Football Undercover

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Denkt man an den Iran, denkt man sicherlich an alles Mögliche, nur nicht an Frauenfußball. Doch genau der ist Ausgangspunkt dieser schönen Dokumentation, die viele Ebenen berührt. Im Versuch einer Berliner Frauenfußballmannschaft, ein Spiel gegen die Nationalmannschaft des Iran zu organisieren, zeigen sich kulturelle Unterschiede und Ähnlichkeiten. Menschen aus zwei Welten prallen aufeinander, die auf den ersten Blick ganz anders sind, in ihren Zielen und Träumen jedoch kaum zu unterscheiden.

Webseite: www.football-under-cover.de

Deutschland 2007 - Dokumentation
Regie: Ayat Najafi & David Assmann
Idee: Ayat Najafi, David Assmann und Marlene Assmann
Kamera: Anne Misselwitz, Niclas Reed Middleton
Schnitt: Sylke Rohrlach
Musik: Niko Schabel
86 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Flying Moon Filmverleih/Zorro
Kinostart: 10. April 2008

PRESSESTIMMEN:

 

Ein inszenatorisch konventioneller, trotzdem höchst spannender und gelungener Dokumentarfilm, der das Sportereignis als realen Freiraum in einer wenig toleranten Gesellschaft nicht nur abbildet, sondern dessen Zustandekommen erst ermöglichte. Die Impressionen aus den Nischen eines inoffiziellen Iran stellen starke Mädchen und Frauen vor, die ihre Rechte gegen eine sie gängelnde Männerwelt einfordern.
film-dienst

Football Undercover" trifft den Nerv der Zeit, denn der Film bringt uns die Frauen unter den schwarzen Umhängen tatsächlich näher, nicht ohne Überraschungen. (…) So wird das Spiel letztlich auch zu einem Akt der Emanzipation - "Football Undercover". Der Film schafft Verständnis und unerwartete Einblicke in islamisches Leben. Dennoch verschließt er nicht die Augen vor der Problematik einer von Männern komplett dominierten Gesellschaft. Absolut sehenswert.  
ZDF aspekte 

FILMKRITIK:

Wenn man es genau nimmt, ist „Undercover Football“ gar keine Dokumentation in dem Sinne, dass ein stattfindendes Geschehen mit der Kamera dokumentiert wird. Initiiert wurde das Projekt, das Film und Fußballspiel umfasst, von Beteiligten auf beiden Seiten. Während Ayat Najafi und David Assmann Regie führten, spielt Marlene Assmann Fußball bei einem Amateurverein in Berlin Kreuzberg. Alle drei haben Film studiert und so entstand die Idee, beide Ebenen zusammenzubringen. Und angesichts der Hindernisse, die dem Projekt in vielerlei Hinsicht im Wege standen darf man davon ausgehen, dass es nicht nur ohne Spiel keinen Film gegeben hätte, sondern auch ohne Film kein Spiel.

Im Iran selbst waren natürlich in erster Linie bürokratische Hindernisse zu überwinden. Die dortige Frauenfußballnationalmannschaft existiert zwar seit Jahrzehnten hatte aber noch nie ein offizielles Spiel gehabt. International zu spielen, wäre angesichts der rigiden Kleidervorschriften auch kaum vorstellbar, sehen diese doch selbst bei sportlichen Aktivitäten lange Hosen und Kopftuch vor. Abgesehen davon standen die undurchschaubaren Entscheidungen der Bürokratie im Weg, die von einem Tag auf den anderen die Meinung ändern kann, ohne dass man einen Grund erfährt.

In Berlin wiederum gestalten sich die Schwierigkeiten anders. Hier geht es eher um die Motivation eine beschwerliche Reise nach Teheran auf sich zu nehmen, von Sicherheitsbedenken ganz abgesehen. Nicht zuletzt durch das Filmprojekt wurden jedoch alle Hindernisse bewältigt und alle Bedenken zerstreut. Im April 2006 konnte das Spiel schließlich stattfinden, zwar nicht im größten Stadion Asiens, aber dennoch. Und wenn dann tausende Frauen – darunter etliche Sittenwächterinnen, die auf die penible Einhaltung der Gesetze zu achten haben – den Spielerinnen zujubeln, begeistert auf Tore reagieren und schließlich auch die Kopftücher nicht mehr ganz streng sitzen, dann ist aus einem bloßem Fußballspiel eine bemerkenswert subversive Aktion geworden.

Über die Organisation des Spiels hinaus, gelingt es dem Film interessante Einblicke in die Lebensumstände in beiden Ländern zu werfen. In Berlin stehen neben Marlene Assmann in erster Linie die türkischstämmige Spielerin Susu im Mittelpunkt. Mit ihr hat der Film einen Glücksgriff getan. In ihrer unverblümten, schnoddrigen Art erinnert sie an die Protagonisten aus „Prinzessinnenbad“, die aus ähnlichen Verhältnissen stammen. Im Iran wiederum werden die Spielerinnen Narmila und Niloofar intensiver beobachtet. Und wenn man da sieht, wie Niloofar ihre zahlreichen David Beckham-Poster vorführt oder Narmila mit ihren Freundinnen auf der Straße kickt, bekommt man den Eindruck, dass sich die Lebenswelten Berlins und Teherans trotz aller offensichtlichen Unterschiede viel näher sind als man gedacht hätte.
Michael Meyns

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Frauenfußball ist im Kommen. Wir Deutsche wissen das besonders gut, denn schließlich sind unsere Fußballdamen Weltmeister.

Was man aber weniger weiß und zunächst auch gar nicht vermuten würde, ist, dass es auch im Iran eine Frauenfußball-Nationalmannschaft gibt. Natürlich mit den dort üblichen Eingrenzungen: mit der Kontrolle durch so genannte Sittenwächterinnen, mit strengen Kleidervorschriften, mit dem Zuschauerverbot für Männer und anderem mehr. 

Eine Berliner Fußballspielerin, die mit einem Perser befreundet ist, hatte mit diesem gemeinsam die Idee, dass es doch möglich sein müsste, mit ihrem Team ein Spiel gegen die iranische Nationalmannschaft auszutragen. Ein zunächst völlig abwegig scheinender Gedanke. Aber er wurde von den Berlinern dann doch ziemlich hartnäckig verfolgt.

Und die Sache nahm sogar Gestalt an. Die Schwierigkeiten allerdings waren immens: heftige Diskussionen hüben und drüben; bürokratische Verzögerungen seitens der Iraner; Verschiebung des Termins; ungeklärte Visa-Frage; nicht das versprochene große, sondern nur ein kleines abgelegenes Stadion in schlechtem Zustand; völlig abgeschirmter Aufenthalt der Gäste aus Deutschland; beschränkte Zahl an Zuschauerinnen; überall Sittenwächterinnen; Verhinderung wichtigen Filmmaterials. Immerhin: Das Spiel, und noch wichtiger, die Annäherung der Menschen kam zustande.

Ein politisch wie menschlich spezieller Dokumentarfilm, der eine Menge zeigt, Positives wie Negatives. Auf jeden Fall etwas, was man nicht alle Tage sieht oder erlebt.

Thomas Engel