Blind Side – Die große Chance

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Die wahre Geschichte eines jungen Schwarzen, der im amerikanischen Süden von einer weißen Familie von der Straße geholt wird und zu einem viel versprechenden Football-Talent wird, macht John Lee Hancock zu einem erstaunlich unsentimentalem Rührstück. Nicht zuletzt dank Hauptdarstellerin Sandra Bullock, die als harte aber faire Südstaaten-Schönheit tatsächlich für den Oscar im Gespräch ist.

Webseite: www.BlindSide-DieGrosseChance.de

USA 2009
Regie: John Lee Hancock
Drehbuch: John Lee Hancock
Musik: Carter Burwell
Darsteller: Sandra Bullock, Tim McGraw, Kathy Bates, Quinton Aaron, Jae Head, Lily Collins, Kim Dickens
Länge: 128 Min.
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 18. März 2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Es ist eine Geschichte wie Amerika, vor allem aber Hollywood sie liebt: Ein großer, schwerer, etwas tumb wirkender schwarzer Jugendliche aus einem „schwierigen“ Elternhaus (Mutter drogensüchtig, ein gutes Dutzend Kinder von diversen, abwesenden Vätern) wird durch die Freundlichkeit von (weißen) Menschen aus dem Elend und einer Zukunft als Drogendealer/Süchtiger/Krimineller gerettet. Auch wenn die Geschichte von Michael Oher tatsächlich wahr ist, könnte sie kitschiger nicht sein. Die resolute Geschäftsfrau Leigh Anne Tuohy, zusätzlich noch Mutter zweier hinreißender Kinder, glückliche Ehefrau, gläubige Christin und Bush-Gegnerin, nimmt sich des unbedarften Schwarzen an, bemuttert ihn, gibt ihm ein Dach über dem Kopf, vermittelt ihm Werte, drängt ihn zum lernen und vor allem zum Football spielen. Zuerst stellt sich Michael zwar etwas dämlich an, bald zeigt sich jedoch sein großes Talent, seine Körpermassen zum Schutz seines Quarterbacks einzusetzen. Mit Gottes Hilfe wird er ein passabler Schüler und findet am Ende seinen Weg aufs College. Inzwischen ist Michael Oher in der amerikanischen Profiliga angekommen und hat dank eines Multimillionendollar-Vertrages ausgesorgt.

Eine klassische vom Tellerwäscher zum Millionär-Geschichte also, wie man sie nicht besser erfinden könnte. Die aber trotz ihrer Wahrheit ideologisch nicht fragwürdiger sein könnte. Erfüllt sie doch alle Klischees der Rassenverhältnisse: Ein unbedarfter Schwarzer, eine edle Weiße, die frei von Vorurteilen ist und das Gute sieht, das alle anderen übersehen. Alle Schwierigkeiten werden überwunden, der Crack-Mutter gute Ratschläge gegeben, selbst das süße, weiße Töchterlein mag den naiven schwarzen Riesen.

In Amerika wurde „The Blind Side“ einer der Überraschungserfolge des vergangenen Jahres, spielte bei einem bescheidenen Budget von 30 Millionen Dollar schon weit über $200 Millionen ein und könnte seiner Hauptdarstellerin Sandra Bullock tatsächlich den Oscar bringen. Dieser enorme Erfolg auch außerhalb konservativer Regionen zeigt allerdings auch, dass der Film doch ein wenig mehr haben muss, als nur den Wunsch nach aufbauender Unterhaltung zu erfüllen. Zunächst einmal ist er genau das: Enorm unterhaltsam, klassisch, geradezu altmodisch inszeniert, voller prägnanter Typen und pointierter Dialoge. Das schöne, das besondere an „The Blind Side“ ist aber Sandra Bullock als blonde Südstaaten-Schönheit. Sie macht mit zurückgenommenem, prägnantem Spiel aus einer potentiell unglaubwürdigen Klischee-Figur eine Persönlichkeit mit Ecken und Kanten. Egal ob sie ihre Freundinnen für deren unterschwelligen Rassismus zurechtweißt, sich für ihren ungewöhnlichen Adoptivsohn ins Zeug wirft oder dem Football-Trainer zeigt, wie man dem sensiblen Michael die Regeln des Spiels nahe bringt, nie wirkt Bullocks Leigh Anne Tuohy wie die Erfüllungsgehilfin eines Feel-Good Films. Um die Klasse der Darstellung (und Inszenierung) vor Augen zu führen reicht es zu sagen, dass „The Blind Side“ zwar ein unverfrorenes, ziemlich sentimentales Rührstück ist, Sandra Bullock in ihrer Rolle – im Gegensatz zum Zuschauer – aber keine einzige Träne vergießt.

Michael Meyns

Eine rührende Geschichte, die zwar für das Kino ordentlich geschönt wurde, aber immerhin eine wahre Geschichte.

Die Tuohys sind eine in Memphis lebende Südstaatenfamilie, der es gut geht, sehr gut sogar. Die Seele des Ganzen ist Leigh Anne, Ehefrau von Sean sowie Mutter von Collins und Sean Junior, genannt SJ.

Eines Tages sieht Leigh Anne bei bitterer Kälte einen jungen Schwarzen, Michael Oher, auf der Straße. Er ist nur ganz leicht bekleidet und offenbar obdachlos.

Nach kurzem Zögern hält sie an, hat Mitleid mit ihm. Er soll eine Nacht im Haus der Tuohys bleiben.

Aus der Nacht wird mehr. Woher kommt Michael, wer sind seine Eltern, was hat er für eine Schulbildung, wie alt ist er?

Alles Fragen, die nur langsam eine Antwort erhalten. Leigh Anne ist dabei die treibende Kraft. Sie muss Rückschläge hinnehmen: Michaels Mutter will ihren Sohn nicht sehen – der Vater ist sowieso verschwunden. Die Schulnoten sind katastrophal. Die Tuohys werden mit dem Vorwurf konfrontiert, sie setzten sich um ihres eigenen Vorteils willen für Michael ein. Dieser reißt einmal aus, um reumütig zurückzukehren. Er stammt aus einem Stadtviertel, in das man sich ohne Polizeischutz nicht trauen kann.

Mit dem Sport, mit dem Football vor allem, läuft es besser. Michael trainiert, gewinnt mit der Zeit in seiner Mannschaft einen entscheidenden Posten. Seine Statur und seine Stärke helfen ihm dabei.

Er wird von den Tuohys adoptiert, schafft den Schulabschluss. Durch die Hilfe dieser Familie bekommt er etwas, das man Leben nennen kann. Er steigt auf, wird umworben, wird sogar einmal ein großer Football-Spieler sein.
An der Machart des Films ist nichts auszusetzen. Menschen, denen es gut geht, kommen zur Besinnung bei der Beschäftigung mit Menschen, denen es dreckig geht. Das ist die „Botschaft“. Leigh Anne sagt es einmal sinngemäß: „Michael hat uns genau soviel Gutes getan wie wir ihm.“

Sandra Bullock, die die Leigh Anne spielt, hat die Rolle fest im Griff. Sehr gut. Sicherlich auch wegen des gefühligen Themas, aber nicht zuletzt ihretwegen hatte der Film in den USA durchschlagenden Erfolg.

Thomas Engel