Entbehrlichen, Die

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Eine Geschichte, wie das Leben in der Hauptstadt sie tatsächlich bisweilen schreibt: Der elfjährige Jakob entdeckt den toten Vater, hält diese Entdeckung aber wochenlang geheim, aus Angst in ein Heim zu kommen. Aus dieser wahren Begebenheit macht Andreas Arnstedt seinen ersten Spielfilm „Die Entbehrlichen“, der sich bisweilen etwas unglücklich zwischen harschem Realismus und sarkastisch anmutender Übersteigerung bewegt.

Webseite: www.die-entbehrlichen.de

Deutschland 2009
Regie: Andreas Arnstedt
Drehbuch: Andreas Arnstedt
Musik: Contriva & Masha Qrella
Darsteller: Andre Hennicke, Steffi Kühnert, Oskar Bökelmann, Mathieu Carriere, Ingeborg Westphal
Verleih: 3 Freunde Filmverleih
Kinostart: ab 30. September 2010
95 Minuten
 

PRESSESTIMMEN:

Der Film überzeugt mit seinen glänzenden Schauspielern und der fein konstruierten Erzählstruktur.
Zitty

...geht unter die Haut.
Die Zeit

... eine bittersüße Bestandsaufnahme der neuen sozialen Realität der Bundesrepublik Deutschland.
Filmdienst

Engagierte Stimmungsbilder aus Deutschland werden gern an Andreas Dresen delegiert. Jetzt kommt ein anderer Andreas, Andreas Arnstedt, der vorführt, dass... aus man aus dem Leben des Prekariats durchaus starke Stoffe filtern kann.
Berliner Zeitung

Newcomer, aber unentbehrlich : Dokumentarisch, sozialrealistisch, aber auch mit rotzigem, politisch unkorrektem Humor und eigenem Charme… Ein mutiger Film, der nichts beschönigt.
Blickpunkt Film

Aus der Perspektive eines zwölfjährigen Jungen untersucht Regisseur Andreas Arnstedt in Rückblenden das Leben der – wie es im neudeutschen Sozialjargon so schön heißt – „bildungsfernen Schichten“. Er tut das mit einer fast schon unbarmherzigen Präzision und mit großartigen Schauspielern, die dem sozialen Elend ein zutiefst menschliches Gesicht geben.
Tagesspiegel

FILMKRITIK:

Das Drehbuch, mit dem der Schauspieler Andreas Arnstedt um Fördermittel für sein Spielfilmdebüt kämpfte, wurde von den Institutionen abgelehnt. Meistens hat es sich damit, doch Arnstedt ging einen anderen Weg: Er finanzierte ihn mit eigenen Mitteln, alle Beteiligten arbeiteten für zurückgestellte Gehälter und nun kommt „Die Entbehrlichen“ nach zahlreichen Einladungen zu internationalen Festivals doch noch ins Kino. Warum die Förderanstalten das Drehbuch ablehnten, darüber kann man nur mutmaßen. Möglicherweise führt diese Überlegung aber auch weiter. Denn Arnstedts Film ist zwar auf den ersten Blick eine ziemlich gewöhnliche, latent deprimierende Geschichte über die Unterschicht, voll von Alkoholmissbrauch, verdreckten Wohnungen, ratlosen Sozialarbeitern, aber der Tonfall mit dem Arnstedt dieses Bekannte Sujet schildert ist dann doch ungewöhnlich. Zumindest phasenweise.

Oft läuft „Die Entbehrlichen“ wie ein typisches Sozialdrama ab: Der elfjährige Jakob (Oskar Bökelmann) lebt mit seinen Eltern (Andre Hennicke, Steffi Kühnert) – beide Alkoholiker – in einer verdreckten Wohnung. Das Abendessen besteht aus Aufgewärmten und mal mehr, mal weniger aggressiven Schimpftiraden des Vaters, der das Geld der Oma (Ingeborg Westphal) lieber für Schnaps ausgibt, als für die Klassenreise Jakobs. Der hat in der gleichaltrigen Hannah eine gute Freundin, die es mit ihren wohlhabenden Eltern gut getroffen hat. Und dann ist da noch der Holocaust-Überlebende Gerhart Rott (Mathieu Carriere), bei dem der Realismus endgültig aufhört. Komplett vermummt sitzt Rott in seiner Laube auf dem Hinterhof, bemalt Gartenzwerge mit SS-Uniform und wähnt sich noch in Zweiten Weltkrieg.

Ähnlich bizarr überzeichnet wirkt auch Hannahs Familie, die weniger ein Kontrast zur Armut von Jakobs Eltern darstellt, als eine böse überzeichnete Version einer selbstgerechten Wohlstandsfamilie, die ihrer Tochter am liebsten lauthals raten würde, nicht mit dem Schmuddelkind zu spielen. Gerade in diesen satirischen, bisweilen fast zynisch bösen Momenten hat Arnsteds Film seine stärksten Momente, den Rest dominieren die starken Schauspieler. Besonders Hennicke und Kühnert überzeugen als Alkoholkranke, in inniger Hass-Liebe verbundene Eltern, die von einem Moment zum andern zwischen zärtlichen Momenten und blanker Aggression wechseln.

Nicht zuletzt die nicht-lineare Struktur des Films macht seine Qualität aus. Immer wieder springt die Geschichte in der Zeit zurück, zeigt prägnante Momente, die nicht unbedingt erklären was passiert ist, aber doch zeigen, wie vielschichtig die Realität der Familie aussieht. Man kann froh sein, dass Andreas Arnstedt sich von der Absage der Förderanstalten nicht hat abhalten lassen, seinen Film zu drehen. „Die Entbehrlichen“ ist in seiner wechselhaften Tonart, seiner komplexen Struktur vielleicht etwas überambitioniert für einen praktisch ohne nennenswertes Budget entstandenen Debütfilm, aber mit viel Kraft und viel Gespür für seine Darsteller.

Michael Meyns