Fuchs und das Maedchen

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Nach seiner preisgekrönten emotionalen Dokumentation „Die Reise der Pinguine“ widmet sich Luc Jacquet der Konfrontation von Mensch und Wildnis. Ein Mädchen sucht die Freundschaft eines Fuchses und scheitert an ihrem Domestizierungseifer. In dem prachtvoll bebilderten, märchenhaften Kinderabenteuer spielt die üppige Flora und Fauna eine tragende Rolle.

Webseite: kinowelt.de

O: Le renard et l’enfant
Frankreich 2007
Regie: Luc Jacquet
Drehbuch: Luc Jacquet, Eric Rognard
Kamera: Gérard Simon, Eric Dumage, François Royet
Erzählstimme: Esther Schweins
Verleih: Kinowelt
Start: 27.12.07

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Unter goldenen Sonnenstrahlen hüpft eine sommersprossige Zehnjährige mit fuchsrotem Haarschnecken durch die große weite Bergwelt. Ganz allein mit ihrem Rad und ihrer Schultasche fühlt sich die Kleine hier offenbar zuhause. Ein Rascheln lässt sie aufhorchen, dann taucht das hübsche Profil eines kleinen Fuchses aus dem hohen Gras. Das Mädchen mit Namen Lila (Bertille Noel-Bruneau), das sich auch lila kleidet, ist schier verzaubert. Fortan sucht sie auf ihren Wegen zur Schule den Fuchs. Doch das Tier lässt sich nicht mehr blicken.
 

Der Sommer geht, der Winter kommt. Das Kind singt ein Liedchen im Schnee. Lautes Knacken im Gebüsch macht ihr Angst, sie läuft davon und bricht sich ein Bein. Eingegipst liest sie auf ihrem Holzbettchen Bücher über Füchse. Eltern oder andere Personen tauchen überhaupt nicht auf. Das arme Tier muss inzwischen vor einem Ozelot um sein Leben rennen und sich nass, zitternd und ramponiert in einem Fuchsbau verkriechen.

Das Eis taut, der Frühling kommt. Lila hüpft wieder durch den Wald, sehr neugierig, was denn „ihr“ Fuchs so treibt. Und sie entdeckt das Tier, es hat Junge bekommen, der Fuchs ist also eine Füchsin. Lila tauft sie „Titou“. Fortan wartet sie jeden Tag an gleicher Stelle auf ihre Rückkehr. Und nach vielen Tagen vergeblichen Wartens äußert die Füchsin endlich Interesse an dem Mädchen, zeigt einen Weg zu einem reißenden Fluss und in eine Tropfsteinhöhle. Lila  entdeckt an der Seite ihrer neuen Freundin eine aufregende und geheimnisvolle Welt, verirrt sich und muss im dunklen Märchenwald übernachten. Beim Aufwachen liegt Titou neben ihr. Als Lila später die Füchsin vor einem Wolfrudel rettet, hat das Tier soviel Zutrauen gefasst, dass es dem Mädchen nach Hause folgt. Die Folgen sind dramatisch. Lila muss lernen, dass sie einem wilden Geschöpf nicht die Freiheit nehmen darf.

„Wir konnten keine Freunde sein, ich hatte Lieben mit Besitzen verwechselt“, erzählt Lila als Erwachsene ganz zum Schluss ihrem kleinen Sohn. Bis dahin war nicht immer klar, dass es sich um eine Rückblende handelte. Sätze wie „Ich fand sie schön, faszinierend, unverzichtbar“ oder „Der Krieg zwischen Mensch und Tier fand kein Ende“ sind nicht unbedingt einer Zehnjährigen zuzuordnen. Die Konstruktion aus Heidi, Mogli und Auenland, wird mit ihren kurzen Spannungsbögen und ihrem Hang zur Verniedlichung mehr die Kleinen ansprechen, die Größeren erfreuen sich an den schönen Tieraufnahmen.

Ebenso unverhüllt wie Luc Jacquet die Kaiserpinguine vermenschlichte und vorführte, „wie sich an einem der unwirtlichsten Orte der Welt die Liebe ihre Bahn bricht“, so greift er auch hier ordnend ein. Trotz der dicken pädagogischen und sentimentalen Decken kann man sich aber kaum dem Wunsch entziehen, mehr über das Wesen und Fühlen des Fuchses zu erfahren.

Hauptsächlicher Drehort war das Ain-Gebiet südlich des Juramassivs, das Plateau du Retord, eine urwüchsige Landschaft aus dichten Nadelwäldern und weiten Erosionstälern. Hier verbrachte auch Regisseur Luc Jacquet seine Kindheit: „Es ist diese Zusammenfassung der Welt, die später meine Sicht auf den Menschen strukturierte.“ Um aber die komplette europäische Fauna abbilden zu können, drehte er einen Teil des Films im Nationalpark der Abruzzen. Ein stolzer Braunbär huscht auch durchs Bild.

Dorothee Tackmann