Anvil – Die Geschichte einer Freundschaft

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Der beste Musikfilm seit „Spinal Tap“? Die emotionale und tragikomische Dokumentation über die kanadische Heavy-Metal-Band Anvil ist das, worauf Rockfans jahrelang gewartet haben. Szene-Größen wie Slash, Lemmy Kilmister oder Lars Ulrich versuchen sich an einer Erklärung für den Aufstieg und Fall einer absoluten Kultband, während Regisseur Sacha Gervasis die noch immer anhaltenden Träume der 50-jährigen Anvil-Mitglieder einfängt.

Webseite: www.anvil-derfilm.de

OT: Anvil! The Story of Anvil
USA 2008
Regie und Buch: Sacha Gervasi
Darsteller: Steve „Lips“ Kudlow, Robb Reiner, G5, Ivan Hurt, Lemmy Kilmister, Slash, Lars Ulrich, Scott Ian, Tom Araya, Tiziana Arrigoni, Kevin Goocher, Chris Tsangarides
Länge: 80 Minuten
Verleih: Rapid Eye Movies
Kinostart: 11.03.2010

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Es ist nicht nur, wie der Untertitel ankündigt, die Geschichte einer Freundschaft, sondern auch die Geschichte eines der größten Missverständnisse der Rockmusikgeschichte. Bei Heavy-Metal-Fans genießt die kanadische Band Anvil um Sänger Steve „Lips“ Kudlow seit einem Vierteljahrhundert absoluten Kultstatus. Ihre Songs mit programmatischen Titeln wie „Metal on Metal“, „666“ oder „Winged Assassins“ gehören zwar nicht unbedingt zu zeitlosen Klassikern des Genres, sind aber fester Bestandteil jeder Rock-Enzyklopädie. Das Problem: Anvil waren, wie Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister in einer Szene trocken kommentiert „nicht zur richtigen Zeit, am richtigen Ort“.

1984 schien eigentlich alles in die richtige Richtung des Rock-Olymps zu gehen: Die Band ging mit den Scorpions, Bon Jovi und Whitesnake auf Welt-Tournee, füllte in Japan großen Stadien und beeindruckte mit ihrer doch sehr eigenwilligen Bühnenperformance. Sänger Steve „Lips“ Kudlow spielte dabei oberkörperfrei, zwängte sich in ein schmales Ledergeschirr und bearbeitete seine E-Gitarre mit einem surrenden Vibrator, gepaart mit irrem Grinsen. Doch während die Tourkollegen der anderen Bands zu Rock-Millionären wurden, geriet die Karriere von Anvil allmählich ins Stocken. Mieses Management, schlechte Produktionen und die völlige Abstinenz von Business-Know-how ließen die Band mehr und mehr in Vergessenheit geraten.

25 Jahre später heftet sich Filmemacher und Heavy-Metal-Fan Sacha Gervasi (der das Drehbuch zu Steven Spielbergs „Terminal“ schrieb) an die Fersen der beiden verbliebenen Gründungsmitglieder Steve Lips Kudlow und Schlagzeuger Robb Reiner, die mittlerweile ein bescheidenes Dasein mit allerhand finanziellen Verbindlichkeiten führen. Dabei dokumentiert er nicht nur ihren Alltag, sondern zeigt auch die noch immer gelebten Träume von einer Zukunft als Rockstar. Die halbherzig gebuchten Europa-Auftritte versetzt die Band zunächst in euphorische Nostalgie, doch die Zeiten haben sich geändert und der Trip wird schnell zur Tour de Tristesse mit zahlungsunwilligen Club-Besitzern (die Gage ausschlagen), allerhand verpassten Zügen und Zuschauern, die man an einer Hand abzählen kann.

Gervasis Dokumentation lässt sich an Tragikomik kaum überbieten, wären da nicht die charmanten Protagonisten, die sich emotional über ihre Freundschaft zueinander auslassen, Tränen vergießen, Liebesschwüre leisten und ihren Traum leben, obwohl sie bereits Großväter sein könnten. Zweifelsohne werden dabei Erinnerungen an „Spinal Tap“ wach, jene Rockumentary über die gleichnamige Band, die Erfolglosigkeit mit Heavy-Metal-Klischees und superschnellen Gitarren-Soli paarte. Für Heavy-Metal-Fans dürfte „ Anvil – Die Geschichte einer Freundschaft“ ein echtes Geschenk sein, das aber auch Zuschauer begeistern wird, die mit dem lauten und harten Genre nicht allzu viel anfangen können.

David Siems

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