The Doors: When You’re Strange

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Die erste Kino-Doku über die legendäre Band aus Los Angeles ist vor allem ein Film für Fans, die sich an allerhand Archivmaterial satt sehen können. Im Mittelpunkt steht natürlich Sänger Jim Morrison, den Regisseur Tom DiCillo zum größten und geheimnisvollsten Star der ausklingenden 60er hochjubelt. In der Originalversion ist Johnny Depp als Erzähler zu hören, der dem Film ein wenig Hollywood-Glanz verleihen soll. „The Doors: When You’re Strange“ bleibt ein letzlich lauwarmer Erklärungsversuch, aber ein mitreißender.

Webseite: www.whenyourestrange.de

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FILMKRITIK:

Man hatte es schon befürchtet: „When You’re Strange“ ist natürlich nicht nur die Doku einer Band, sondern auch der Versuch, die kulturelle Revolution im Amerika der 60er Jahre einzufangen und zu deuten. Die Ermordung von Robert Kennedy, Civil-Rights-Movement, Flower-Power: Allzu bemüht wirkt der Versuch von Tom DiCillo, seinen Film zu etwas Größerem als nur einem hübschen Bandporträt zu machen. An sich ist der Versuch lobenswert, die Doors in ihrem damaligen sozio-kulturellen Kontext zu stellen, allerdings wirkt die Zusammenstellung von Archivmaterial und Originalaufnahmen all zu beliebig und selten pointiert.

Dennoch kann man sich dem Rausch der Bilder kaum erwehren: Zu sehen, wie Jim Morrison bei einem Miami-Konzert im LSD-Rausch von der Polizei abgeführt wird (angeblich, weil er auf der Bühne sein Geschlechtsteil präsentiert hat) inklusive dem Aufbegehren der Zuschauer, ist mehr als erstaunlich. Als heutiger Konzertgänger und Zeuge routinierter 90-minütiger Rockshows, bekommt man eine ziemlich genaue Vorstellung davon, welch radikales Potenzial doch Rock-Konzerte einst hatten, wo Hippies und Beatniks zu gleichen Teilen von freier Liebe sangen und sich mit ähnlichem Engagement den knüppelnden Gesetzeshütern stellten.

„When You’re Strange“ beginnt und schließt mit kleinen Ausschnitten aus „HWY“, einem Film von 1969, der einen vollbärtigen Jim Morrison zeigt, wie er im Auto durch die Wüste fährt und im Radio von seinem eigenen Tod erfährt. Im Wikipedia-Stil wird dazwischen die Bandhistorie abgearbeitet: Wie der Sänger dem Keyboarder Ray Manzarek 1965 in Venice Beach über den Weg läuft und beiden die Doors gründen, wie man erste Erfolge feiert, in Drogen die Spiritualität sucht – bis hin zu Morrisons Weggang nach Paris und seinem Tod in der Badewanne. Man erfährt, dass Jim Morrison extreme Selbstzweifel wegen seines Gesangs hatte und ständig versuchte, sich an seinen Idolen zu messen. Zuerst an Elvis, später an Frank Sinatra – ironischerweise Aushängeschilder des gutsituierten, amerikanischen Langweilertums.

Was den Film dennoch sehenswert macht: Tom DiCillo gelingt es gleichzeitig den Frontmann kultisch zu verehren und anhand von Alltagsszenen wiederum als ganz normalen und verletzlichen Menschen zu zeigen – und damit ein bisschen mit seinem Mythos zu brechen. Wir sehen Morrison als verwöhntes Kind, später als gequälten Künstler, als Sexsymbol und als fertiges Alkohol-Wrack. Für den Filmemacher (der mit Independent-Werken wie „Johnny Suede“ oder „Delirious“ für ein wenig Aufsehen sorgte) ist die Sache klar: In dem Tempo mit dem Morrison Himmel und Hölle durchlebt hat, bleibt er in der Geschichte der Rockmusik – trotz Hendrix, Joplin oder Cobain – absolut einzigartig.

David Siems

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