grosse Japaner, Der – Dainipponjin

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Auch das japanische Arthaus-Kino hat in diesem Sommer seinen Superhelden, der dem allgemeinen Trend folgt und seine schwachen Seiten offenbart. Hitoshi Matsumotos Komödie ist die ironische Charakterstudie eines gebrochenen Mannes und eine Hommage an das japanische Katastrophenkino der 50er Jahre, als Riesenmonster in trashigen „Godzilla“-Filmen die Innenstadt von Tokio zerlegten.

Webseite: rapideyemovies.de

Japan 2007
Regie + Buch: Hitoshi Matsumoto
Darsteller: Hitoshi Matsumoto, Riki Takeuchi, UA, Ryunosuke Kimiki, Itsuji Itao, Haruka Unabar
Länge: 113 Minuten
Verleih: Rapid Eye Movies
Kinostart: 17.7.2008

PRESSESTIMMEN:

...auf film-zeit.de

FILMKRITIK:

Die Superhelden sind müde und auch nicht mehr das, was sie mal waren. Im gegenwärtigen Kinosommer haben die klassischen Heroen auf der Leinwand nicht nur mit der Routine ihres Alltags zu kämpfen, sondern sind auch zu großen Zweiflern geworden, die auf interessante Weise ihre launischen und düsteren Seiten offenbaren. Batman (ab 21.8.) hatte ja bekanntlich stets ein dunkles Gemüt, Hulk kämpft seit jeher mit den Auswirkungen von persönlichem Stress und Will Smith ist in „Hancock“ so etwas wie eine unverwundbare griechischen Gottheit, dennoch säuft er wie ein Loch, beschimpft seine Mitmenschen und beherrscht auch sonst alle „Don’ts“ des zivilisierten Miteinanders. Mit ähnlich sozialer Inkompetenz ist Daisato (Hitoshi Matsumoto) ausgestattet, der japanische Superheld. Wenn ihn die Regierung ruft, wird er ans örtliche Kraftwerk angeschlossen, wo ihn ein paar Tausend Volt in einen tapsigen Sumo-Ringer von der Größe eines Wolkenkratzers verwandeln und er vor der Skyline von Tokio gegen stinkende Riesenkraken, starrende Zyklopen oder einbeinige Hüpfmonster kämpft. 

Hitoshi Matsumoto – in Japan ein gefeierter Comedian und hier Hauptdarsteller und Regisseur – zeigt seinen Anti-Helden in einer Mischung aus bewusst holpriger Handkamera-Homestory und Dokumentation, die in langen Interview-Sequenzen mit dem Protagonisten mündet. Daisato verkörpert dabei die klassische Antithese zu den Superhelden-Charakteristika: Er ist depressiv, launisch, faul und lebt mit Katzen in seiner schäbigen Behausung. Besonders interessant: Die Bewohner von Tokio können ihn (aufgrund des immensen Stromverbrauchs!) nicht besonders leiden und selbst die TV-Übertragungen seiner eigentlich spektakulären Fights wurden – welch Schande – irgendwo ins Spätprogramm verbannt. Dieser medienkritische Aspekt  ist ein cleverer Kniff in der Story und wurmt den amtsmüden Helden natürlich, denn große Taten verdienen schließlich große Öffentlichkeit. In seinem Gesicht meint man ein paar Mal den trägen Blick von Bill Murray wiederzuerkennen, jenen anderen hervorragenden Charakterdarsteller, der seinem Minenspiel die nötige Tragik verleiht indem er einfach gar nichts tut. 

„Der große Japaner“ zitiert bei den groß angelegten Kämpfen zwischen surrealem Heldengetier mit gesunder Ironie die Godzilla-Katastrophenfilme der 50er Jahre.  Zwar ist der Trash-Appeal hier nicht ganz so ausgeprägt, dennoch wundert man sich über das völlig wirre Finale, wenn die Weltmacht USA als lebensgroße Power-Rangers-Figuren auftritt.  So furios der Film der Film endet, so träge sind dennoch die eineinhalb Stunden zuvor, denn die gefühlte Inhaltsleere des Protagonisten steht auch als künstlerisches Konzept für den Film, der in endlosen Interview-Szenen die Absurdität und die Langsamkeit des Helden-Alltags zeigt. Um es auf den Punkt zu bringen: „Der große Japaner“ zeigt all das, was ein Superhelden-Film in der Regel nicht zeigt. Und das trotzdem im besten Sinne der Unterhaltung.

David Siems