I Phone You

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Der alte Mann und das Handy! 80 Jahre ist er gerade geworden, der virtuose Drehbuch-Veteran Wolfgang Kohlhaase. Und nun präsentiert er einen Stoff, dessen Frische und Leichtigkeit so manche filmgeförderte Jungautoren denkbar verschnarcht erscheinen lässt. Im Mittelpunkt steht ein iPhone, das zum Dreh- und Angelpunkt einer chinesisch-deutschen Lovestory wird, die mit einer herrlich verrückten Odyssee quer durch Berlin endet. So gelassen, klug und komisch diese amüsante Lovestory von Altmeister Kohlhaase erzählt wird, so flott, einfallsreich und unbeschwert hat Nachwuchsregisseurin Dan Tang sie inszeniert: eines der charmantesten Regiedebüts der letzten Jahre.

Webseite: www.reverse-angle.com

Deutschland, China 2010
Regie: Dan Tang
Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase
Darsteller: Jiang Yivan, Florian Lukas, Wu Da Wie, Wang Hai Zhen
Laufzeit: 95 Minuten
Kinostart: 26.5.2011
Verleih: Reverse Angle, Vertrieb: Neue Visionen

PRESSESTIMMEN:

Eine frühlingsleichte Liebeskomödie zwischen Asien und Berlin. So charmant kann Leben mit dem Hype sein!
Brigitte

FILMKRITIK:

Am Anfang war der One-Night-Stand. In der chinesischen Millionenstadt Chongqing hat Geschäftsmann Yu eine flüchtige Affäre mit der hübschen Ling. Am Morgen danach wacht die junge Lady allein im Luxushotel auf. Immerhin hat Herr Yu ihr vor seiner Abreise nach Deutschland als romantisches Abschiedsgeschenk ein iPhone hinterlassen. Fortan wird heftig geturtelt. Die telefonischen Liebesgrüße aus Berlin werden von Lings Freundinnen mit neidisch anerkennendem Kichern quittiert. Kaum hat die verliebte Heldin ihren Job als Blumenclown verloren, bucht sie spontan einen Flug in die deutsche Metropole. In Tegel angekommen, wartet eine nicht ganz so schöne Bescherung. Statt des ersehnten Lovers erscheint nur dessen Bodyguard. Und Marco (umwerfend komisch: Florian Lukas) soll seinem Chef das einstige Objekt der Begierde möglichst schnell vom Hals schaffen. Derart lieblos will die verliebte Chinesin sich allerdings nicht abschieben lassen. Welche turbulenten Abenteuer ihr noch bevorstehen, kann Ling zu diesem Zeitpunkt freilich kaum ahnen.

Der herzensgute Marco entpuppt sich alsbald als wahrer Freund und Schutzengel. Egal, ob Ling im schäbigen Hotel gleich nach der Ankunft Pass und Geld gestohlen werden. Ob sie später versehentlich von der vietnamesischen Mafia entführt oder vom Touristen-Pulk in einen Sightseeing-Bus geschoben wird. „Das Brandenburger Tor ist heute von Chinesen besetzt worden. Die sehen alle gleich aus. Für mich jedenfalls“ meldet Marco kleinlaut seinem Boss. Unverdrossen macht sich das Stehauf-Frauchen auf die Suche nach ihrem Yu. „Berliner Straße 27“ hat er einmal seine Adresse verraten. Für den türkischen Taxifahrer keine leichte Aufgabe, gibt es doch etliche dieser Straßen in der Stadt.

Wie im Kaleidoskop lässt Kohlhaase seine hübsche Heldin bei ihrer Suche nach dem vermeintlichen Liebhaber von einer tragikomischen Situation in die nächste stolpern. Bei der falschen Adresse trifft die Suchende immerhin auf einen überaus freundlichen Studenten, der seine spontane Hilfsbereitschaft der überraschend heimkehrenden Freundin nur mühsam erklären kann („Nicht wundern, aber da ist gerade eine Chinesin auf der Toilette“). Ahnungslos über den Straßenstrich zu schlendern, endet für Ling zwar überraschend harmlos. Umso mehr Ärger beschert die fehlende Hundemarke ihres neuen, vierbeinigen Begleiters, die prompt ein Großaufgebot von Ordnungshütern auf den Plan ruft.

Während Herr Yu aller moderner Technologie zum Trotz unerreichbar bleibt, klappt die direkte Kommunikation mit Marco immer besser – nicht zuletzt dank der lässig lustigen Dialoge des Drehbuchs: „Ich komme aus Neuruppin. Aber ich bin da nicht festgelegt“, lässt Kohlhaase den Bodyguard sagen, ähnlich gewitzt fällt Marcos lakonische Lieberklärung aus: „Ich habe plötzlich den deutlichen Eindruck, dass du mir sehr gefällst. I like you, um es mal so auszudrücken.“

Den fluffigen Plot des Story-Virtuosen Kohlhaase setzt Jung-Regisseurin Dan Tang mit federleichter Inszenierung und leinwandpräsenten Akteuren gekonnt um. Kameramann Andreas Höfer, der für Andreas Dresen schon Kohlhaases „Sommer vorm Balkon“ und „Whisky mit Wodka“ fotografierte, findet diesmal poppig bunte Bilder für Berlin. Als Sahnehäubchen sorgt „Smod“, das musikalische Erfolgstrio aus Mali, mit seinen Afro-Raps für den coolen Ohrwurm-Soundtrack.

Bleibt zu hoffen, dass der (t)olle Autor aus dem Osten noch so manche Filme schreiben möge – besser können es hierzulande nur wenige.

Dieter Oßwald

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