letzte König von Schottland, Der

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Er gehörte zu den grausamsten Despoten des 20. Jahrhunderts. Der ugandische Militärdiktator Idi Amin herrschte in der zentralafrikanischen Republik von 1971 bis 1979 mit äußerster Brutalität, eher er das Land nach einer gescheiterten Invasion Tansanias in Richtung Saudi-Arabien verlassen musste. Unter dem leicht irreführenden Titel Der letzte König von Schottland verfilmte Regisseur Kevin MacDonald mit einem überragenden Forest Whitaker in der Rolle des Idi Amin die Chronik dieser auch für den so geschundenen Kontinent Afrika fast beispiellosen Terrorherrschaft.

Webseite: www.der-letzte-koenig-von-schottland.de

OT: Last King of Scotland
USA/Großbritannien 2006
Regie: Kevin MacDonald
Drehbuch: Peter Morgan, Jeremy Brock nach dem Roman von Giles Foden
Produktion: Andrea Calderwood, Lisa Breyer, Charles Steel
Kamera: Anthony Dod Mantle
Musik: Alex Heffes
Kinostart: 15.3.2007
Verleih: Fox

PRESSESTIMMEN:

Ein INTERVIEW mit dem Oscar-prämierten Hauptdarsteller Forest Whitaker führte die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Das ganze Interview hier...


Selten hat ein Polit-Thriller so gefesselt wie dieser halb fiktive Film von Kevin Macdonald. Und Hauptdarsteller Forest Whitaker übertrifft sich hier selbst: Sein Idi Amin ist eine nervenzerrende Studie in Terror, ein menschliches Monstrum, bei dem zwischen Charme und Bedrohung nur ein Wimpernschlag liegt.
Brigitte

Forest Whitaker macht in einer gigantischen Darstellung das hoch narzisstische, paranoide Ungeheuer Idi Amin beängstigend greifbar. Der Film zeigt auch, wer Diktaturen erst richtig zusammenhält: die Mitläufer.
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Als der junge schottische Arzt Nicholas Garrigan (James McAvoy) Anfang der 70er Jahre seine Heimat gen Afrika verlässt, um so endlich der Aufsicht und Kontrolle seines dominanten Vaters zu entkommen, ahnt er noch nicht, wo er einmal landen sollte. Im Kreis der engsten Vertrauten des ugandischen Diktators Idi Amin (Forest Whitaker). Es ist ein Zufall – ein unglücklicher wie sich letztlich herausstellen soll – den Garrigan auf die Person des gerade durch einen Putsch an die Macht gekommenen General treffen lässt. Nach einem Autounfall ist es Garrigan, der Amins Wunden verarztet. Als Zeichen seiner Dankbarkeit offeriert dieser ihm den Posten des Leibarztes. Schnell lernt Garrigan, die aus seiner herausgehobenen Stellung resultierenden Privilegien zu schätzen. Der luxuriöse Lebensstil macht ihn dabei anfänglich blind für die Gräueltaten, die um ihn herum geschehen. Erst nachdem sich Amins Aggressionen und Launen auch gegen Menschen in seinem engeren Umfeld richten, beginnt er das totalitäre System in Frage zu stellen.
 

Kevin MacDonalds Film behandelt eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren afrikanischen Geschichte. So schätzen Menschenrechtsorganisationen die Zahl der unter Amin verschleppten und ermordeten Regimegegner – darunter viele Anhänger des gestürzten Präsidenten Obote – auf 100.000 bis 300.000. Genauere Angaben gibt es nicht. Allein das lässt erahnen, wie der sich selbst zum mächtigsten Mann der Welt erklärte Amin in Uganda gewütet haben muss. Basierend auf dem Roman von Giles Foden schildert MacDonald durch die Augen eines fiktiven Charakters, wie das „System Idi Amin“ im Kleinen und Großen funktionierte. Die Paranoia des größenwahnsinnigen Generals machte auch vor dessen Mitarbeitern und Anhängern nicht Halt. Wie ein Krebsgeschwür fraß sich die Angst vor Repressalien durch eine ganze Nation.

Garrigan, in einer Mischung aus noch jugendlicher Gutgläubigkeit und selbstbetrügerischer Naivität, lässt sich lange Zeit von der charismatischen Persönlichkeit Amins blenden. Er macht die Augen zu, obwohl die Verbrechen eigentlich nicht zu leugnen sind. Damit steht er stellvertretend für die Haltung des Westens, der, was Afrika anbelangt, bis heute zumeist lieber wegschaut statt zu handeln. Und obgleich der Zuschauer in einem dramatischen Finale vor allem mit Garrigan leiden und bangen wird, beutet der Film Afrika und seine Bewohner nicht als weitere exotische Thrillerkulisse aus. Zu aufrichtig nimmt sich MacDonald dafür dem schwierigen Thema an, indem er zwar subtil aber eindringlich die Folgen der Terrorherrschaft filmisch verarbeitet. Rauchwolken am Horizont künden von den Schrecken eines unmenschlichen Systems. Kontrastiert mit dem scheinbar sorglosen Leben im Präsidentenpalast erhält die gezeigte Armut der Zivilbevölkerung einen besonders bitteren Beigeschmack.

Was Der letzte König von Schottland schließlich jedoch zu einem Must-See macht, hat weniger mit MacDonalds Regieeinfällen als mit der Leistung seines heimlichen Hauptdarstellers zu tun. Forest Whitaker – auch wenn auf ihn im Vergleich zu James McAvoy deutlich weniger Leinwandzeit entfällt – drückt dem Film mit einer der Rolle angemessenen rücksichtslosen Körperlichkeit seinen Stempel auf. Er brilliert mit einem Mienenspiel, das beängstigend sicher zwischen den unterschiedlichsten Gemütszuständen changiert. Von einer Sekunde auf die andere verändert Whitaker Stimme, Mimik und Gestus. Aus einer fast väterlichen Fürsorge entstehen pure Aggressionen. Wir erhalten auf diese Weise eine Ahnung davon, wie Amin es aus einfachen Verhältnissen überhaupt an die Spitze eines Staates schaffen konnte, wie er Menschen für sich und die eigenen Ziele instrumentalisieren konnte. Er war so etwas wie ein realer Dr. Jeckyll & Mr. Hyde, der Afrika ein kaum fassbares grausiges Erbe hinterlassen hat.

Marcus Wessel

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Nicholas Callaghan hat soeben zur Freude seiner Eltern den medizinischen Doktor geschafft. Er sucht auf dem Globus einen Ort, an dem er wirken kann. Die Wahl fällt auf Uganda, wo er in einer Mission arbeiten könnte. So geschieht es.

Eines Tages wird er zu einem Autounfall gerufen. Der Verwundete ist kein anderer als Präsident Idi Amin. Nicholas pflegt ihn.

Wenig später lässt Amin den jungen schottischen Arzt kommen. Er ist von ihm so angetan, dass er ihn zu seinem Leibarzt, später zu seinem engsten Vertrauten macht.

Die in Uganda ansässigen hohen britischen Beamten wissen oder ahnen schon lange, welches Macht- und Verfolgungsregime Idi Amin ausübt. Lange lässt Nicholas sich blenden. Erst sehr spät bemerkt und begreift er, welche Schreckens- und Mordherrschaft Amin betreibt. Dieser fällt auch Nicholas’ Geliebte, eine der Frauen Amins, zum Opfer.

Er fasst den Plan, Amin zu beseitigen, wird aber gefangen und gefoltert. Durch einen afrikanischen Kollegen, der dafür sein Leben preisgibt, kann er fliehen und zusammen mit den Entebbe-Geiseln ausfliegen.

1979 wurde Idi Amin gestürzt, 2003 starb er in Saudi-Arabien. Während seiner Schreckensherrschaft wurden 300 000 Menschen ermordet.

„Der Ursprung der Zivilisation war Afrika“, sagt Amin. „Die Griechen haben hier ihre Philosophie geholt, die Araber ihre Medizin.“ Er mag wie alle Menschen ein paar gute Seiten gehabt haben, aber er war ein afrikanischer Hitler.

Amin vertrieb die Inder aus dem Land, brach mit den Briten – entkam nur durch Zufall einem Anschlag. Das Interessante an diesem Film ist, dass er auf realen Tatsachen und Personen beruht und dass das Verhältnis zwischen Amin und Callaghan psychologisch so gut dargestellt wird: eine Bewunderung-und-Neugier-Beziehung, ein Vater-Sohn-Verhältnis, eine Hass-„Liebe“.

Forest Withaker als Amin spielt hier, das kann man ohne Übertreibung sagen, Oscar-reif.

Mit gewissen Vorbehalten (der üblichen filmischen Arrangements) ein Tatsachendokument, ein psychologisches Drama mit einem Massenmörder und ein schauspielerisches Glanzstück.

Thomas Engel