Esmas Geheimnis – Grbavica

Zum Vergrößern klicken

Im kargen, trostlosen Sarajevo siedelt die bosnische Regisseurin Jasmila Zbanic ihren Debütfilm Grbavica an. Anhand eines Mutter-Tochter Konflikts erzählt sie von den Wunden, die auch Jahre nach Ende des Krieges noch nicht verheilt sind. Völlig überraschend, aber nicht unverdient, wurde der Film auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet, was ihm die Aufmerksamkeit verleihen sollte, die Film und Thema verdienen.

Webseite: www.esmasgeheimnis.de

Bosnien-Herzegovina, Österreich, Deutschland, Kroatien 2006
Regie: Jasmila Zbanic
Buch: Jasmila Zbanic
Kamera: Christine A. Maier
Schnitt: Niki Mossböck
Darsteller: Mirjana Karanovic, Luna Mijovic, Leon Lucev, Kenan Catic, Jasna Ornela Berry, Dejan Acimovic, Bogdan Diklic
90 Minuten, Format 1:1,85
Verleih: Ventura
Kinostart: 6.7.2006

Preise Filmfestspiele Berlin 2006:
Goldener Bär Bester Film
Preis der ökumenischen Jury, Friedensfilmpreis

Ein INTERVIEW mit der Regisseurin führten u.a. der film-dienst und der Tagesspiegel Berlin

PRESSESTIMMEN:

Ein einfühlsames Frauenporträt...
Gänzlich unaufgeregt, mit Feingefühl und Beobachtungsgabe spürt dieser auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnete Film den seelischen Versehrungen seiner Figuren nach. So behutsam wie beharrlich tastet sich REgisseurin Jasmila Zbanic zum Geheimnis ihrer Heldin vor und lässt die Zuschauer eindringlich spüren, wie schwer es ist, aus dem Schatten eines traumatischen Erlebnisses zu treten.
Der Spiegel

Egal, ob man Esmas Geheimnis längst weiß. Man weiß gar nichts, man muss das sehen.
Tagesspiegel Berlin

Der Berlinale-Sieger aus Bosnien: ein Mutter-Tochter-Drama, das wahrhaftig beeindruckt... Die junge bosnische Regisseurin Jasmila Zbanic versteckt eine große Geschichte in einer scheinbar kleinen, eine Geschichte von Gewalt, Lebenslüge und Traumatisierung, eine Geschichte über Frauen als Opfer des Krieges der Männer. Nicht elegisch, nicht tragisch, nicht sentimental, sondern eindrucksvoll wahrhaftig.
Brigitte

Der einfühlsam inszenierte, in den Hauptrollen brillant gespielte Film beschwört die Kraft der Liebe, durch die Hass und Gewalt überwunden werden können und eine Versöhnung zwischen Feinden von einst möglich ist. Dabei rückt er den steinigen Weg der Wahrheitsfindung in den Mittelpunkt, durch die das Prinzip Hoffnung erst eine Chance erhält.  - Sehenswert.
film-dienst

Ein schmerzliches und doch so hoffnungsvolles Drama.
Filmecho

Mit ihrem Spielfilmdebüt ist der 32-jährigen bosnischen Filmemacherin Jasmila Zbanic ein eindrückliches politisches Melodram gelungen. Im Februar wurde sie dafür mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet. - Sehenswert!
tip Berlin

Mit ihrem sorgfältig erzählten Drama gibt Jasmila Žbaniæ ein beeindruckendes Regiedebüt. In einfachen, aber zwingenden Szenen erzählt sie vom Leben in Sarajevo nach dem Krieg, dessen Wunden sich in einem Jahrzehnt nicht so einfach schließen lassen und der auch auf die Generation nachwirkt, die während der Kampfhandlungen noch gar nicht geboren war. „Esmas Geheimnis – Grbavica“ kennt dabei weder Zorn noch Anklage. Es ist ein herausragender Film über die Suche nach Wahrheit und zugleich eine Mahnung, wie wir mit ihr umgehen sollten.
Titel Thesen Temperamente - ARD

"Grbavica" ist Kino der Wahrheit. Schonunglos, mutig und anrührend, zutiefst human. Notwendige Vergangenheitsbewältigung, um die Zukunft anzugehen.
Bayrischer Rundfunk

Packend!
KulturSPIEGEL

Der Gewinner des Goldenen Bären der diesjährigen Berlinale erzählt von einer ergreifenden Mutter-Tochter-Beziehung in Sarajewo nach dem Krieg. ...eine eindringliche Charakterstudie über die Schwierigkeiten von Leben und Lieben mit den Nachwirkungen eines Krieges.
Cinema

Mit diesem sorgfältig erzählten Drama gibt Jasmila Zbanic ein beeindruckendes Regiedebüt. In einfachen, zwingenden Szenen berichtet sie vom Leben in Sarajevo nach dem Krieg, dessen Wunden sich in einem Jahrzehnt nicht so einfach schließen lassen und der auch auf die später geborenen Generationen nachwirkt.
Blickpunkt:Film

"Grabavica ist kein Historiengemälde, kein Globalisierungsdrama, kein Thriller und keine Komödie, sondern ein Stück Gegenwart, das in kein Genre passt. Nur in den Rahmen einer Geschichte, die eineinhalb Stunden dauert. Neunzig Minuten Wirklichkeit.
Frankfurter Allgemeine Zeitung

FILMKRITIK:

Grbavica bezeichnet ein Stadtviertel in Sarajevo, das während des Kriegs zu einem Gefangenenlager umgewandelt wurde, in dem die Zivilbevölkerung gefoltert und vergewaltigt wurde. Darüber hinaus ist es ein Begriff für eine Frau mit einem Buckel, eine Beschreibung, die im übertragenen Sinne auch auf die Hauptfigur dieses Films zutrifft. Esma (Mirjana Karanovic) ist allein erziehende Mutter der zwölfjährigen Sara (Luna Mijovic), die hart arbeiten muss, um ihrer Tochter ein ansatzweise normales Leben zu bieten. Die Frage des abwesenden Vaters wird früh etabliert, als sich Esma in einer Bar vorstellt und ihre Tochter verschweigt, aus Sorge, den Job nicht zu bekommen. Viel bedeutender ist der Vater jedoch für Sara, die mit ihrer burschikosen Art in der Schule eine Außenseiterin ist. Ein bevorstehender Schulausflug bringt die Frage nach dem Vater, dessen Herkunft Esma ihrer Tochter bislang verschwiegen hat, an die Oberfläche. Ist er wirklich als Soldat an der Front gestorben, wie die Mutter behauptet? Wieso arbeitet Esma noch nebenbei, um ihrer Tochter die ersehnte Klassenfahrt zu bezahlen? Das genau versteht Sara nicht. Ihr Vater war doch schließlich ein Märtyrer, Esma müsste nur das Dokument dafür beim Amt besorgen. Doch das tut sie nicht. In Sara wächst der Verdacht, dass die Mutter sie belügt. Was ist "Esmas Geheimnis", wer ist Saras Vater? 
Eingerahmt wird Jasmila Zbanics Film von Aufnahmen einer Selbsthilfegruppe, in der sich Frauen treffen und über ihr Leid sprechen. Zu Beginn sitzt Esma noch etwas unbeteiligt zwischen den anderen Frauen, verhärmt und nicht willens ihr Schicksal mit anderen zu teilen. Wie nahezu jeder Mensch in Sarajevo hat sie gelitten, hat Verwandte verloren und versucht nun wieder ein normales Leben zu führen. Etliche dieser Geschichten schneidet der Film an, in denen sich die unterschiedlichsten Schicksale zeigen, aber auch die Verflechtung von Tätern und Opfern, die in einer multiethnischen Gesellschaft gezwungen sind näher beieinander zuwohnen, als es ihnen oft lieb ist. Erst im Laufe des Films wagt es auch Esma sich ihrem Schicksal zu stellen, gezwungen vom drängenden Bohren Saras, die endlich die Wahrheit erfahren will. Der Ausbruch an Worten, der folgt, ist schmerzhaft und grausam und kathartisch, doch er gibt Esma die Kraft zu reden. Und so endet Grbavica wie er begann. Diesmal ist es Esma die redet, in ruhigen, emotionslosen Worten ohne Hass, aber mit einer Trauer, die nicht vergehen wird. Als sie mit ihrer Geschichte fertig ist, gleitet die Kamera über viele andere, schweigende Gesichter. Hinter allen, das ahnt der Zuschauer, befinden sich Menschen, die furchtbares erlebt haben, viele einzelne Geschichten von Leid und Verlust, die zusammen einen Eindruck von der Grausamkeit des Balkankonflikts vermitteln können, in der gezielt Massenvergewaltigungen eingesetzt wurden, deren Folgen oft erst Jahre nach Ende des eigentlichen Krieges an die Oberfläche kommen.

Michael Meyns