In sieben Kurzfilmen erinnern acht weltberühmte Regisseure an die vielen „unsichtbaren“ Kinder dieser Welt. Sie leben auf Müllhalden, in Kriegsgebieten oder in dreckigen Slums. In enger Zusammenarbeit mit UNICEF und dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen schildern unter anderem Emir Kusturica, Spike Lee und John Woo ihre fiktiven Geschichten.
Webseite: www.alltheinvisiblechildrenmovie.com
All the Invisible Children
Italien 2005
Regie: Mehdi Charef, Emir Kusturica, Spike Lee, Katia Lund, Jordan & Ridley Scott, Stefano Veneruso, John Woo
Drehbuch: Mehdi Charef, Stribor Kusturica, Cinque Lee, Joie Lee, Katia Lund, Ridley Scott, Diego De Silva, Stefano Veneruso, Li Qiang
Darsteller: David Thewlis, Kelly MacDonald, Dragan Zurovac
Filmverleih: Concorde Film
Länge: 116 Minuten
Kinostart: 13.04.2006
PRESSESTIMMEN:
Anrührend, hart, aufrüttelnd… Rund 300 Millionen Kinder leiden an Hunger, über 100 Millionen haben nie eine Schule besucht. Ihnen ist dieser Film gewidmet.
Brigitte
In einer Zeit, in der jeder Schluckauf der Börse stärkere emotionale Reaktionen hervorruft als eine Hungersnot, erinnern sieben große Regisseure daran, welch unterschiedlichen Martyrien Kinder in aller Welt tagtäglich ausgesetzt sind… Ein fades Gutmenschen-Werk? Nein. ‚Alle Kinder dieser Welt‘ ist nicht nur ein humanitäres Glanzlicht, sondern größtenteils auch ein cineastisches… Allein die Beiträge von Woo, Lund und Lee lohnen schon den Eintritt.
Cinema
…zeigt in sieben Episoden, welches Leid Kindern rund um den Globus angetan wird und wie sie sich unter widrigsten Umständen behaupten müssen. In der Massierung des Elends gelingt es dem Film immer wieder, tief zu berühren.
Der Spiegel
FILMKRITIK:
Sie sind die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft. Daher leiden überall wo das Elend groß ist, ganz besonders die Kinder. Die Fakten für diese These sprechen eine deutliche Sprache: Laut dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen leiden weltweit 300 Millionen Kinder an Hunger. Über 100 Millionen haben nie eine Schule besucht. Und alle 5 Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Armut.
In „Alle Kinder dieser Welt“ haben sich acht renommierte Regisseure intensiv und höchst individuell mit dieser gesellschaftlichen Problematik beschäftigt. Ihre voneinander unabhängigen Beiträge führen uns in alle Erdteile und schildern die unterschiedlichsten Facetten von Armut, Hunger und Verwahrlosung. Wobei längst nicht alle Geschichten mit anklagend erhobenem Zeigefinger erzählt werden. Die Filmemacher von Emir Kusturica („Das Leben ist ein Wunder“) bis Ridley Scott („Gladiator“) präsentieren vielmehr Lebensausschnitte aus den Blickwinkeln der jungen Protagonisten. Das ist vielfach dramatisch, oft bedrückend, bisweilen aber auch aufmunternd. Dadurch wird aus dem Werk mehr als ein purer Klingelbeutelfilm im Auftrag der UNICEF.
So porträtiert die brasilianische Regisseurin Katia Lund („City of God“) die beiden jungen Freunde Bilu und Joao, die in Sao Paolo nicht nur auf einer Müllhalde leben, sondern diesen Unrat auch gleich wieder in etwas Kleingeld umwandeln. In einer eigenwilligen Definition von Recycling sammeln sie alte Dosen, Pappkartons und Kupferdrähte, die sie an Sammelstellen verkaufen. Die Umgebung, in der sie leben ist schmutzig und erdrückend, aber irgendwie wirken die Kinder alles andere als unglücklich. Sie sind in ihrem Leben nichts anderes gewohnt und haben sich mit den schwierigen Bedingungen scheinbar arrangiert.
Im Original heißt die von Stefano Veneruso und Chiara Tilesi initiierte Kurzfilmsammlung übrigens „All the invisible children“, all die unsichtbaren Kinder, und genau das trifft den Kern der italienischen Produktion besonders gut. Die Regisseure geben all jenen ein cineastisches Sprachrohr, die in der Gesellschaft keine eigene Lobby haben und doch jeden Tag unter uns leben. Dabei werden sie in der Episode von Mehdi Charef („Marie-Line“) zum Dienst an der Waffe gezwungen, bei Emir Kusturica zum organisierten Diebstahl missbraucht oder müssen im Kurzfilm von Spike Lee („Summer of Sam“) mit drogensüchtigen und HIV-infizierten Eltern leben.
Erstaunlich ist bei alldem, dass allein Actionspezialist John Woo („Windtalkers“) in seiner Episode auch die Oberschicht thematisiert. Einem vom Ehekrach seiner Eltern psychisch gequälten Mädchen aus wohlhabendem Hause, stellt er ein verwahrlostes Straßenkind gegenüber. Beide haben auf verschiedene Weise mit ihrem Leben Probleme und sind doch irgendwie miteinander verbunden. Damit verdeutlicht Woo vortrefflich, dass emotionales Elend nicht bloß auf dreckige Slums beschränkt sein muss. Nicht zuletzt deshalb gehört seine Geschichte zu den stärksten aus dem bunten Potpourri, das bereits auf den Filmfestivals von Venedig und Toronto als Special Event gezeigt wurde.
Insgesamt bietet „Alle Kinder dieser Welt“ wie alle Kurzfilmsammlungen Highlights, kleinere Leckerbissen und Durchschnittsware, worunter jeder Zuschauer seinen ganz persönlichen Favoriten finden wird. Auf jeden Fall schärfen die Episoden den Blick für ein brennendes Problem, das uns alle tangiert. Schaut auf die Kinder dieser Welt.
Oliver Zimmermann