Hollywood-Verschwörung, Die

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Der offiziell als Selbstmord deklarierte Tod des ehemaligen Superman-Darstellers George Reeves Ende der 50er Jahre gehört bis heute zu den großen ungelösten Mysterien der Traumfabrik. Die Hollywood-Verschwörung entwirft entlang der fiktiven Nachforschungen eines Privatermittlers ein detailreiches und stimmiges Porträt von Hollywoods düsterer Seite abseits des Glamours und des Scheinwerferlichts. In Stil und Dramaturgie angelehnt an die klassischen Film Noir-Geschichten von Chandler und Ellroy spielt Regisseur Allen Coulter selbstbewusst mit den Regeln des Genres. Ben Affleck erhielt für seine Verkörperung des legendären Superman-Schauspielers bei den Filmfestspielen von Venedig überraschend den Coppa Volpi.

Webseite: www.movie.de

OT: Hollywoodland
USA 2006
Regie: Allen Coulter
Drehbuch: Paul Bernbaum
Produktion: Glenn Williamson
Kamera: Jonathan Freeman
Musik: Marcelo Zarvos
Mit Adrien Brody, Ben Affleck, Diane Lane, Bob Hoskins, Robin Tunney, Lois Smith
Kinostart: 15.2.2007
Verleih: Buena Vista

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Die Schüsse, die in der Nacht des 16. Juni 1959 im Schlafzimmer des TV-Superman-Darstellers George Reeves (Ben Affleck) abgefeuert wurden, geben nicht nur der geschockten amerikanischen Öffentlichkeit so manches Rätsel auf. War es ein Suizid, wie von offizieller Seite nach den Ergebnissen der Obduktion behauptet wird? Oder doch Mord? Vielleicht aus Rache, vielleicht aus Eifersucht? Auch Reeves Mutter (Lois Smith) glaubt der Selbstmord-Theorie nicht. Sie beauftragt, den Privatdetektiv Louis Simo (Adrien Brody) eigene Nachforschungen anzustellen. Schnell stößt dieser dabei auf Anhaltspunkte, die seine anfänglichen Zweifel an den offiziellen Ermittlungsergebnissen nähren.
 

Reeves frühere Geliebte und Förderin Toni Mannix (Diane Lane), die Frau des mächtigen MGM-Boss  Eddie Mannix (Bob Hoskins), verhält sich merkwürdig. Ihr Motiv könnte in Reeves neuer Partnerin, dem Schauspielsternchen Leonore Lemmon (Robin Tunney) zu finden sein. Verschmähte Liebe und Eifersucht ergeben oftmals einen tödlichen Cocktail, das weiß Simo aus seiner täglichen Arbeit nur zu gut. Aber auch die verführerische Miss Lemmon macht sich verdächtig. Erst eine Dreiviertelstunde, nachdem die tödlichen Schüsse abgegeben wurden, meldet sie den Vorfall der Polizei, und das, obwohl sie sich ebenfalls am Tatort befand.

Die Hollywood-Verschwörung nutzt wie schon Ellroys berühmter und erst kürzlich verfilmter Roman Die schwarze Dahlie eine reale bis heute nicht aufgeklärte Tat, um daran exemplarisch den Zeitgeist und die Stimmung der zu Ende gehenden „goldenen Ära“ der Traumfabrik zu beleuchten. Dementsprechend düster und ungeschönt fällt der Blick hinter die Kulissen des Film- und TV-Geschäfts aus, das selbst einst gefeierte Stars wie George Reeves gewissenlos entsorgte. Reeves Fluch lag in der Festlegung auf den Charakter des „All American Hero“. Ähnlich wie der durch die Star Wars-Saga bekannt gewordene Mark Hamill, litt er unter der strengen Typisierung durch Öffentlichkeit und Studios. In einer zu gleichen Teilen komischen wie tragischen Szene, sieht man Reeves, am Grill stehend, den eigenen Superman-Anzug verbrennen. Treffender lässt sich sein gesamtes Dilemma nicht auf den Punkt bringen.

Es war schon mehr als eine kleine Sensation, dass ausgerechnet der im Charakterfach bislang nicht wirklich auffällig gewordene Ben Affleck bei den Filmfestspielen von Venedig die Auszeichnung als „Bester Schauspieler“ verliehen bekam. In den Rückblenden auf Reeves berufliches und privates Leben, die von Regisseur Allen Coulter zwischen Simos Nachforschungen im Hollywood-Milieu geschnitten wurden, zeigt der von der Boulevardpresse als „Ex von Jennifer Lopez“ verspottete Affleck das ihn diese Ehre keinesfalls zu Unrecht ereilte. Erst seine überzeugende und unangestrengte Vorstellung macht die ganze Tragik des echten Georges Reeves erfahrbar: Gescheitert an den eigenen zu hohen Ansprüchen und einem System, das sich gleichsam dem Diktat des Marktes beugen muss.

Stilistisch wie inhaltlich orientieren sich Coulter und sein Drehbuchautor Paul Bernbaum unübersehbar an den Klassikern der Schwarzer Serie und deren moderne Pendants. Der bis auf wenige Ausnahmen spannungsreiche Plot wartet mit dem für das Genre typischen Personenarsenal auf. Geheimnisvolle Femme Fatales, zwielichtige Strippenzieher, ein heruntergekommener dem Alkohol nicht abgeneigter Privatschnüffler, in Die Hollywood-Verschwörung ist Platz für jedes in einem solchen Kontext nur erdenkliche Stereotyp. Was im Allgemeinen als nur wenig phantasievolle Ansammlung bekannter Klischees gelten würde – vor allem Brodys Sam Spade-Verschnitt schrammt mitunter haarscharf an der Grenze zur Karikatur vorbei – lässt sich mit dem Verweis auf eine bewusste Hommage an den Film Noir rechtfertigen. Dass das sorgsam aufgebaute, fragile Gebilde aus Verschwörungen und Verdächtigungen schlussendlich keine befriedigende Antwort auf die Frage geben kann, was in jener Nacht im Hause Reeves tatsächlich geschah, dürfte niemanden überraschen. Der Film überlässt es dem Zuschauer, welcher Auflösung er Glauben schenken mag.

Marcus Wessel

 

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In einer Juninacht 1950 wurde der damals als TV-Superman berühmte und beliebte George Reeves mit einem Kopfschuss tot in seinem Bett aufgefunden. Selbstmord oder Mord? Die Frage konnte nie geklärt werden. Die Polizei ging letztlich von Selbstmord aus. Doch beileibe nicht alle dachten so, Georges Mutter Helen beispielsweise oder der Detektiv Louis Simo.

Regisseur Allen Coulter nahm den mysteriösen Fall, der seinerzeit ganz Amerika erschütterte, zum Anlass, aus den verschiedenen Hypothesen eine Kriminaltragödie zu gestalten, die es durchaus in sich hat. Ein atmosphärisch dichter und geglückter Film ist entstanden.

George Reeves bezaubert die Frauen durch sein gutes Aussehen und sein charmantes Auftreten. Er hat zwar eine Verlobte, Leonore, aber als die Ehefrau des Filmproduzenten Mannix ihm Avancen macht, steigt er voll ein, zumal die Frau ihm durch ihren Mann zu erfolgreichen Rollen verhilft. Lange sind die beiden ein Liebespaar.

Doch irgendwann will George aussteigen, selbständig werden. Und rasch hat er auch eine neue Freundin.

Wer käme für einen Mord oder Auftragsmord in Frage? Die frühere Verlobte aus Eifersucht? Die sitzengelassene Mannix-Ehefrau aus Enttäuschung? Eddie Mannix selbst, der seiner Frau helfen, sie beschützen wollte?

Simo macht bei seiner minutiösen Recherche überraschende Phasen durch: die eigenen Sorgen mit der von ihm getrennt lebenden Ehefrau und seinem kleinen Sohn; die Gespräche mit Georges Mutter; die „Autopsie“ gegen Bestechungsgeld; das Drama mit dem Sinclair-Ehepaar; die Erkenntnisse in den Begegnungen mit Georges Agent; der gewagte Besuch im Mannix-Haus an Eddies Geburtstag; Georges Streit mit seiner verlassenen Geliebten. Gelungene Szenen sind dabei – etwa Georges Demonstrationen als Superman vor den Kindern.

Auflösen kann Simo das Drama nicht, alles blieb ja letzten Endes ein Geheimnis. Der Regisseur musste also einen geeigneten Schluss finden. Er entschloss sich zu einer versöhnlichen Begegnung Simos mit seiner Familie. Etwas überraschend, etwas ungewöhnlich, etwas verlegen.

Formal ist der Film ein Wurf. Bei Darstellern wie Ben Affleck, Adrien Brody, Diane Lane oder Bob Hoskins kein Wunder. Für Filmkunsttheater und Programmkinos geeignet.

Thomas Engel