Confessions – Bekenntnisse eines jungen Zeitgenossen

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Die singende Schauspielerin Charlotte Gainsbourg und der nun erstmals auch schauspielernde britische Rockstar Pete Doherty (Babyshambles, The Libertines) als Liebespaar gemeinsam vor der Kamera, das lässt zunächst einmal aufhorchen. Mehr noch, als weitere Stichworte wie ausschweifende Orgien, Exzesse und Sehnsucht nach wahrer Liebe, ideal zu Doherty in der Rolle des von Selbstmordgedanken geplagten Müßiggängers Octave zu passen scheinen. Bekennen muss man allerdings: der gelangweilte Skandalbursche mag sich zwar in seiner Rolle gefallen, die Langeweile überträgt sich nach Sichtung des emotional unterbemittelten Seelenpeinigerdramas trotz malerischer Bilder und stimmigem Soundtrack aber auch auf den Betrachter.

Webseite: www.farbfilm-verleih.de

Frankreich, Deutschland, Großbritannien 2012
Regie: Sylvie Verheyde
Darsteller: Pete Doherty, Charlotte Gainsbourg, August Diehl, Lily Cole, Volker Bruch, Guillaume Gallienne, Karole Rocher
115 Minuten
Verleih: Farbfilm
Start am 20.6.2013

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Mit einem Duell eröffnet Regisseurin Sylvie Verheyde („Stella“) ihre Verfilmung der (halb)autobiografischen Romanvorlage „Bekenntnisse eines jungen Zeitgenossen“ des Franzosen Alfred de Musset, erschienen 1836. Octave (Pete Doherty), der traurige Held, ist in seiner Ehre gekränkt, als er erfährt, dass ein Konkurrent mit der Dame seines Herzens (Lily Cole) geturtelt hat. Beim ehrenhaften Mann-gegen-Mann-Pistolenduell wird Octave äußerlich von einer Kugel verletzt, innerlich aber wirkt er nun wie tot. Das verloren geglaubte Gefühl angeblich wahrer Liebe entdeckt er erst wieder, als er nach dem Tod seines Vaters auf dem Land die junge Witwe Brigitte (Charlotte Gainsbourg) kennen lernt.

Die sehenswerten Bilder, weichgezeichnet und in einen sanften Schleier gehüllt als stünde ein Schüler David Hamiltons hinter der Kamera, bezeugen die Entrücktheit und Melancholie dieser Liebesgeschichte gegenüber dem Leben jener Tage. Mag sein, dass man damals mit Gefühlen nicht hausieren ging, eher schwieg als sich darüber äußerte – oder eben gleich zu drastischeren Maßnahmen wie einem Duell schritt. Verheyde lässt in der von Octave zeitweise aus dem Off kommentierten Geschichte über Leben und Tod nur erahnen, was den unglücklichen Freigeist ebenso wie die von ihm Angebete und ein paar Jahre ältere Witwe anzieht. Dass sich hinter ihrer Figur die französische Schriftstellerin George Sand (einige Jahre nach ihrer Liaison mit de Musset die Lebensgefährtin von Frédéric Chopin) verborgen haben soll ist zwar ein interessantes Detail, mehr aber auch nicht.

Während Gainsbourg noch eine gewisse Wandlung durchläuft, variiert August Diehl als Octaves dandyhafter Freund nur mehr die Rolle des durchtriebenen Partyhengstes. Und Volker Bruch darf in einer kleinen Nebenrolle einen Bekannten der Witwe spielen, der allerdings nicht viel zu sagen hat oder nichts sagen will, so ganz schlau wird man da nicht. Seine Zurückhaltung lässt sich aber vermutlich damit erklären, dass mit der Eifersucht Octaves nicht zu Spaßen ist. Doherty bringt das schauspielerisch jedoch nicht wirklich rüber.

Weitaus aufregender klingt da doch die Nachricht, dass der skandalumwitterte britische Musiker und Diehl während den zur Faschingszeit abgelaufenen Dreharbeiten in Regensburg nach einer ausgiebigen Kneipentour die Scheibe eines Altstadtladens eingeschlagen und eine Gitarre sowie eine Schallplatte gestohlen haben sollen. Zum Bild einer gelangweilten, nach Exzessen und Herzschlagmomenten gierenden Generation mag das passen, ebenso der Rausch, in dem die Sehnsucht nach Liebe ebenso wie die Verzweiflung ertränkt werden. Die Behörden verfolgten den Vorfall damals wohl nicht weiter, nachdem wegen des Alkohols Schuldunfähigkeit festgestellt worden war.

Für den Film hätte man sich solche Momente durchaus wünschen können. Doch weder sieht man Octave, wie er sich in der Pariser Gesellschaft ins Leben stürzt noch wie sich Emotionen auf seinem apathischen Gesicht spiegeln würden. Als Sittengemälde taugt Verheydes brav und prüde geratener Kostümfilm also nicht, sondern erweist sich in seiner Gleichgültigkeit genau so wie die Überdrussgesellschaft, die zu porträtieren sie eigentlich vorhatte.

Dass Doherty, der wie de Musset zu seiner Zeit als Symbol eines geheiligten ebenso wie verdammten Poeten gilt, dann noch einen Song („Birdcage“) im Abspann beisteuern darf, ist trotz allem eine nette Geste und sicher auch eine gute Nachricht für seine Fans. Sein Song fügt sich jedoch wie ein Fremdkörper an den ansonsten gelungenen Soundtrack von „NousDeux the Band“ mit wie die Bilder zwischen Verträumtheit, Sehnsucht und Weltschmerz in Watte gepackten Streicherklängen an.

Thomas Volkmann