Der Tod ist im Kino allgegenwärtig, doch meist wird beiläufig, geradezu plakativ gestorben, dienen Tote eher als dramaturgisches Mittel. In der Realität ist der Tod ebenso unausweichlich wie einzigartig, und dieser Realität kommt Benjamin Kramme mit seinem Film „Ich sterbe. Kommst Du?“ sehr Nahe, in dem es um das Sterben einer Frau im Hospiz geht.
Über den Film
Originaltitel
Ich sterbe. Kommst du?
Deutscher Titel
Ich sterbe. Kommst du?
Produktionsland
DEU
Filmdauer
98 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Kramme, Benjamin
Verleih
barnsteiner-film
Starttermin
13.11.2025
„Sterben kann man nicht üben“ schreibt Benjamin Kramme in den Pressenotizen zu seinem Spielfilm „Ich sterbe. Kommst Du?“, der beim Max-Ophüls-Preis-Filmfestival mehrfach ausgezeichnet wurde, unter anderem mit dem Preis für den gesellschaftlich relevantesten Film. Eine besonders passende Auszeichnung für einen Film, der etwas zeigt, das jedem Menschen unweigerlich widerfährt, das jedoch aus nachvollziehbaren Gründen in der öffentlichen Wahrnehmung eine eher untergeordnete Rolle spielt: Das Sterben und besonders das Sterben im Hospiz.
In so eins zieht zu Beginn des Films die gut 40jährige Nadine (Jennifer Sabel, Co-Autorin und Lebensgefährtin von Kramme), die unheilbar an Krebs erkrankt ist. Zwischen trotziger Akzeptanz und Renitenz schwankt Nadine, die am liebsten sofort Reißaus nehmen will, vom Pfleger Nuri (Ruben Sabel) aber dann doch zum Bleiben im Hospiz überredet wird.
Dort trifft sie auf unterschiedliche Menschen, manche Hadern mit dem Schicksal, andere Lernen noch Spanisch für eine lange Reise nach Südamerika, von der sie eigentlich wissen müssten, dass sie nicht mehr stattfindet wird. Besonders entspannt scheint Marion (Hildegard Schroedter) mit ihrem Schicksal umzugehen, eine gehörige Portion Galgenhumor ist dabei, wenn sie davon berichtet, dass sich ihr Ehemann schon eine neue Freundin gesucht hat, da er nicht allein sein kann, später dann davon, dass die Krankenkasse ihren Hospizaufenthalt nicht mehr bezahlen will, denn ihr Sterben dauert zu lange.
Belastend dagegen ist für Nadine das schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter Renate (Barbara Philipp), die inzwischen auf Nadines Sohn Dexter aufpasst. Der ist erst fünf und versteht nur bedingt, was mit seiner Mutter passiert. Bei einem Besuch ängstigt ihn Nadine sogar, die nach der Chemotherapie eine Glatze hat und mit ihrem Kopftuch eher an eine Piratin erinnert, als an eine liebevolle Mutter. Vorwürfe werden laut, alte Verletzungen kommen an die Oberfläche, Dinge wollen geklärt werden, denn die Zeit die bleibt, ist kurz.
Neben seiner Arbeit als Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur arbeitet Benjamin Kramme seit langem als Pfleger in einem Hospiz, eine Erfahrung, die ihn zu diesem Film, seinem ersten langen, inspirierte. Der dann auch durch besondere Authentizität überzeugt, bisweilen wie ein Dokudrama wirkt, bei dem schmerzhaft unmittelbar vom Leben und vor allem Sterben in einem Hospiz erzählt wird. Allerdings weder auf voyeuristische noch weinerliche Weise, sondern auf seltsamerweise besonders lebensbejahende Weise.
Welche Rolle beim Sterben den Hospizen zukommt beschreibt Kramme dank seiner eigenen Erfahrung, in der Figur des Pfleger Nuri bringt er sich selbst in den Film ein. Nicht nur für die Sterbenden selbst, sondern auch für die Angehörigen haben diese letzten Tagen und Wochen eines Menschen besondere Bedeutung, als letzte Möglichkeit, Dinge zu klären, abzuschließen, Abschied zu nehmen.
„Ich sterbe. Kommst Du?“ zeigt diese letzten Tage im Leben einer jungen Frau, genau beobachtet und von Jennifer Sabel berührend gespielt. Ein bemerkenswerter Film über etwas, das jeder Mensch unausweichlich durchleben wird.
Michael Meyns