Badland

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Nach dem Vietnam-Krieg entstand eine Reihe bemerkenswerter Filme über das Schicksal von Soldaten, die der Horror im Dschungel aus der Bahn warf. Der Irak-Konflikt  bietet erneut Anlass, den tiefen Spuren zu folgen, die der Krieg bei einfachen Soldaten hinterlässt. Insofern ist Francesco Lucentes Veteranen-Drama „Badland“ aller Ehren wert. Die epische Breite, in der Lucente die Geschichte eines Marines erzählt, ist jedoch keine epische Stärke. Der Regisseur verheddert sich immer wieder in den Problemzonen seines eigenen Drehbuchs. Für gut zweieinhalb Stunden Länge fehlt dem Opus schlicht die Substanz.

Webseite: www.badland-derfilm.de

USA 2007
Buch und Regie: Francesco Lucente
Darsteller: Jamie Draven, Grace Fulton, Vinessa Shaw, Chandra West, Joe Morton
Länge: 160 Minuten
Verleih: Barnsteiner Film
Kinostart: 8.5.2008

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Ex-Marine Jerry (Jamie Draven) ist am Ende. Er schlägt sich mit einem Tankstellen-Job durch, bis sein übellauniger Chef ihn fälschlicherweise des Diebstahls bezichtigt. Sein Zuhause ist ein Albtraum: ein schäbiger Wohnwagen auf einem Schrottplatz, in dem er mit seiner Frau und seinen drei Kindern haust. Ehefrau Nora (Vinessa Shaw) nennt Jerry einen Schwächling, wenn er Anfälle von Nasenbluten hat. Es ist kein Geld mehr da, um das Nötigste für die Familie zu kaufen. Als Jerry entdeckt, dass seine Frau Geld vor ihm versteckt, erschießt er sie nach einer Nacht düsteren Grübelns ebenso wie seine Söhne. Nur Tochter Celina (Grace Fulton) kommt mit dem Leben davon – das Magazin klemmt. Jerry flieht mit Celina in ein Provinzkaff, wo er einen Job findet und Begehrlichkeiten bei seiner Chefin weckt. Dort trifft er auf Max (Joe Morton), einen anderen Veteranen, der genauso gebrochen ist wie er selbst – eine Begegnung, durch die er unweigerlich mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird.
 

Für einen Low-Budget-Film stieß „Badland“ in den USA auf ein erhebliches Medienecho, selbst bei renommierten Zeitungen. Daran lässt sich erkennen, wie virulent dort das Thema Irak-Krieg in der öffentlichen Diskussion ist. Gleichwohl fiel der Film bei den Kritikern durch. Die Handlung werde nie zum Leben erweckt, bemängelte die New York Times. „Antikriegs-Platitüden“ monierte die Village Voice. Leider haben diese Stimmen Recht. Es fehlt der Geschichte an innerer Logik und Wahrhaftigkeit. Dem schockierenden Gewaltausbruch folgen ziemlich unglaubwürdige Ereignisse. Dass die Tochter ihrem Vater folgt, der gerade die Familie ausgelöscht hat, geht noch an. Sie klammert sich in einem traumatischen Schock an Gott und glaubt fest daran, dass ihre Mutter und Geschwister mit seiner Hilfe wieder lebendig werden. Kaum nachvollziehbar ist jedoch, dass Jerry sich sehr schnell an seinem Fluchtort frei bewegt, obwohl die Polizei landesweit nach ihm fahndet. Und ebenso seltsam ist, dass einem Verlierer wie ihm plötzlich alles zufliegt: ein Job, eine attraktive Frau, ein Freund (ausgerechnet der Sheriff), der versteht, was er selbst durchmachte. Vor allem aber bleibt unklar, was Jerry in Falludschah widerfuhr und ob er ernsthaft glaubt, er könne nach dem Familien-Mord ein neues Leben beginnen.

Das ist auch das Grundproblem des Films. Man weiß nicht, was Autor und Regisseur Lucente eigentlich erzählen will. Die Straße der Erlösung verliert sich im Nirgendwo, woran auch das deplatzierte Geständnis des Ex-Soldaten am Schluss nichts ändert.

Enervierend ist auch das Erzähltempo. Schier endlose Szenen und uferlose Dialoge werden aneinandergereiht, die mit Gewinn hätten verknappt werden können. Wenn das, worauf es in einer Szene ankommt, längst klar ist, geht es oft minutenlang weiter. Und dann wird der zähe Bilderfluss noch mit einem symphonischen Soundtrack beschallt, über den der Kritiker der New York Times witzelte, er könnte den Titel „Ennio Morricones Wikinger-Begräbnis“ tragen. Da sind dann auch die Schauspieler machtlos, die sich mit ordentlichem Spiel gegen die Zwänge des Drehbuchs stemmen. Bleibt nur noch zu sagen, dass „Badland“ mit Terence Malicks gelungenem Vietnam-Drama „Badlands“ rein gar nichts zu tun hat.

Volker Mazassek        
 

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Jerry ist ein amerikanischer Army-Mann, der früher im Golfkrieg eingesetzt war und dann auch noch in den Irak musste. Wie groß sind die Traumata der Rückkehrer aus dieser fraglichen nun schon Jahre andauernden amerikanischen Intervention? Das ist das Thema dieses Films. 

Eines ist sicher: Jerry ist innerlich aufs schwerste verwundet. Er leidet unter Depressionen, riskiert seinen Job an der Tankstelle, reagiert auf unfreundliche Invektiven seiner schwangeren Frau Nora mit cholerischen Wutanfällen, lebt mit ihr und den drei Kindern in einem ärmlichen Wohnwagen, weiß nicht, wie er das zum Leben nötige Geld auftreiben soll. 

Eines Tages, als er merkt, dass Nora gespartes Geld vor ihm verheimlicht hat, kommt es zur Explosion. Eine furchtbare Tat geschieht.

Jerry flieht mit der kleinen Tochter Celina. Eine ebenso traurige wie dramatische Odyssee beginnt.

Er muss auf seiner verkrachten Existenz ein neues Leben aufbauen. Immerhin sind Gewissensbisse und Reue nicht mehr weit. Er findet in einer entfernten Kleinstadt einen Job. Oli, die Chefin des Restaurants, in dem er arbeitet, mag ihn und wäre nicht abgeneigt, etwas mit ihm anzufangen. Doch Jerry bleibt teilnahmslos.

Seine große Stütze ist seine kleine Tochter. Diese sehnt sich zurück nach Hause zur Mutter und den beiden Brüdern. Sie betet zu Gott, dass sie bald heimkehren kann. Celina hält Jerry am Leben.

Er trifft auf Max, den Sheriff der Ortschaft, der erkennt, was Jerry verbrochen hat und deshalb sein Leben riskiert. Auch Max ist ein Irak-Veteran, der tötete, töten musste. Er zerbricht daran.

Gibt es für Jerry Hoffnung? 

Ein trauriger und depressiver, aber wohl richtiger und wichtiger, wenn auch etwas zerdehnter Film. Er ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Zuerst zeigt er, quälend aber überzeugend, was die Bush-Administration mit dem Irak-Unternehmen angerichtet hat. Dann, welche seelisch und real fürchterlichen Auswirkungen es für diejenigen Soldaten und ihre Familien haben kann, darin gefangen sind. Und formal dann noch besonders, wie stark Jamie Draven als Jerry, Grace Fulton als Celina, Joe Morton als Max und Vinessa Shaw als Ehefrau Nora ihre Rollen verkörpern. 

Ein Film, wie er wohl sein muss. 

Thomas Engel