Die Alpen – Unsere Berge von oben

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Und weiter geht’s in der allseits beliebten Filmreihe „Von oben“: Nachdem Helikopter mit den stilprägenden Cineflex-Kameras über Deutschland, Nord- und Ostsee geflogen sind, freuen sich Bergfans diesmal auf die Alpen. Im Gegensatz zu den anderen Genre-Vorgängern legen die Regisseure Peter Bardehle und Sebastian Lindemann ihren Schwerpunkt auf die kritische Auseinandersetzung zwischen Mensch und Natur. Ihre Doku ist gewohnt optisches Spektakel, doch bei dieser atmosphärischen Flugshow mit seinen rauschhaften Bildern begleitet die Zuschauer auch ein mahnender Unterton.

Webseite: www.diealpen-vonoben.de

Deutschland 2013
Regie: Peter Bardehle & Sebastian Lindemann
Länge: 94 Minuten
Verleih: Alamode
Start: 12.9.2013

PRESSESTIMMEN:

"'Wir zeigen dir Dinge, die du kennst, aber so noch nicht gesehen hast. Das wird ein Spektakel': Das versprechen Naturdokumentationen", sagt Thomas Nachreiner von der Universität Erlangen. Der Film Die Alpen – Unser Berge von oben löst dieses Versprechen durchaus ein."
Die Zeit

FILMKRITIK:

„Wenn die Berge zu sehr gekitzelt werden, dann schütteln sie die Menschen ab“, heißt es metaphorisch drohend an einer Stelle im Film. Trotz Lawinengefahr, schmelzender Gletscher, dünner Höhenluft und tödlichen Felsspalten zieht es alljährlich aber trotzdem Tausende von Menschen in die Alpen. Die meisten kommen zum Skifahren, viele zum Wandern und einige Wenige erklimmen sogar die Bergspitzen des Matternhorns oder des Mont Blancs. Der Mythos des Bergsteigens und vor allem die Frage, was Menschen dort oben eigentlich suchen, nehmen die beiden Regisseure Peter Bardehle und Sebastian Lindemann als Steilvorlage für ihren Film, der dadurch etwas Metaphysisches bekommt, statt einfach nur als filmischer Rundflug über die Alpen zu glänzen.

Natürlich kommen die Highlights vor, die nicht fehlen dürfen, wenn man einen allumfassenden Film über die Alpen macht: Die Dolomiten in Südtirol, der Stausee im Verzascatal (der Dank des James-Bond-Films „GoldenEye“ weltberühmt ist), die Eiger-Nordwand, das Matterhorn, der Mont Blanc. Wie bereits in anderen „Von oben“-Filmen kommt auch hier die mittlerweile gängige Cineflex-Kamera zur Geltung, die am Helikopterbauch angebracht ist und unabhängig von Windböen, Rucklern oder Wacklern bedient werden kann. Vor allem die Zoom-Qualität sorgt für erstklassige, digitale Bilder, die in den Bergen auf wunderbare Details hinweisen kann, wie etwa Freeclimber, Freerider (todesmutige Ski-Alleskönner, die abseits der Pisten fahren) oder gar Seiltänzer, die zwischen zwei Felsen balancieren.

Doch statt die Alpen lediglich als Naturwunder zu glorifizieren, ist die Tonart des Films ein deutlich kritischerer. Man sieht fußballfeldgroße Kunststoffmatten auf dem Stubaier Gletscher in Österreich, die das Schmelzen der Eismassen verzögern soll. Der Stausee im Tessiner Verzascatal mag zwar Touristen locken, doch in Wahrheit lässt er Nebenflüsse austrocknen. Auch die Menschenmassen, die jeden Winter in Sölden einfallen, würden – wenn es nach dem Willen der Filmemacher ginge – hier nicht unbedingt mit Kusshand empfangen werden. Die dringliche Frage, was wohl mit den Menschen in den Bergen passiert, wenn die Touristen eines Tages nicht mehr kommen, weil kein Schnee mehr fällt, wird auch hier gestellt.

Man kann die Energie der Berge, ja sogar das Alpenglühen aber trotzdem erahnen, manchmal sogar ein wenig spüren. Einmal erlebt man die luftigen Höhen sogar aus dem Blickwinkel eines Adlers, dem eine Mini-Kamera auf den Rücken geschnallt wurde. Trotz seines mahnenden Tones lebt die Dokumentation von seinen atmosphärischen und rauschhaften Bildern, die auch eine Antwort auf die Frage finden, was den Menschen immer in die Berge zieht: „Berg ist niemals Alltag, sondern macht den Kopf frei für neue Horizonte.“

David Siems

Dokumentarfilme sind unzählige in Umlauf, und doch gibt es immer wieder neue, die anzuschauen sich lohnt. „Die Alpen – Unsere Berge von oben“ gehört dazu.

Entstanden ist dieses Gebirge vor vielleicht hundert Millionen Jahren, als Erdplatten miteinander kollidierten. Das Meer verschwand, die Berge waren da, sich vom Norden des Balkans bis zum französischen Mittelmeer erstreckend.

Mit einer Spezialkamera vom Hubschrauber aus gelangen den Machern informative Bilder: von den Steinformationen, von den (stark gefährdeten) Gletschern, von den felsigen oder schneebedeckten Bergspitzen, die bis fast 5000 Meter reichen, von den beblumten grünen Bergwiesen – Aufnahmen wie aus dem Bilderbuch.

An vielen Orten ist die Welt noch in Ordnung: einsame Plätze, Bauern bei der Arbeit und Bauernhöfe, Almauftrieb des Viehs, kreisende Adler, ab und zu auch Bergsteiger und Kletterer, die an manchen steilen Wänden für ihre Leidenschaft sogar das Leben riskieren.

Das Ganze hat allerdings auch eine Kehrseite. Viele schöne Plätze sind verbaut. Die Touristen kommen vor allem im Winter zum Ski fahren in solchen Massen, dass einem Angst werden kann, von dem, was sie zurücklassen, gar nicht zu reden. Und zur Sommerzeit sieht man beispielsweise einen Bergradler, der den Weg, den er herabfährt, auf langen Strecken aufreißt. So etwas gehört verboten.

Doch es gibt auch Tröstlicheres: Gipfelkreuze, Klöster, Kirchen. Und ein spezielles Bergbewusstsein. „Wir bezwingen nicht den Berg, sondern uns selber“ (erster Mount Everest-Bezwinger Hilary).

Wer immer fern von den Seilbahnen in der Abgeschiedenheit einen Berg besteigt, hat mit Sicherheit ebenso einen sportlichen wie einen inneren Gewinn.

Auf jeden Fall ein informativer Dokumentarfilm, der einem die Schönheit deutlich macht – und auch das Gegenteil. Einen Nachteil hat er: Ihm fehlt ein wenig die Systematik; manches ist durcheinander wie Kraut und Rüben. Doch die Vorteile überwiegen.

Thomas Engel