15 LIEBESBEWEISE

In der Tragikomödie „15 Liebesbeweise“ zeigt Regie-Debütantin Alice Douard den von bleierner, lähmender Bürokratie geprägten Adoptionsprozess, den gleichgeschlechtliche Paare in Frankreich über sich ergehen lassen müssen. Dennoch bleibt zwischen all den Verpflichtungen und juristischen Vorgaben noch genug Zeit für Vorfreude, Unbeschwertheit – und Liebe. „15 Liebesbeweise“ ist ein mit Humor und Herz inszenierter Film, erfrischend unangepasst und herausragend gespielt.

 

Über den Film

Originaltitel

Des preuves d`amour

Deutscher Titel

15 LIEBESBEWEISE

Produktionsland

FRA

Filmdauer

97 min

Produktionsjahr

2025

Produzent

de Casanova, Marine Arrighi

Regisseur

Douard, Alice

Verleih

FILMS THAT MATTER, ein Label von Luftkind

Starttermin

04.12.2025

 

Paris 2014: Céline (Ella Rumpf) und ihre Frau Nadia (Monia Chokri) erwarten ihr erstes Kind. Die beiden haben entschieden, dass die 37-jährige Nadia das Kind zur Welt bringt. Unterdessen beginnt für die fünf Jahre jüngere Céline ein juristischer Kampf, um offiziell als zweite Mutter anerkannt zu werden. Sie muss für die Behörden 15 persönliche „Liebesbeweise“ in Form von Briefen von Freunden und Familienmitgliedern vorlegen, die belegen, dass das Wohl des Kindes an erster Stelle steht und Céline ihrer Mutterrolle gewachsen ist. Im Zuge dessen muss sich Céline mit ihrer eigenen (Familien-)Geschichte auseinandersetzen. Denn Célines Mutter, die berühmte Pianistin Marguerite Orgen (Noémie Lvovsky), kommt ebenfalls für einen solchen Brief in Frage. Doch ihr Verhältnis ist kompliziert.

Céline möchte „lediglich“ ein gleichberechtigtes Elternsein sein, nicht mehr und nicht weniger. Mit allen Rechten und Pflichten. Seit Anfang 2013 dürfen homosexuelle Paare in Frankreich heiraten, der Weg zur Adoption des eigenen Kindes ist aber nach wie vor mit außerordentlichen bürokratischen Hürden verbunden. Davon künden bereits die titelgebenden und allein in ihrer Höhe absurd anmutenden 15 „Beweise“ in Briefform. Verwandte und Freunde, die ihre Auffassung darüber kundtun, ob Céline ihr Kind liebt? Höchst subjektive Briefe, auf deren Grundlage dann auch noch ein ihr fremder Richter darüber entscheidet, ob Céline alle „Voraussetzungen“ erfüllt?

Langfilm-Debütantin Alice Douard begegnet diesem Wahnwitz und Irrsinn mit augenzwinkerndem Humor und leiser Ironie. Sie tut dies, indem sie an sinnhaften Passagen subtilen Witz und nuancierte humorvolle Momente einstreut – häufig durch unscheinbare Gesten, Blicke oder beiläufige geäußerte Kommentare. Dies zeigt sich bei einem Gespräch zwischen Céline und ihrer Anwältin, die, scheinbar selbst schon gelangweilt und erschöpft vom Paragraphendschungel und der Bürokratie, die behördlichen Pflichten des Paares lethargisch und lediglich pflichtbewusst herunterspult. Witzig sind zudem die Szenen, die die werdenden Eltern im Beisein der Kinder einiger ihrer Freunde zeigen. Céline und Nadia können sich hier schon einmal vorsichtig an das Windelwechseln, Quengeln, Schreien und übermäßige Fremdeln gewöhnen.

Wie eine logisch gesetzte Klammer umschließen der Beginn und das Ende diesen von ebenso ernsten wie heiteren Tönen durchzogenen Film. Am Anfang befinden sich Céline und Nadia bei einer Art Geburtsvorbereitungskurs. Sie simulieren Wehen und studieren die richtige Atemtechnik ein. Knapp 90 Minuten später, soviel sei verraten, erblickt Célines und Nadias Tochter das Licht der Welt. Dazwischen liegt die ehrliche Betrachtung einer leidenschaftlichen Liebesbeziehung, die vor enormen Umwälzungen steht. Denn bei aller Vorfreude auf das Kind und das neue gemeinsame Leben als Familie kommen genauso Unsicherheiten und Ängste auf. Douard schildert all dies unaufgeregt sowie ganz und gar sympathisch und ehrlich.

Dazu gesellen sich ernste Themen wie Ausgrenzung und Queerfeindlichkeit, etwa wenn Céline in einer Bar aufs schwerste homophob diskriminiert wird. Später nimmt Douard die komplexe Beziehung zwischen Céline und ihrer distanzierten Mutter, die unter Selbstablehnung und schweren Selbstzweifeln („Ich kann doch nur Klavier spielen“) leidet, unter die Lupe. Herzstück ist aber das großartige Spiel der beiden Hauptdarstellerinnen Rumpf und Chokri, die auf der Leinwand wunderbar miteinander harmonieren. Und das sowohl in den vertrauten, fast banalen Alltagssituationen als auch in den pulsierenden, von hemmungsloser Lebenslust und Leidenschaft durchzogenen Liebes- und Nachtclubszenen.

 

Björn Schneider

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