Georg Baselitz

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Wenn sein Name in der Kunstwelt genannt wird, dann steht diese Kopf – so wie die Bilder, die Georg Baselitz ab den 70er Jahren bekannt gemacht haben. Die Dokumentarfilmerin Evelyn Schels hat dem am Ammersee sowie an der italienischen Riviera lebenden Künstler schon diverse Male über die Schulter schauen dürfen, das erste Mal 2004 für eine Fernsehproduktion für Arte und den BR. Das damals gedrehte Material findet nun erneut Verwendung, weiteres kam hinzu. Die abendfüllende Doku bietet eine exzellente Gelegenheit, Werk und Leben des 75-jährigen Künstlers umfassend kennen zu lernen.

Webseite: www.georgbaselitz-derfilm.de

Deutschland 2013 - Dokumentation
Regie: Evelyn Schels
105 Minuten
Verleih: Alamode Film
Kinostart: 11.4.2013

PRESSESTIMMEN:

"Sehr sehenswert!"
ZDF Heute Journal

"Ein feinfühliges und meisterhaftes Juwel - ein intimer und packender Film."
LE QUOTIDIEN DE L'ART

FILMTIPP
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FILMKRITIK:

Man will es gar nicht glauben, dass jener Mann, der hier vor der Kamera über sich, sein Leben und seine Kunst erzählt, bisher den Ruf eines grimmigen, öffentlichkeitsscheuen Menschen gehabt haben soll. Nun, vielleicht ist der zur Garde der „Neuen Wilden“ zählende Baselitz ja mittlerweile altersmilde geworden. Ein zentraler Aspekt der Doku ist der direkte Blick über die Schulter des 1938 in einem Örtchen in der Oberlausitz als Georg Kern geborenen Malers, dessen Künstlername sich von seinem Geburtsort Deutschbaselitz ableitet. Weil Baselitz seine Farbe in einem sehr flüssigen Zustand verwendet und sie dadurch zu verlaufen droht, malt er die meist großformatigen Bilder kniend auf dem Boden. Kaum ist die Farbe aufgebracht, tupft er sie wieder weg, verteilt oder verschmiert sie, pinselt darüber, beobachtet das Ergebnis seines kreativen Prozesses und nähert sich peu à peu einem irgendwann fertigen Kunstwerk, für das Sammler heute bis zu siebenstellige Unsummen an Geld auszugeben bereit sind.

Dass Evelyn Schels den knienden Baselitz wiederholt in ihren Film geschnitten hat, liefert aufgrund der Wiederholungen zwar keine unbedingt neuen Erkenntnisse, gibt aber ein besseres Gefühl für den Entstehungsprozess der Baselitzschen Kunst. Gleiches gilt, wenn er sich wiederholt mit der Kettensäge an mehr als mannshohen Baumstämmen zu schaffen macht, um nach und nach die Vorlage herauszuschälen für das, was später mal in Bronze gegossen von der Kunstwelt als monumentale Skulptur bestaunt werden wird. Ein Knochenjob ist das, man sieht es Baselitz an, und kann auch nachvollziehen, wenn seine Frau Elke sich Sorgen wegen eines Arbeitsunfalls macht.

Wie nahe Schels in die private Welt des abgeschottet in das idyllisch am Ammersee gelegene Atelier- und Wohnhaus des Künstlers eintreten durfte, das zeigt sich gelegentlich an Szenen, in denen das Ehepaar Baselitz auch schon mal Meinungsverschiedenheiten zeigt. „Wild und erziehungsresistent“, so charakterisiert sich Baselitz selbst einmal. Eigenschaften, die in seinen jungen Jahren dazu führten, dass er aus der DDR „rausgeschmissen“ wurde und 1957 in West-Berlin landete. Hier änderte er seinen Stil von der realitätsvergleichenden Malerei und malte und zeichnete beeinflusst von den abstrakten amerikanischen Expressionisten wie Jackson Pollock, Willem de Kooning, Sam Francis und Marc Rothko. Der Skandal um sein 1962 ausgestelltes Bild „Die große Nacht im Eimer“, in dem Baselitz einen erigierten Penis gemalt hat, bringt dem Künstler eher negative Schlagzeilen ein. Der eigentliche Durchbruch gelingt ihm dann in den 70er Jahren mit seinen auf dem Kopf stehenden Bildern und Porträts, internationale Anerkennung erwartet ihn nach der Biennale 1980.

All diese Stadien und Etappen der Künstlerkarriere von Georg Baselitz streift die Dokumentation auf eher konventionelle Weise, die Beurteilung durch seine verschiedenen Galeristen einst und heute und seine ebenfalls im Kunstgewerbe tätigen Söhne fällt erwartbar aus. Trotzdem: immer wieder blitzt hinter den Aussagen auch der Mensch Baselitz auf. „Ich bin irrsinnig sentimental. Vor allem, wenn ich meine eigenen Bilder sehe. Da könnte ich jedes Mal anfangen zu heulen“, sagt er über sich selbst.

Ähnlich wie vor kurzem im Künstlerporträt über Gerhard Richter („Painting“ von Corinna Belz) bietet nun auch diese Künstlerdokumentation die wunderbare Gelegenheit, einen der ganz großen Maler und Bildhauer unserer Zeit und sein Werk zu erleben, zu entdecken und verstehen zu lernen.

Thomas Volkmann

Georg Baselitz – ein heute bekannter Name, aus der Kunst nicht mehr wegzudenken. Er malt große, klecksige, farbenfrohe, feurige, halbirreale Bilder, Portraits und Menschen zumeist, und er zwingt den Betrachter, sie „verkehrt“, also umgekehrt aufgehängt, zu betrachten, weil, so eine der Auffassungen, zwischen Natur und Kunst unterschieden werden muss.

Man kann zu den Bildern stehen, wie man will – abgesehen davon, dass sie bereits in New York oder Paris und anderswo in den bekanntesten Galerien hängen. Sicherlich hat nicht jeder unmittelbaren Zugang dazu, aber die Persönlichkeit des Malers, die in diesem Dokumentarfilm ausführlich zu Wort kommt, dürfte auf jeden Fall interessieren.

Der heute 75jährige stammt aus dem Osten Deutschlands. Wegen „gesellschaftlicher Unreife“ wurde er in der DDR von seiner Kunsthochschule ausgeschlossen und ging nach Westberlin. Baselitz war ein Narziss, ein aufrührerischer junger Mensch, ein Ehrgeizling im guten Sinne - aber auch einer, der jahrlang um seinen Erfolg kämpfen musste.

Mit ihm ist seine Ehefrau Elke. Seit über 50 Jahren sind sie verheiratet. Sie ist es, die ihn naturgemäß durch und durch kennt und versteht, die auch seine strengste Kritikerin sein darf. Die Ateliers am bayerischen Ammersee und in Italien (Imperia) sind die Orte, an denen Baselitz heute meist tätig ist.

Der Vater war Nationalsozialist, das Verhältnis zu ihm rebellisch und von Renitenz geprägt. Baselitz erzählt, wie es damals war – im Krieg und auch danach, als die Mutter (und damit die beiden Söhne) als Frau eines Ex-Nazis ein besonders schweres Leben hatte.

Der künslerische Erfolg kam erst auf internationaler Ebene(Biennale 1980 in Venedig, Dokumenta in Kassel usw.). Heute sagt er stolz, sei er die Nummer drei unter den modernen Malern.

Die Regisseurin dieses gut durchgezogenen Films ist mit dem Malerehepaar befreundet. Nur so war es möglich, dem Künstler und Menschen filmisch so nahe zu kommen. Viel Bedenkenswertes und durchaus Interessantes gibt dieser von sich. Zur modernen Kunsterziehung kann der Film bestens beitragen.

Thomas Engel