Good German, The

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Ganz der Tradition des klassischen Hollywoodkinos verhaftet inszeniert Steven Soderbergh seinen Film über Liebe, Geld und Verrat im Nachkriegsberlin. Die exzellenten Hauptdarsteller können jedoch nicht kaschieren, dass es der Geschichte an Substanz in jeglicher Hinsicht fehlt. Stilistisch ist The Good German ein faszinierendes Experiment, doch mehr als eine kopflastige Hommage an den Look des 40er Jahre Kinos ist Soderbergh hier nicht gelungen.

Webseite: www.thegoodgerman.de

USA 2006
Regie: Steven Soderbergh
Buch: Paul Attanasio nach dem Roman von Joseph Kanon
Musik: Thomas Newmann
Darsteller: George Clooney, Cate Blanchett, Tobey Maguire, Beau Bridges, Tony Curran
105 Minuten, schwarz-weiß, Format 1:1,85
Verleih: Warner Bros
Kinostart: 1. März 2007

PRESSESTIMMEN:

Hochstilisierte Noir-Ballade mit Anklängen an Michael Curtiz’ Klassiker „Casablanca“, die die klassische Liebesgeschichte als Folie für eine bittere Reflexion über das Ende des Zweiten Weltkriegs, den Umgang mit den Nazi-Verbrechen und das amerikanische Engagement in Europa am Vorabend des Kalten Krieges nutzt und dabei den Mythos der Befreiungs- und Demokratisierungsmission der USA hinterfragt. - Sehenswert.
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FILMKRITIK:

Berlin, kurz nach Kriegsende. Der Kriegsberichterstatter Jake Geismer (George Clooney) kehrt nach Berlin zurück, wo er Jahre vorher schon einmal gearbeitet hat. Sein Fahrer im von Ruinen geprägten Berlin ist der windige junge Soldat Tully (Tobey Maguire), der sich mit Aktivitäten auf dem schwarzen Markt ein nettes Zubrot verdient. Er ist mit der Deutschen Lena Brandt (Cate Blanchett) liiert, deren wahre Absichten von Anfang an im Dunkeln liegen. Sie hat nur ein Ziel: Raus aus Berlin zu kommen, in die Freiheit, die Vergangenheit hinter sich lassen. Um dieses Ziel zu erreichen ist ihr nahezu jedes Mittel recht. Vor allem ihr angeblich toter Mann entwickelt sich zum Faustpfand. Dieser war einst Sekretär bei einem der führenden deutschen Raketenforscher und ist als solcher von großem Interesse sowohl für die amerikanische, als auch die russische Seite. Hinzu kommt, dass Geismer einst mit Lena eine Beziehung hatte, die abrupt endete, als Geismer die Stadt verließ.

Eigentlich ist hier alles vorhanden. Die Konstellation für ein bewegendes Melodram, der politische Background für eine Geschichte über die Skrupellosigkeit von Menschen, die in einer Phase der Gesetzlosigkeit jede Chance zum persönlichen Profit ergreifen, ein Drama über den Beginn des Kalten Krieges. Doch obwohl Steven Soderbergh eine für heutige Hollywood-Verhältnisse erstaunliche Menge an Handlungssträngen, Figuren und Wendungen in kaum mehr als 100 Minuten packt, wird keins der möglichen Themen wirklich entwickelt. Kaum das Tully mit einem zynischen Voice Over Kommentar über die Möglichkeiten des Schwarzen Markts begonnen hat, ist er schon Tod. Für kurze Zeit wird nun aus George Clooneys Perspektive erzählt, doch auch das ist nicht von Dauer.

In jedem Moment merkt man, wie wichtig The Good German gerne wäre, wie viel er erzählen möchte und doch nie über eine oberflächliche Darstellung seiner vielen Themen hinauskommt. Angesichts der äußerst dünnen narrativen Ebene, wirkt der ausgefeilte, komplexe Stil umso aufgesetzter, um nicht zu sagen selbstverliebt. Besonders Casablanca und Billy Wilders Berlin-Film Foreign Affairs standen deutlich Pate bei Figurenkonstellation und Bildern. Penibel kopiert Soderbergh – der unter einem Pseudonym erneut selbst als Kameramann tätig war – Lichtsetzung und Bildkomposition des klassischen Hollywoodkinos. Diese Hommage geht sogar soweit, dass auffällig schlechte Rückprojektionen benutzt und offensichtliche Dokumentaraufnahmen als Hintergrund verwendet werden. Das ist alles hübsch anzusehen, die Zitate aus den genannten und zahlreichen anderen Filmen sind originell und für Cineasten ein gefundenes Fressen, aber sie sind nicht Teil etwas Eigenem. Ein bisschen fühlt man sich bei The Good German an Gus van Sants Remake von Hitchcocks Psycho erinnert. Hier wie da gab es einen Film zu bewundern, der zwar stilistisch von höchster Qualität war, es aber nicht verstand seine Verbeugung vor einem klassischen Genre bzw. Film, mit einer interessanten eigenen Geschichte zu verknüpfen.
 

Michael Meyns