Entdeckung der Currywurst, Die

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Ende des Krieges 1945 erlebt die Endvierzigerin Lena Brücker mit dem viel jüngeren Marinesoldaten Hermann eine intensive Affäre. Mit dem Ende des Kriegs ist auch die Liebe zu Ende, doch Lena ist durch die Erfahrung zu einer anderen Frau geworden. Basierend auf der Novelle von Uwe Timm inszeniert Ulla Wagner diesen schönen Film, der besonders im Zusammenspiel der beiden Hauptdarsteller überzeugt.

Webseite: www.schwarzweiss-filmverleih.de

Deutschland 2008
Regie: Ulla Wagner
Buch: Ulla Wagner nach der Novelle von Uwe Timm
Darsteller: Barbara Sukowa, Alexander Khuon, Wolfgang Böck, Branko Samarovski, Götz Schubert, Frederick Lau
106 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Schwarz Weiss Filmverleih
Kinostart: 11. September 2008

PRESSESTIMMEN:

...auf film-zeit.de


FILMKRITIK:

Hamburg, im Frühjahr 1945. Der Zweite Weltkrieg ist zwar noch im Gange, doch an den Sieg glaubt kaum noch jemand. Die Endvierzigerin Lena Brücker (Barbara Sukowa) macht da keine Ausnahme. Sie arbeitet in einer Kantine und versucht mittels ihres Improvisationstalents genug Waren herbeizuzaubern, so dass der Koch Holziger (Wolfgang Böck) seine Künste unter Beweis stellen kann. Ihr Mann Gary (Götz Schubert) war schon vor dem Krieg ein Herumtreiber und scheint zwischen den Fronten verschwunden zu sein, ihr fast erwachsener Sohn Jürgen ist als Flakhelfer eingesetzt.

Abgesehen von gelegentlichem Fliegeralarm passiert nichts in Lenas Leben, bis sie eines Tages ins Kino geht. Dort lernt sie den deutlich jüngeren Marinesoldaten Hermann (Alexander Khuon) kennen, der zum Endkampf an der Heimatfront abkommandiert ist und eine Nacht in Hamburg Station macht. Eines kommt zum anderen, nach einem gemeinsam überstandenen Fliegeralarm begleitet Hermann Lena in ihre Wohnung, Lena kocht aus Resten eine Suppe und Hermann bleibt. Erst die Nacht und als Lena ihm anbietet, sich in ihrer Wohnung zu verstecken statt sich im sinnlosen Kampf zu opfern, für länger.

Eine zarte Liebesgeschichte entwickelt sich, deren Ende unausweichlich ist. Lena weiß, dass mit dem Ende des Krieges auch ihre Beziehung zu Hermann vorbei sein wird, er zu Frau und Kind zurückkehren und sie allein lassen wird. Als es dann soweit ist, versucht sie das Ende herauszuzögern, verheimlicht Hermann die Situation und forciert somit den unausweichlichen Eklat.

Weite Teile des Films spielen sich in Lenas Wohnung ab, zeigen das verspielte, zärtliche Zusammensein zwischen Lena und Hermann, das Aufblühen von Lena, später ihre Ängste und Befürchtungen. Dank der beiden starken Hauptdarsteller sind diese Szenen auch die überzeugendsten. Barbara Sukowa zeichnet Lena als zunächst etwas verschüchterte Frau, die durch die Liebe zu einem jüngeren Mann aufblüht und auch nach ihrem Ende zu neuem Selbstvertrauen gefunden hat. Nicht nur, dass sie ihren Ehemann endlich in die Schranken weisen kann, „entdeckt“ sie schließlich gar die Currywurst (historisch allerdings nicht ganz korrekt…) Der bislang vor allem als Theaterschauspieler bekannte Alexander Khuon wiederum wechselt überzeugend zwischen jugendlichem Leichtsinn und Anflügen von Fanatismus, der ihn glauben lässt, dass der längst verlorene Sieg doch noch zu gewinnen ist.

Ulla Wagner ist mit „Die Entdeckung der Currywurst“ ein schön ausgestatteter, gut gespielter Liebesfilm gelungen, der auf angenehm altmodische Weise eine kleine, intime Geschichte erzählt, die das große Ganze spiegelt.
 

Michael Meyns

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Ob Lenas Freund jemals wieder zurückkommen wird, ist alles andere als sicher. Also kann sie es sich schon leisten, den jungen Hermann, eigentlich Marinesoldat, jetzt aber zum letzten Aufgebot an die Heimatfront abkommandiert, nach einem zufälligen abendlichen Kinobesuch mit Luftschutzraum-Unterbrechungen mit nach Hause zu nehmen. Der Schauplatz ist Hamburg. Wir schreiben die letzten Wochen vor dem Kriegsende 1945.

Es dauert nicht lange, bis Lena und Hermann enger verbandelt sind, als eine Zufallsbekanntschaft dies zunächst vermuten ließe. Lena geht auf das Mittelalter zu, Hermann ist voller Jugend und (sexueller) Kraft – kein Wunder also, dass sie ihn bei sich behält, Hermann von da an allerdings als Deserteur gilt.

Die Alliierten haben schon einen großen Teil des Landes eingenommen. Trotzdem: Hermann muss weiter versteckt gehalten werden, denn der Nazi-Blockwart und seine Helfershelfer schnüffeln noch immer herum.

Der „Deserteur“ leidet immer mehr unter seiner Gefangenschaft. Lena allerdings sucht ständig einen Vorwand, ihm die wirkliche Lage zu verheimlichen, denn sie weiß, dass sie andernfalls ihren neuen Freund bald unweigerlich verlieren könnte. Das geht so weit, dass sie ihm tagelang das Kriegsende verschweigt.

Doch dann lässt sich der Abschied nicht mehr umgehen. Lena bleibt in der unmittelbaren Nachkriegs- und Schwarzmarktzeit nur noch ihr Kiosk und „die Entdeckung der Currywurst“.
Die Verfilmung der Geschichte auf der Grundlage von Uwe Timms erfolgreicher Novelle ist gänzlich durch einen einfachen, linearen, besonders auch dem äußeren Charakter der diffizilen damaligen Epoche angepassten Stil geprägt. Das gilt für die Dramatik, das gilt für die Bilder. Man verfolgt die schicksalhafte, kurze, prägende und zeittypische Begegnung aber mit Interesse.

Ein Gewinn ist, dass die weibliche Hauptrolle mit Barbara Sukowa besetzt wurde. Man sieht sie im Kino leider selten, doch wenn man sie sieht, lohnt es sich. Dieser Film ist dafür ein neuer Beweis.

Thomas Engel