des Pariser Théatre du Chatelet in die Hände. Dieses sucht dringend ein Ersatzorchester, weil die zugesagten Musiker aus San Francisco ausbleiben.

Da fällt bei Andrei der Groschen. Er wird die eingegangene Nachricht verschweigen, dafür seine in alle Winde verstreuten früheren Musiker zusammentrommeln, alles vorbereiten und mit ihnen nach Paris fahren.

Da die Kollegen inzwischen die ausgefallensten Berufe ausüben, Pässe in den wenigsten Fällen vorhanden sind, Visa sowieso nicht, ist im Voraus ein gehöriges Durcheinander zu bewältigen.

Andreis Bedingung für das Gastspiel: Die junge Geigerin Anne-Marie Jacquet muss als Solistin dabei sein.

In Paris angekommen, feiern die zusammen gewürfelten Musiker lieber, als dass sie proben würden.

Ein kommunistischer Funktionär, der mit von der Partie ist, gibt in Paris lieber den Aufruf zur Revolution zum Besten, als dass ihn das vorgesehene Konzert interessieren würde.

Schließlich wird doch alles gut. Und Anne-Marie Jacquet erfährt in einer melancholischen Zusatzgeschichte endlich, wer ihre verschollenen Eltern waren.

Ein Kinostück, in dem die genannte Handlung inszenatorisch und dramaturgisch prallvoll ausgeschmückt ist und dem man sich gerne aussetzen kann – wenn man nicht zu anspruchsvoll ist. Neben der flotten Unterhaltung fehlt nämlich eine ganze Menge billiger Klamauk auch nicht.

Gespielt wird von den Männern lautstark und übertrieben. Die Damen (z. B. Mélanie Laurent als Anne-Marie Jacquet und Miou Miou als ihre Agentin) treten da viel diskreter auf.

Prachtvoll ist die Musik. Ein Genuss. Immerhin gab es dafür in Frankreich zwei „Césars“. (Erfolg in unserem Nachbarland sehr gut.)

Thomas Engel