3 Coeurs

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Ein Mann zwischen zwei Schwestern, dem Traum von der wahren Liebe und der Sehnsucht nach Stabilität. Benoît Jacquots prominent besetzter „3 Coeurs“ - Catherine Deneuve spielt mit ihrer eigenen Tochter Chiara Mastroianni! - ist weder Liebesfilm noch Drama, sondern eine zugleich ruhige wie auch bedrohliche Betrachtung innerer Zerrissenheit und ihrer Folgen.

Webseite: www.programmkino.de

Frankreich 2014
Regie: Benoît Jacquot
Drehbuch: Julien Boivent, Benoît Jacquot
Darsteller: Benoît Poelvoorde, Charlotte Gainsbourg, Chiara Mastroianni, Catherine Deneuve
Filmlänge: 106 Minuten
Verleih: Panorama
Kinostart: noch ohne Termin
 

FILMKRITIK:

Der Anfang von Benoît Jacquots „3 Coeurs“ erinnert verdächtig an Richard Linklaters Kultfilm „Before Sunrise“. Ein Mann und eine Frau treffen sich zufällig in einer französischen Kleinstadt. Weil ersterer den letzten Zug nach Paris verpasst hast, verbringen die beiden die Nacht mit einem ausgiebigen Spaziergang, bei dem sie sich unsterblich ineinander verlieben. Aus romantischen Gründen verraten sie einander nicht ihre Namen, sondern machen lediglich den nächsten Treffpunkt aus. Und es kommt, wie es kommen muss: Der Mann erscheint nicht.

Doch von hieraus nimmt „3 Coeurs“ eine ganz andere Wendung. Während Sylvie (Charlotte Gainsbourg), vom gescheiterten Date frustriert, mit ihrem Freund in die USA auswandert, lernt Marc (Benoît Poelvoorde) bei der Arbeit im Finanzamt Sophie (Chiara Mastroianni) kennen. Als sich die unsichere Antiquarin als Sylvies Schwester entpuppt, ist es bereits zu spät, denn trotz seiner anhaltenden, leidenschaftlichen Liebe zu Sylvie, hat Marc in Sophie die geeignete Partnerin für eben jenes ruhige Leben gefunden, nachdem er sich sehnt. Doch was wird geschehen, wenn die beiden Frauen entdecken, dass sie ihr Herz an denselben Mann verloren haben?

Ein unheilvoller Score suggeriert das Schlimmste, doch das Negativversprechen wird nicht eingelöst. Jacquots will in „3 Coeurs“ kein tränenreiches Drama erzählen, sondern die Geschichte einer emotionalen Last und Zerrissenheit. Das Herz tritt hier nicht nur in seiner romantischen Symbolik, sondern auch als Organ auf, denn Marc hat mit einem Herzleiden zu kämpfen, auf Grund dessen ihm von ärztlicher Seite Ruhe und Stabilität empfohlen wird. Doch schließlich ist es eben jene stabile Beziehung, die sein Herz strapaziert.

Die Dreiecksgeschichte erinnert zwar im Ansatz zwar an Dominik Grafs „Die geliebten Schwestern“, doch ist vom Mut jener Geschichte und ihrer Inszenierung in „3 Coeurs“ wenig zu spüren. Weder kann Benoît Jacquot die romantische Beziehung zwischen Sylvie und Marc für den Zuschauer emotional erfahrbar gestalten, noch gelingt es ihm, das Publikum mit einer spannungsvollen Dramaturgie oder originellen Inszenierung für seine Geschichte zu gewinnen.  „3 Coeurs“ wirkt trotz der alltäglichen Ereignisse konstruiert. Beide Frauen verlassen schon nach der ersten Begegnung mit Marc ihre aktuellen Partner – übertriebene Reaktionen, wie sie im Genre der Romantic Comedy besser aufgehoben wären. Auch dass sich Sylvie und Marc nach jahrelanger Kontaktsperre noch immer leidenschaftlich zueinander hingezogen fühlen, mag nicht recht zum nüchternen und realistischen Antlitz dieses Films passen.

„3 Coeurs“ spricht von Gefühlen, ohne sie zu vermitteln. Der dargestellte Beziehungsreigen bleibt steril. Was hinsichtlich der Zweckehe zwischen Sophie und Marc einen tieferen Sinn haben mag, beraubt die eigentliche Liebesgeschichte ihrer Wirkung. Momente wahrer Intimität, wie der Spaziergang zu Beginn oder eine gemeinsame Reise gen Ende, werden dabei auffällig kurz gehalten oder als narrative Ellipsen gar völlig ausgeblendet. Andere Elemente, wie die auffällig starke Präsenz von Essensszenen – im übrigen einige der wenigen Gelegenheiten bei denen Catherine Deneuve in ihrer Nebenrolle als Sylvies Mutter auftritt – und ein in der Mitte des Films völlig unvermittelt auftauchendes Voice Over, bleiben bis zuletzt rätselhaft.
Auf Grund der gedrosselten emotionalen Wirkung funktioniert „3 Coeurs“ weder als Drama noch als Liebesfilm, sondern adressiert als Betrachtung innerer Zerrissenheit vor allem Hobbymelancholiker und Fans der in ihrer sinnlichen Zartheit erneut bezaubernden Charlotte Gainsbourg. 
 
Sophie Charlotte Rieger