Federicos Kirschen

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Eine Geschichte wie einst bei Don Quijote: In einem kleinen spanischen Dorf im Baskenland kämpft ein rüstiger Landwirt seit 40 Jahren gegen das übermächtige, aber marode Kraftwerk, das im Dorf zwar für Arbeitsplätze, aber auch gesundheitliche Nebenwirkungen sorgt. Diese „Umweltkomödie“ trifft nicht nur den grünen Zeitgeist, sondern ist auch ein kleines Juwel spanischer Ensemble-Filmkunst.

Webseite: www.federicoskirschen.de

OT: Cenizas del Cielo
Regie: José Antonio Quirós
Buch: Dionisio Pérez, Ignacio del Moral
Darsteller: Celso Bugallo, Gary Piquer, Clara Segura, Beatriz Rico, Fran Sariego, Txema Blasco, Raquel Evia, Eduardo Antuña
Länge: 96 Minuten
Verleih: W-film
Kinostart: 6.5.2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Wackelig steht das neugeborene Kalb auf seinen vier Beinen. Bauer Federico (Celso Bugallo, „Das Meer in mir“), der tatkräftig bei der Geburt mithilft, gibt ihm den Namen Kyoto, benannt nach der japanischen Stadt, in der das berühmte Klima-Protokoll verfasst wurde. Anpacken ist eine der Tugenden des alten Mannes: Seit vier Jahrzehnten wettert er auf allen gesellschaftlichen Ebenen gegen das Kraftwerk, das da mitten in seinem kleinen Dorf steht. Und so aussieht wie ein hässlicher Fleck auf einem pittoresken Landschaftsgemälde von Vincent van Gogh.

Unterstützung bekommt Federico allerdings nicht von allen Dorfbewohnern: Die meisten von ihnen sind dankbar, einen Arbeitsplatz in der Fabrik zu haben. Da sind ihnen das verdorbene Gemüse sowie die anderen Auswirkungen der Dreckschleuder relativ egal. Neuen Esprit bekommt Federico eines Tages von ganz unverhoffter Seite. Dank einer Autopanne strandet der schottische Reisejournalist Pol (Gary Piquer) für kurze Zeit im Dorf und freundet sich schnell mit den Bewohnern an, die den Fremden mit ihren Bräuchen, aber auch ihren zahlreichen Macken vertraut machen.

Ganz in der Tradition von Bill Forsyths „Local Hero“ erzählt „Federicos Kirschen“ von den Gegensätzen zwischen überschaubarer Dorf-Idylle und der menschlichen Kühle der technologisierten Großindustrie. Dabei beleuchtet Regisseur José Antonio Quirós den Konflikt um das monströse Kraftwerk auf unterschiedlichen emotionalen Ebenen: Die Dorfbewohner beklagen nicht nur welkes Gemüse und gammeliges Obst, sondern zerbrechen sich auch menschlichere Dinge den Kopf: Warum Marios (Fran Sariego) Versuche seine Frau Frau Tati (Beatriz Rico) zu schwängern, stets unfruchtbar bleiben, steht vielleicht doch in einem Zusammenhang mit dem unmittelbaren ungesunden Umfeld.

Der Film kommt genau zur richtigen Zeit: In das neue globale Bewusstsein zum Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit, passt José Antonio Quirós’ Komödie wie der Fuß auf die Birkenstock-Sandale. Auf liebevolle und ganz unfolkloristische Art werden hier die gemütlichen und vielschichtigen Charaktere der Dorfbewohner collagiert, die mit beharrlichem Selbstbewusstsein für ihre Meinung kämpfen. Dass es dabei nicht immer nur um Gesetze, sondern auch um profanere Belange wie Golfspielen geht, kommt der Komik im Film durchaus zugute. Dieser gemächliche Rhythmus vom ländlichen Mikrokosmos mit dem Kampf eines Mannes gegen die mächtige Industrie sind einfach zeitlose Themen, die immer wieder ein Kinopublikum begeistern.

David Siems

Ein Kalb wird geboren – und „Kyoto“ genannt. Das Kyoto-Protokoll aber ist ein wichtiger, international geschlossener Umweltschutzvertrag. Der kleine ländliche Vorgang gibt damit die Richtung des Films an.

Ein Dorf im nördlichen Spanien. Die dörfliche Idylle ist gestört. Denn seit vielen Jahren steht in unmittelbarer Nähe ein riesiges Kraftwerk. Und nicht nur Kraftwerk, sondern auch Dreckschleuder.

Der Bauer Federico kämpft schon sein halbes Leben lang gegen das industrielle Ungetüm. Er fürchtet um seine Tiere, sein Gemüse, seine Bäume, seine Ernte. Immer wieder setzt er zu Protestaktionen an: beim Bürgermeister des Ortes, bei den Behörden, im Kraftwerk selbst.

Nicht alle sind so eingestellt. Federicos Neffe beispielsweise – später stellt der sich sogar als sein Sohn heraus – arbeitet in der umstrittenen Energiezentrale und will verständlicherweise seinen Arbeitsplatz nicht verlieren. Er hat mit seiner Frau noch keine Kinder. Federico schreibt diese „Unfruchtbarkeit“ natürlich den vom Kraftwerk stammenden Emissionen zu.

Der Reisebuch-Schriftsteller Pol Ferguson ist auf der Durchreise. Eine Panne zwingt ihn, einige Tage in Federicos Dorf zu weilen. Dass er dann länger bleibt, hat damit zu tun, dass er am dörflichen Leben langsam Gefallen findet, dass er sich für den hartnäckigen Widerstand gegen die Umweltverschmutzung interessiert und dass er sich mit dem Alten anfreundet – dass außerdem in der Ortschaft eine Frau, Cristina, lebt, die alles hat, was man so braucht, um überaus sexy zu wirken. Es wäre deshalb nicht verwunderlich, wenn Pol Ferguson später wieder zurückkommen würde.

Hier wird ein sinnvolles Thema auf komödienhafte Art dargestellt. Das bäuerliche Leben, Federicos zu Recht aufrührerisches Verhalten, Pols Interesse und Freundschaft sowie Cristina als Salz in der Suppe werden anregend geschildert. Also ganz unterhaltsam. Auffällige formale Mängel: nicht festzustellen.

Mit der Besetzung der Hauptrolle hatte man Glück. Celso Bugallo holt hier einiges aus sich heraus. Aber auch Clara Segura (Cristina) und Gary Piquer (Pol Ferguson) machen ihre Sache überzeugend.

Thomas Engel