Brothers Bloom

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Der zweite Film des talentierten Rian Johnson nimmt sich das Con-Man-Genre vor. Zwei Brüder trickbetrügen sich seit frühester Kindheit um die Welt, was für schön gefilmte Bilder von Prag, dem Balkan und Berlin (als Moskau) führt. So schön das auch alles ist, so originell und pointiert, letztlich ist „The Brothers Bloom“ zu eingenommen von seiner eigenen Cleverness, um mehr zu sein als eine postmoderne Fingerübung.

Webseite: www.senator.de

USA 2008, 109 Minuten
Regie: Rian Johnson
Drehbuch: Rian Johnson
Kamera: Steven Yedlin
Schnitt: Gabriel Wrye
Musik: Nathan Johnson
Darsteller: Rachel Weisz, Adrien Brody, Mark Ruffalo, Rinko Kikuchi, Robbie Coltrane, Maximilian Schell
Verleih: Senator
Kinostart: 27. August 2009
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

In seinem viel gelobten Debütfilm „Brick“, verpflanzte Rian Johnson den Film Noir an eine amerikanische Highschool. Schon da zeigte sich, dass er ein cleverer, filmhistorisch versierter Regisseur war, der mit seinen postmodernen Spielereien den Nerv der Zeit traf. Der Nachfolger „The Brothers Bloom“ entfaltet sich auf einer größeren Leinwand. Nach einem Prolog, der die Kindheit der Brüder Stephen und Bloom zeigt, ihre ersten Versuche als Trickbetrüger und das dadurch notwendige Wechseln der Pflegefamilien, springt der Film in die Gegenwart. Zumindest darf man annehmen, dass es die Gegenwart ist, denn die erwachsen Brüder Bloom, Stephen, nun gespielt von Mark Ruffalo, und Bloom (Adrien Brody), wirken in ihren eleganten, eng geschnittenen Anzügen wie aus einer anderen Zeit. Der Sinn für Stil ist sehr ausgeprägt in diesem Film, besonders der für Hüte. Bloom, Stephen, ihre fast stumme japanische Begleiterin Bang Bang (sie spricht nur drei Worte Englisch) führen offensichtlich eine ganze Batterie eleganter Hüte jeglicher Form und Stilrichtung mit sich rum, die in fast jeder Szene zum Einsatz kommen.

Allein Penelope (Rachel Weisz), das designierte Opfer ihres letzten großen Coups trägt keine Hüte. Dafür fährt die steinreiche Erbin reihenweise kanariengelbe Lamborghinis zu Schrott. Ein komplexes Verwirrspiel entfaltet sich also, mit dem finalen Ziel Penelope um viel Geld zu erleichtern. Doch Penelope hieße nicht Penelope wenn sie nicht eine Variation jener Figur wäre, die die Heimkehr des Odysseus erwarten würde. Um das Spiel der Verweise weiterzuführen sei bemerkt, dass die Namen Stephen und Bloom sich auf Stephen Daedalus und Leopold Bloom aus James Joyces Roman „Ulysses“ beziehen, der selbst eine Version der „Odyssee“ ist. Alles sehr clever ausgedacht und dementsprechend geht es auch nicht einfach um einen Trickbetrug, sondern um die Schwierigkeit eines brillanten Trickbetrügers zwischen Wahrheit und Fiktion zu unterscheiden. Daran krankt Bloom seit frühester Kindheit, verzweifelt zunehmend daran, dass er zu Beginn eines Trickbetrugs eine Frau kennen lernt und verführt, aber nie weiß, ob diese Emotionen echt sind oder nur Teil eines elaborierten Plans.

Das Hauptproblem des Ganzen ist nun, dass der Zuschauer schnell merkt, dass sich hinter praktisch jeder scheinbar wahrhaften Emotion mit großer Wahrscheinlichkeit eine neue Täuschung befindet, die aber möglicherweise bald durch eine weitere Wendung in Frage gestellt wird. Rian Johnson treibt das Spiel immer neuer Enthüllungen und Finten so weit, dass er zwar nicht die Übersicht verliert (alles ergibt einen Sinn, jede Volte ist zumindest im Nachhinein nachvollziehbar), aber zunehmend die Aufmerksamkeit des Zuschauers. Denn wie soll man in eine Figur investieren, mit ihr fühlen, wenn man ohnehin ahnt, dass fast alles gesehene nur Teil eines ausgefeilten Plans ist. Dieses Defizit ist zu Schade, denn „The Brothers Bloom“ ist ansonsten in fast allen Bereichen außerordentlich: Die Schauspieler, die eleganten Bildeinfällen, und die vielen, vielen Hüte.

Michael Meyns