Das hält kein Jahr!

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Sascha Baron Cohens kreativer Wegbegleiter Dan Mazer („Da Ali G Show“, „Borat“) schuf mit seinem Regiedebüt eine hinreißend komische, respektlose und konsequent andere Komödie, die herrlich unverkrampft mit den Gesetzen der Romantic Comedy spielt. Wo andere Geschichten meist enden – mit dem Ja-Wort vor dem Traualtar –, setzt Mazers Film überhaupt erst ein. Derbe Anzüglichkeiten, intelligenter Wortwitz, Slapstick und sogar Culture-Clash-Gags – „Das hält kein Jahr..!“ bietet die ganze Bandbreite britischen Humors.

Webseite: www.dashaeltkeinjahr.studiocanal.de

OT: I give it a Year
GB 2012
Regie & Drehbuch: Dan Mazer
Produktion: Tm Bevan, Eric Fellner, Kris Thykier
Darsteller. Rose Byrne, Rafe Spall, Anna Faris, Simon Baker, Minnie Driver, Jason Flemyng
Laufzeit: 97 Minuten
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 18.4.13

PRESSESTIMMEN:

"Extrem englische Komödie um ein junges Paar. Eifert dem Vorbild 'Vier Hochzeiten und ein Todesfall' nach."
BRIGITTE

FILMKRITIK:

Kaum eine romantische Komödie kommt ohne mindestens eine Hochzeit samt obligatorischer Szene am Traualtar aus. Legt man nur dieses eine Kriterium an Dan Mazers „Das hält kein Jahr..!“ an, dann erscheint sein Film zunächst wie ein recht typischer Vertreter seines Genres. Allein der Umstand, dass bereits in Minute zwei geheiratet werden darf, sollte misstrauisch machen. Noch misstrauischer wird man, wenn man Mazers filmische Vita und sein nur bedingt massenkompatibles Humorverständnis kennt. Denn der Mann ist vor allem für seine langjährige Zusammenarbeit mit Komödien-Anarchist Sacha Baron Cohen bekannt. Als Produzent und Autor der „Ali G Show“, von „Borat“ und „Brüno“ vertraute er bislang eher auf derbe Gags und satirische Breitseiten. Und tatsächlich verlässt sein Regiedebüt schon mit der Titeleinblendung den Pfad braver und meist recht biederer Komödienkost.

Denn obwohl Nat (Rose Byrne) und Josh (Rafe Spall) ziemlich schnell entschieden haben, zueinander „Ja“ sagen zu wollen, sind ihre Freunde vom Bestand des jungen Glücks eher weniger überzeugt. Aus dieser Vorahnung wird bereits nach wenigen Monaten Gewissheit. Nat und Josh sind einfach zu unterschiedlich, was beinahe täglich neue Konflikte und Streitigkeiten heraufbeschwört. Schließlich finden sich beide vor einer Paartherapeutin wieder, die allerdings auch nur den wenig romantischen Rat bereithält, sich möglichst rasch zu trennen. Dass sich Nat Hals über den Kopf in den attraktiven Erben (Simon Baker) eines Bleichmittel-Imperiums verliebt und Josh immer noch mit seiner Ex (Anna Faris) Zeit verbringt, scheint ihrer Ehe den endgültigen Todesstoß zu versetzen.

Die Idee hinter „Das hält kein Jahr..!“ ist so simpel wie genial. Mazer drehte die Dramaturgie der konventionellen romantischen Komödie einfach um. Statt das Publikum mitzufiebern zu lassen, wie zwei Menschen endlich zueinander finden, folgt seine zwischen Brachialkomik und intelligenter Ironie oszillierende Beziehungsstudie der umgekehrten Logik. Früher oder später sehnt man sich die Trennung von Nat und Josh förmlich herbei, zumal beide doch mit anderen Partnern endlich glücklich sein könnten. Die Installation von Simon Bakers charmantem Geschäftsmann und der von Anna Faris hinreißend verkörperten Chloe ist zugleich das romantische Hintertürchen, das sich Mazer von Beginn an offenhält. Auch wenn er eigentlich vom Zerfall einer Ehe und Liebe erzählt, soll die Geschichte doch auf ein Happy End zusteuern und „Das hält kein Jahr..!“ als Wohlfühlfilm funktionieren.

Beides ist hier garantiert. Dabei jongliert Mazer sehr souverän mit den Versatzstücken und Gesetzen des Genres, die er erst auseinandernimmt und dann neu und ziemlich frech wieder zusammensetzt. Dass sein Film ausgerechnet von Working Title ko-produziert wurde – dahinter stecken die Macher von konventionellen Erfolgskomödien wie „Notting Hill“ und „Bridget Jones“ –, mag man bisweilen kaum glauben. Schließlich wirkt Mazers respektlose Romantikdekonstruktion fast wie die logische Antithese zu einer Julia Roberts- und Hugh Grant-Romanze. Und obwohl „Das hält kein Jahr..!“ letztlich ein sehr britischer Film geworden ist, scheint er vor allem mit den Komödien Judd Apatows verwandt. Beide lassen an der Liebe zu ihren Figuren trotz all ihrer Fehler nie einen Zweifel.

Marcus Wessel

Als Nat und Josh heiraten, sagt ein Hochzeitsgast schon in der Kirche, „denen gebe ich ein Jahr“. So ganz ohne Berechtigung ist das nicht, denn die beiden kennen sich erst kurz und haben sich schon Hals über Kopf in die Ehe gestürzt.

Josh ist Schriftsteller und hat schon eine erfolgreiche Veröffentlichung hinter sich, sonst aber ist, außer dass er meist zu seinem eigenen Vergnügen Witze von sich gibt, nicht viel mit ihm los. Er wirkt eher kindisch. Nat ist flotter, geschäftstüchtiger und anziehender als ihr Mann.

Mit der Ehe geht es ziemlich rapide bergab. Neun Monate sind es jetzt, aber vom Glück ist nicht viel geblieben. Da trifft Nat geschäftlich auf Guy, einen eleganten und sympathischen Verführer, dem sie nicht lange widerstehen kann. Josh seinerseits begegnet seiner alten Flamme Chloe, und schon ist es wieder geschehen.

Beide Ehepartner tun eine Weile noch so, als dürften und könnten sie nicht fremd gehen – obwohl sie sich bereits nichts sehnlicher wünschen als die Trennung.

Freunde und Verwandte gibt es auch, Naomi und Hugh zum Beispiel, die in einer schönen Hass-Liebe miteinander verbunden sind und diese zum Entsetzen aller oft demonstrieren. Oder der witzig-schlüpfrige Danny, Josh’s „schlimmster bester Freund der Welt“.

Nach einem Jahr haben Nat und Josh es endlich geschafft, wieder auseinander zu sein. Aber die nächsten Partner warten ja schon.

Am Schluss steht also nicht wie in den meisten romantischen Komödien das Happy End sondern das Gegenteil. Auf den Kopf gestellt wird auch sonst vieles in diesem Film, der sich vor allem im Dialog sehr witzig gibt, was nicht verwundert, denn er kommt aus einem Stall, in dem beispielsweise auch Sacha Baron Cohen („Borat“ und „Brüno“) tätig ist (oder war). Manches ist bewusst dreist und anstößig, manches von erheblicher Vulgarität. Es besteht allerdings der Verdacht, dass da auch die deutsche Synchronisation ein wenig mitgespielt hat.

Doch was die Figuren angeht, die sind charakterlich gut gezeichnet, und an humorvollen Einfällen und Szenen mangelt es nicht. Autor und Regisseur Dan Mazer dürfte mit seinem dramaturgischen Debüt Erfolg haben.

Rose Byrne (Nat), Rafe Spall (Josh), Anna Faris (Chloe), Simon Baker (Guy), Minnie Driver (Naomi), Jason Flemyng (Hugh) oder Stephen Merchant (Danny) spielen das entsprechend.

Eine witzige, leicht ordinäre, „massenkompatible“ Trennungskomödie.

Martin Schmidt