Fruitvale Station

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Basierend auf dem tragischen Tod des schwarzen Amerikaners Oscar Grant, der von einem Sicherheitsbeamten erschossen wurde, inszeniert Ryan Coogler seinen Debütfilm „Fruitvale Station“, der sich zwischen betont objektiver Nachstellung der Ereignisse und emotionalen Szenen bewegt.

Webseite: www.dcmworld.com

USA 2013
Regie, Buch: Ryan Coogler
Darsteller: Michael B. Jordan, Octavia Spencer, Melonie Diaz, Kevin Durand, Ariana Neal, Ahna O’Reilly
Länge: 85 Minuten
Verleih: DCM
Kinostart: 1. Mai 2014
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PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Ein Film wie „12 Years a Slave“ mag zwar in Amerika ein großer Erfolg sein und als Favorit für die Oscars gelten, von alltäglichem Rassismus ist die schwarze Bevölkerung dennoch immer noch nicht gefeit. Immer wieder kommt es zu ungerechtfertigten, rassistisch motivierten Verhören und Festnahmen von Schwarzen durch meist weiße Polizisten und im Extremfall gar zu Todesfällen, die ein dunkles Licht auf die Rassenverhältnisse Amerikas werfen.

Doch nicht in jedem Fall, in denen ein Schwarzer sich ungerechtfertigter Weise von der Polizei verfolgt sieht, ist tatsächlich Rassismus im Spiel. So scheint es auch im Fall des 22jährigen Oscar Grant gewesen zu sein, der in den frühen Morgenstunden des 1. Januar 2009 ums Leben kam. Mit einigen Freunden war er in der Silvesternacht auf dem Weg nach Hause, als in der U-Bahn ein Streit ausbrach, der sich auf den Bahnsteig der Fruitvale Station im kalifornischen Oakland, der Nachbarstadt von San Francisco, zutrug. Mehrere Polizisten versuchten die Männer zur Ruhe zu bringen, die sich offenbar lautstark beschwerten. Dieses Verhalten führte zum Versuch, einigen von ihnen, darunter Oscar Grant, Handschellen anzulegen. Grant wehrte sich auf dem Boden liegend immer weiter, so dass ein Polizist nach eigener Aussage zu seinem Taser griff, um Grant zu betäuben. Tragischerweise griff der Polizist jedoch nach seiner Waffe und schoss Grant in den Rücken, der wenig später im Krankenhaus verstarb.

Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Fall durch zahlreiche Handy-Videos, die von Passagieren des Zuges in den Tagen nach dem Vorfall ins Internet gestellt wurden und erhebliche Empörung auslösten. Zu eindeutig schien der Vorfall in bekannte Muster der Polizeibrutalität zu passen, manche Stimmen sprachen gar von einer bewussten Exekution. Auch nach dem Prozess gegen den Polizisten, der wegen fahrlässiger Tötung zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde und inzwischen wieder auf freien Fuß ist, kam es zu schweren Ausschreitungen.

Hier einen kühlen Kopf zu bewahren ist nicht leicht, einen Film über die Ereignisse zu drehen, ohne tendenziös zu werden ebenfalls. Zusätzlich verkompliziert wird die Situation dadurch, dass Oscar Grant – und so schildert ihn auch Ryan Cooglers Film – kein unbescholtenes Blatt war: Zumindest als Kleinkrimineller war er aktiv, handelte mit Drogen und neigte zu gewalttätigen Wutausbrüchen.

All dies macht Grant (überzeugend verkörpert von Michael B. Jordan) zu einer aus dramatischer Sicht spannenden, komplexen Figur. Denn auch ein wenig sympathischer Charakter hätte in keiner Weise verdient, was in jener Neujahrsnacht passierte. Doch Ryan Coogler geht es weniger um solch einen philosophischen Blick auf ein tragisches Ereignis, als um eine moralische Anklage der Rassenverhältnisse Amerikas, die ihre Empörung oft kaum unterdrücken kann.

Und so lässt er es nicht dabei bewenden, die tatsächlichen Ereignisse des letzten Tages in Oscar Grants Leben nachzuzeichnen (der zufälligerweise der Geburtstag seiner Mutter war), sondern erfindet etliche Szenen, die Grant in leuchtenderen Farben schildern als er es in Wirklichkeit wohl wahr und vor allem als es nötig gewesen wäre. Oft gelingt es „Fruitvale Station“ die Ereignisse für sich sprechen zu lassen, dass oft schwierige Leben eines schwarzen Amerikaners aus einfachen Verhältnissen authentisch und überzeugend zu schildern. Der Verzicht auf einige unnötig manipulative Szenen hätte „Fruitvale Station“ allerdings noch überzeugender gemacht.

Michael Meyns