Dinosaurier – Gegen uns seht ihr alt aus

Zum Vergrößern klicken

Faustdick haben sie es hinter den Ohren, die Senioren in Leander Haußmanns neuer Komödie. Mit einer Riege altbekannter deutscher Komiker wie Nadja Tiller, Walter Giller, Ralf Wolter und als Hauptdarstellerin Eva-Maria Hagen hat er Bernhard Sinkels preisgekrönten Film „Lina Braake“ aus dem Jahr 1974 neu inszeniert. Ganz um altersgebrechliche Klischees kommt das einer profitgierigen Investorengruppe ein Schnippchen schlagende Schelmenstück nicht herum.

Webseite: www.dinosaurier.film.de

Deutschland 2009
Regie: Leander Haußmann
Darsteller: Eva-Maria Hagen, Ezard Haußmann, Walter Giller, Nadja Tiller, Horst Pinnow, Daniel Brühl, Tom Gerhardt, Ralf Wolter, Steffi Kühnert, Benno Fürmann
105 Minuten
Verleih: Constantin
Start am 24.12.09
 

PRESSESTIMMEN:

...

FILMKRITIK:

Die Erkenntnis, dass Banken in ihrer Profitgier auch vor alten Menschen keine Skrupel haben, ist beileibe nicht neu. 1974 jedenfalls drehte Bernhard Sinkel die Tragikomödie „Lina Braake“ mit damals Lina Carstens in der Hauptrolle. Sie war damals Mieterin mit einem testamentarisch verbrieften Wohnrecht auf Lebenszeit, das sie wegen einer versäumten Frist jedoch verwirkte. Nun hat Leander Haußmann – bekannt durch Filme wie „Sonnenallee“, „Herr Lehmann“ und „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ – den Seniorenklassiker ausgegraben. Die zu beklagende Seniorin ist nun ein paar Jährchen jünger und Eigentümerin eines mit noch ein paar wenigen Hypotheken belasteten Häuschens. Das aber wird ihr von Daniel Brühl als Dauerwellen tragendem Karrierebanker in seiner ersten rein komödiantischen Rolle nach einem Beratungsverwirrspiel abgeluchst. Eine Kritik am oft undurchsichtigen Vertragswesen von Banken (und Versicherungen) ist da offensichtlich. Nicht das Wohl des Kunden steht im Vordergrund, sondern das der Geldinstitute. An diesem Verhalten rächt sich „Dinosaurier“ nun.

Es braucht ein Weilchen, bis das ursprünglich für den amerikanischen Markt neu geschriebene Drehbuch (Mark Kudlow) ins Rollen kommt. Der Einzug der schüchternen, eher konservativen und ordentlichen 75-jährigen Lena ins Altersheim nach der Enteignung ihres schnuckeligen Häuschens mit kleinem Gartenanteil in Sichtweite zum Berliner Fernsehturm durch die Bank ist verknüpft mit der Schilderung etlicher hierzu nur denkbarer Klischeebilder. Doch dann nimmt das Schelmenstück von der senilen Rentnerbande - für die Haußmann eine Garde bekannter deutscher Schauspiel- und Komikerdinosaurier wie Walter Giller, Ralf Wolter, Nadja Tiller, Ingrid van Bergen und als neue Lena Eva-Maria Hagen gewinnen konnte - und wie sie den Investmentbankern in die Parade fahren, doch noch an Fahrt auf. Übrigens: mit James Last war auch für die Musik ein Oldie zuständig.

Die Alten werden dabei agiler und gewitzter dargestellt, als man (die Heimleitung unter der Regie von Tom Gerhardt) ihnen das zutrauen mag. Aus diesem Unterschied zwischen Sein und Schein zieht „Dinosaurier“ zu einem großen Teil seinen Witz. Unter dem Motto „Etwas tun gegen die Altersdepression“ hecken die Heiminsassen unter der Leitung vom durchtriebenen Johann Schneider als Pflegestufenschwindler (gespielt vom Vater des Regisseurs, Ezard Haußmann) – dessen Figur in Anlehnung an den Immobilienspekulanten Jürgen Schneider entstand – einen Plan aus. Mit ihm soll verhindert werden, dass Bank und Investoren auch noch an das letzte bewohnte Grundeigentum auf dem für ein neues Einkaufszentrum geplanten Gelände kommen.

Ähnlich wie zum Beispiel auch Lars Büchels „Jetzt oder nie (Zeit ist Geld)“ aus dem Jahr 2000, in dem ein Trio von Rentnerinnen bei einem Banküberfall an die ihnen zuvor gestohlenen Ersparnisse für eine Kreuzfahrt ergattern will, greift auch Leander Haußmann auf einen Katalog altersspezifischer Gags zurück. Man muss sich allerdings fragen, wen Haußmann hier ins Kino locken will: ein jüngeres Publikum, das Darsteller wie Giller, Tiller und Wolter gar nicht kennt? - ganz gewiss nicht. Vielleicht hat deshalb Benno Fürmann einen Miniauftritt mit kurzer Rauscherfahrung erhalten. Wie dem auch sei: der Kampf der renitenten Rentner gegen das mächtige Kapital hat nette, wenngleich nicht überbordend komische Momente. Zu hohe Renditeerwartungen aber dürften nicht gegeben sein.

Thomas Volkmann

Remake des alten Bernhard-Sinkel-Films über Lina Braake.

Ein skrupelloser junger Banker, ein Investitionshai, einer von denen, die uns in die Wirtschafts- und Kreditkrise gestürzt haben, luchst Lina durch Manipulation ihr Häuschen ab. Bleibt nur noch das Altersheim.

In diesem herrscht Peter Piretti, der die Bewohner für ungeschickt, doof und aufsässig hält. Auch wenn er sie einigermaßen korrekt und liebenswürdig behandelt.

Lina will weder im Altersheim bleiben noch den Betrug des Bankers ungestraft lassen. Da trifft es sich gut, dass einer der Insassen, Johann Schneider, sowohl ein Mann mit (origineller) krimineller Energie als auch rasch in Lina verliebt ist.

Sie tun sich zusammen, und bald schließen sich auch die übrigen Altersheimler an, da können Piretti und die Krankenschwestern zetern wie sie wollen. Denn das Wichtigste ist jetzt, die Bank übers Ohr zu hauen, den schon bereitstehenden Grundstücksspekulanten die Suppe zu versalzen, 250 000 Euro sicherzustellen, Lina ihr Häuschen wieder zurückzugeben, das Altsein zu vergessen, neue Lebenskraft zu gewinnen und auch die Liebe zwischen Schneider und Lina nicht zu kurz kommen zu lassen.

Was natürlich in einer Komödie auch gelingt.

Der Klamauk fehlt keineswegs, aber insgesamt gesehen ist das doch ein ganz lustiger Film geworden. Leander Haussmann ist ein zu versierter Künstler, als dass er etwas nur Triviales abliefern würde. Also bekommen zuerst einmal die Verursacher der Finanzkrise eins übergebraten. Und außerdem werden die Alten nicht abgeschrieben, sondern für voll genommen – auch wenn eine gewisse Karikatur der Zustände in einem Altersheim damit einhergeht.

Zwei der Darsteller sind sowieso top. Eva-Maria Hagen gibt eine wunderbare Lina Braake ab, Ezard Haußmann (der Vater des Regisseurs) ist im Westen eine schauspielerische Überraschung. Den beiden Hauptdarstellern zuzuschauen und zuzuhören ist ein Vergnügen.

Doch damit nicht genug. Die Produzenten haben eine Schar gestandener Mimen versammelt, die man so noch nie zusammen spielen sah: Ralf Wolter, Walter Giller, Nadja Tiller, Ingrid van Bergen, Ignaz Kirchner und andere mehr.

Der mittleren Etage gehören etwa Tom Gerhardt (Piretti) und Steffi Kühnert (Schwester Erika) oder Benno Fürmann (Jo Schwertlein) an. Ein Kabinettstückchen liefert Daniel Brühl als korrupter Banker.

Thomas Engel