Buddenbrooks

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Vor sieben Jahren drehte Heinrich Breloer mit „Die Manns – Ein Jahrhundertroman“ eine große Fernsehreihe über die bedeutendste deutsche Literatenfamilie. Nun also eine Kinoverfilmung des berühmtesten Romans von Thomas Mann. „Buddenbrooks“ ist in vielerlei Hinsicht so gut wie die Verfilmung eines 750 Seiten langen Stücks Weltliteratur sein kann, ein wirklich guter Film ist er allerdings nicht.

Webseite: www.buddenbrooks-derfilm.de

Deutschland 2008
Regie: Heinrich Breloer
Buch: Heinrich Breloer, Horst Königstein, nach dem Roman von Thomas Mann
Kamera: Gernot Roll
Schnitt: Barbara von Weitershausen
Musik: Hans P. Ströer
Darsteller: Armin Müller Stahl, August Diehl, Jessica Schwarz, Mark Waschke, Iris Berben, Justus von Dohnanyi, André Hennicke
Länge: 151 Minuten, Format: 1:2,35 (Scope)
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 25. Dezember 2008
en

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Eines der berühmtesten Bücher deutscher Sprache, „Buddenbrooks“, im Untertitel Verfall einer Familie, 1901 erschienen, der Debütroman von Thomas Mann, ausreichender Grund für den Literaturnobelpreis. Gut 750 Seiten lang, mehrere Generationen überspannend, unzählige Figuren, Ereignisse und Schauplätze. Dazu ein zutiefst persönliches, autobiographisches Werk, das kaum verklausuliert die Geschichte der Familie Mann erzählt. Eigentlich muss man nicht erneut die ewige Diskussion aufwärmen, ob solch ein Stück Literatur überhaupt verfilmbar ist. Und man muss es doch tun, denn etliche der Stärken der literarischen Vorlage sind die Schwächen der Verfilmung.

Aber fangen wir mit dem Positiven an, von dem es nicht wenig gibt. Die Schauspieler sind durchweg überzeugend, die Kostüme und Ausstattung makellos. Ganz Lübeck scheint sich in den Dienst dieser Verfilmung gestellt haben, moderne Straßenzüge wurden mit alten Steinen gepflastert, vor dem Holstentor entstand ein Markt, wie aus dem 19. Jahrhundert, es ist ein Fest für die Augen. Zumal es Heinrich Breloer – der hier nach jahrzehntelanger Arbeit beim Fernsehen zum ersten Mal fürs Kino inszeniert – in Zusammenarbeit mit seinem Stammkameramann Gernot Roll gelungen ist, wahre Kinobilder zu finden. Auch wenn das Fernsehen co-produziert hat und bald ein längerer Zweiteiler zu sehen sein wird (wie es heutzutage bei deutschen Produktionen dieser Größenordnung offenbar unvermeidlich geworden ist), gehören diese „Buddenbrooks“ unbedingt ins Kino. Wobei die Qualität der Inszenierung nicht darin liegt, die schwelgerische Ausstattung einfach abzufilmen. Gerade in den Dialogszenen entwickeln Breloer und Roll eine bemerkenswerte Bildsprache. Nur äußerst selten greifen sie auf konventionelle Schuss/ Gegenschuss-Einstellungen zurück. Meistens aber nutzen sie die ganze Breite der Scopeleinwand für komplexe Kompositionen, in denen oft eine Figur, leicht angeschnitten, den Vordergrund dominiert, eine andere, mit teils wechselnder Schärfe, den Hintergrund. Zu diesem Grundprinzip der Kadrage findet die Kamera oft auch aus der Bewegung heraus, was den Bildern eine bemerkenswerte Dynamik verleiht.

Stilistisch besitzen diese „Buddenbrooks“ fraglos Kinoformat, erzählerisch allerdings sind sie pures Fernsehen. Ganz nah am Buch bewegt sich der Film, komprimiert ein wenig und hakt doch penibel alle wichtigen Ereignisse der Vorlage ab: Es wird geheiratet, gestorben, geliebt, verlassen, gefeiert, getanzt, getrunken, musiziert, investiert, Bankrott gemacht, geboren und noch mehr gestorben. Das ist – aus den oben genannten Gründen – alles schön anzusehen, für kurze Momente auch berührend und ergreifend, andere Szenen wiederum öffnen interessante Bezüge dieser Familiengeschichte zur modernen Welt, plätschert aber auf Dauer einfach nur dahin. Aber, womit wir wieder bei der Frage nach dem Sinn einer solchen Literaturverfilmung wären, wie sollte es auch nicht? Will man einen so komplexen Roman wie die „Buddenbrooks“ verfilmen und will man das nicht als umfangreiche Fernsehserie tun, in der man sich durchaus einmal eine Folge lang auf das Schicksal einer einzelnen Person konzentrieren kann, dann bleibt nur eine Wahl. Und genau das macht dieser Film. Ohne Rücksicht auf narrative Struktur, auf filmische Erzählbögen, auf Figuren, die nur gelegentlich auftauchen, mit einer Szene abgehandelt werden und wieder für 20, 30 Minuten verschwinden, prescht Breloer durch Thomas Manns Werk. Von der Oberfläche der Vorlage hat vieles den Weg ins Kino gefunden, von der Komplexität des Romas allerdings nur allzu wenig. So fehlt dieser Verfilmung der „Buddenbrooks“ eigentlich wenig und doch so vieles.

Michael Meyns

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