Comme un chef

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Frankreich – ein Paradies für Cineasten und Gourmets zugleich. Doch auch hinter der eleganten Fassade der Nobel-Restaurants spielen sich oft heftige Machtkämpfe und persönliche Triumphe wie Tragödien ab. Daniel Cohen zeigt in „Comme un chef“ vor allem die lustige Seite des Zusammenpralls von Exzentrikern hinter dem Herd – und ihm gelingt ein beschwingt erzählter und anrührender Film über Leidenschaften, Kreativität und Idealismus.

Webseite: www.senator.de

Frankreich 2012
Regie: Daniel Cohen
Buch: Daniel Cohen, Olivier Dazat
Darsteller: Jean Reno, Michaël Youn, Raphaëlle Agogué, Julien Bouisselier
Filmlänge: 84 Minuten
Verleih: Senator
Kinostart: 07. Juni 2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Es ist zwar ein Klischee, aber wenn die nationale und internationale Kinoproduktion der Maßstab sein soll, dann stimmt es vermutlich sogar: Mit dem Kulinarischen und dem echten Feinschmeckertum haben die Deutschen, im Vergleich zu ihren Nachbarn im Südwesten, eher wenig am Hut. Außer Fatih Akins „Soul Kitchen“ hat in jüngerer Vergangenheit kein halbwegs populärer Film aus Deutschland die Melange aus Essen und Erzählung gewagt.

Daran scheint auch die Sektion „Kulinarisches Kino“ der Berlinale bis jetzt wenig geändert zu haben, die stets zu Film und Dinner lädt und in diesem Jahr von „Comme un chef“ eröffnet wurde. Jean Reno spielt darin den legendären Sternekoch Alexandre Lagarde, der wenig hält von modischem Schnickschnack wie der Molekularküche und sich, was seine Kreationen betrifft, lieber auf Altbewährtes verlässt. Dem grünschnabeligen Stanislas Matter (Julien Bouisselier), neuer Geschäftsführer des Konzerns, zu dem Lagardes Restaurant gehört, ist dieser widerspenstige Dinosaurier ein Dorn im Auge – zu gern würde er ihn durch einen trendigen Newcomer ersetzen, der auch noch, mon Dieu, britischer Abstammung ist! Und Stanislas hat eine Vertragsklausel entdeckt, die es ihm erlauben würde, Lagarde vor die Tür zu setzen: Verliert er einen Stern, ist der Altmeister weg vom Fenster. In wenigen Tagen schon stehen die Kritiker vor der Tür, und die fahren, so lautet das Gerücht, total ab auf die Molekularküche...

Wenn auch Regisseur Daniel Cohen immer wieder die französisch-komödiantische Tradition seines Filmes betont, mit Vorbildern wie „Scharfe Kurven für Madam“ oder „Brust oder Keule“ mit Louis de Funès, so werden die Kenner von Akins Film doch zumindest die Figur des streitbaren Küchenchefs wiedererkennen, der noch jeden bodenständigen Imbissbesucher zum Gourmet umerziehen möchte. Michaël Youn spielt mit einem perfekt auf die Figur passenden melancholisch-träumerischen Blick den Jacky Bonnot, einen talentierten Koch, werdenden Vater und großen Fan von Lagarde, der durch einen Zufall die Chance bekommt, bei seinem Idol zu arbeiten. Und es stellt sich heraus, dass Jacky vielleicht der einzige ist, der Lagarde und dessen Restaurant retten kann. Dumm nur, dass er seiner schwangeren Dauerfreundin Beatrice (Raphaëlle Agogué) versprochen hat, keinen sicheren Job mehr für seine Leidenschaft am Herd aufzugeben.

Am schwächsten ist Cohens Film in den wenigen Momenten, in denen er versucht, in seine Szenen eine Turbulenz hineinzuzwingen, die die mit sympathisch leisem Humor erzählte Geschichte unnötig hysterisiert. Dem kantigen Jean Reno, der freilich in vielen seiner Rollen eine zarte, subtile, auch lustige Seite hinter der harten Schale verbirgt, liegen der Slapstick und die Travestie ohnehin nicht sonderlich. Und auch Michaël Youn, ein routinierter Komödiant, macht etwa als japanische Diplomatengattin, die beim neuen Molekularküchen-Superstar spionieren geht, eine eher alberne Figur.

Wo Cohen aber seine Figuren ernst nimmt und in den sich ausweitenden Konflikten um Rezepte, finanziellen Druck und Beziehungsstress hinter aller Komik auch eine tragische Seite aufscheint – ausgerechnet dort gewinnt der Film nicht nur das Interesse des Zuschauers, sondern auch eine Leichtigkeit des Erzählens, die ihm ausgesprochen gut tut. Und im Kino wie in der Küche gilt bekanntlich: In dem, was am leichtesten aussieht, steckt die härteste Arbeit.

Tim Slagman

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