Host, The

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In bester Monsterfilmtradition baut der koreanische Regisseur Bong Joon-ho seinen Film auf, der wie die klassischen B-Pictures aus dem 50er Jahren unter der Genre-Oberfläche gesellschaftskritische Töne anschlägt. In diesem Fall ist das eine überaus kritische Darstellung der bürokratischen Strukturen Koreas, vor allem aber der massiven amerikanischen Militärpräsenz im Land, die von der koreanischen Bevölkerung zunehmend kritisch betrachtet wird. Ein technisch brillanter, vielschichtiger Genre-Film.

Webseite: www.mfa-film.de

OT: Gwoe Mul
Südkorea 2006
Regie: Bong Joon-ho
Buch: Bong Joon-ho, Ha Joon-won, Baek Chul-hyun
Kamera: Kim Hyung-gu
Schnitt: Kim Seon-min
Musik: Lee Byeong-woo
Darsteller: Song Kang-ho, Byeon Hie-bong, Park Hae-il, Bae Du-na, Goh Ah-sung, Lee Dong-ho, Yoon Je-moon
119 Minuten, Format 1:1,85
Verleih: MFA/24Bilder
Kinostart 29. März 2007

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Inspirationsquelle des Films ist ein tatsächlicher Fall von massiver Umweltverschmutzung durch eine Forschungseinrichtung des amerikanischen Militärs, die vor einigen Jahren die koreanische Öffentlichkeit aufschreckte. Im Film sorgt das illegale Ausschütten von dutzenden Flaschen verunreinigtem Formaldehyd in den die Hauptstadt Seoul durchfließenden Han Fluss für eine Mutation. Ein bizarres Monster, halb Fisch, halb schleimiger Egel steigt eines Tages aus dem Wasser und frisst sich einen Weg durch am Ufer picknickende Menschen. Eines der Opfer ist die 12jährige Hyun-seo, deren Vater Gang-du ein rechter Taugenichts ist, der am Ufer einen Kiosk betriebt. Zusammen mit seinen erfolgreichen Geschwistern Nam-joo und Nam-il und ihrem Vater Hie-bong versuchen sie fortan das Mädchen zu retten, das von dem Monster in die Kanalisation verschleppt wurde, wo es mit anderen noch lebenden Opfern, als zukünftige Nahrung aufbewahrt wird.

Diese Suche nach dem Kind ist bisweilen etwas langatmig inszeniert und verdeckt worum es Bong Joon-ho wirklich geht: Unter dem Mantel eines Genrefilms eine hellsichtige Satire über die Missstände der koreanischen Gesellschaft zu drehen. Als größtes Hindernis der Familie erweißt sich etwa die ausufernde Bürokratie, die in erster Linie daran interessiert ist eigene Fehler zu kaschieren und den Anschein zu erwecken, die Situation unter Kontrolle zu haben. Noch interessanter aber ist die Rolle die Amerikaner dabei spielen.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs unterhält Amerika eine gewaltige militärische Präsenz auf der koreanischen Halbinsel und unterstützte lange Jahre das autokratische Regime. Erst seit Beginn der Demokratisierung Koreas Ende der 80er Jahre werden langsam kritische Stimmen gegen das amerikanische Militär laut, nicht zuletzt auf Grund der oft unterschiedlichen Haltung gegenüber dem kommunistischen Norden. Der Einfluss, den Amerika auf die koreanische Politik nimmt, wird auch in The Host immer wieder deutlich. Es sind amerikanische Ärzte, die das Gerücht eines Virus in Umlauf bringen, und wenn schließlich versucht wird, das Monster mit dem Giftgas Agent Yellow zu vernichten, ist die Anlehnung an das während des Vietnamkrieges verwendete Agent Orange und seinen katastrophalen Folgen überdeutlich. So gewinnt The Host eine bemerkenswerte Vielschichtigkeit, die das nicht immer überzeugende und arg Klischeehafte Sujet einer entfremdeten Familie, die durch eine Extremsituation neuen Zusammenhalt findet, vergessen macht.
Michael Meyns

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Seoul, Südkorea, Oktober 2006. In einem Park am Ufer des Han-Flusses betreibt Hie-bong mit seinem Sohn Gang-du und dessen 12jähriger Tochter Hyun-seo einen Imbissstand. Viele Menschen erholen sich gerade im Park, als im Fluss ein Monster auftaucht, halb Hai, halb Dinosaurier.

Vor Jahren befahl ein amerikanischer Militärmediziner seinem asiatischen Assistenten gegen dessen Willen, hunderte Flaschen Formaldehyd in den Ausguss des Spülbeckens zu schütten. Das Gift gelangte auf diesem Wege in den Han, und daraus entstand das virusbehaftete Monster.

Als es auftaucht, fliehen alle. Im Trubel rettet Gang-du aus Versehen nicht sein eigenes Kind, sondern ein fremdes. Hyun-seo dagegen wird von dem Ungeheuer als Menschenfleischvorrat in die Abwasserkanäle der Stadt verschleppt.

Hyun-seo wird für tot gehalten. Voller Entsetzen eilen auch Hie-bongs jüngster Sohn Nam-il, ehemaliger radikaler Aktivist in der südkoreanischen Studentenbewegung, und dessen Schwester Nam-joo, Bronzemedaillengewinnerin im Bogenschießen, herbei. Sie alle wollen Hyun-seos Tod beweinen.

Da ruft das Kind plötzlich an. Es lebt. Die Familie macht sich auf den Weg, das Mädchen aus seiner Not zu befreien. Doch die Rettungsaktion könnte schwieriger nicht ausfallen. Schüsse verfehlen ihr Ziel und machen das Untier nur noch rasender.

Die inzwischen internierten Hie-bong, Gang-du, Nam-il und Nam-joo flüchten aus der Isolierstation des Krankenhauses. Gang-du wird von Regierungsbeamten festgenommen und muss sich einer Gehirnoperation unterziehen. Hie-bong wird von dem Monster aufgegriffen und zerschmettert. Nam-il wird von einem ehemaligen Kommilitonen in eine Falle gelockt. Immerhin können sowohl Gang-du als auch Nam-il schließlich entkommen.

Sie sind jetzt frei für den Großangriff auf das aggressive Ungeheuer, der mit Hilfe des koreanischen und des amerikanischen Militärs unternommen wird. Nam-il wirft Molotow-Cocktails, Nam-joo schießt mit Brandpfeilen, und Gang-du rammt dem Tier eine Eisenstange in den Rachen. Hyun-seo ist gerettet.

Spontan und oberflächlich betrachtet nichts als ein Horror- und Monsterfilm. Aber er zieht durch mehrere Fakten und Überlegungen die Aufmerksamkeit auf sich und geht bei näherer Betrachtung doch tiefer. Da ist zuerst einmal die Tatsache, dass es sich um den erfolgreichsten südkoreanischen Film aller Zeiten handelt. Dann trägt er der wachsenden Entfremdung der Koreaner gegenüber der „Schutzmacht“ Amerika Rechnung. Er rechnet auch mit „korrupten Beamten, ausbeuterischen Regierungsfunktionären und abartigen Polizisten“ im Lande ab. Die Familie in „The Host“ hat fast mehr mit „überheblichen Medizinern, wichtigtuerischen Regierungsbeamten, sturen Polizisten und Militärs“ zu tun als mit dem Monster.

Es geht also nicht nur um einen Horrorfilm, sondern um eine Auseinandersetzung mit der koreanischen Realität. Regisseur Bong: „Der Film zeigt, wie ganz normale, gewöhnliche kleine Leute über sich hinauswachsen und zu Monster-Fightern werden. Dabei wird offenkundig, dass die ganze Welt um sie herum das wirkliche Monster ist. Letztendlich ist der Film eine Darstellung ihres rührenden Kampfes auf Leben und Tod mit dem teilnahmslosen, berechnenden und manipulativen Monster, das man Die Welt nennt.“ Insofern also Allegorien mit hochsymbolischer Intention.

Und formal? Den vom westlichen stark abweichenden asiatischen Stil, die Fremdartigkeit, die Redundanzen, das übertriebene Pathos, die unendliche Langgezogenheit – sie muss man in Kauf nehmen. Sie werden mit Gutem aufgewogen.

Thomas Engel