Jeder hat einen Plan

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In einer Doppelrolle als nach Lebenssinn suchende Brüder überzeugt Viggo Mortensen in dem argentinischen Drama „Jeder hat einen Plan“. Der um seine Präsenz gebaute Film dagegen ist in erster Linie atmosphärisch.

Webseite: www.fox.de

Argentinien 2012
Regie, Buch: Ana Piterbarg
Darsteller: Viggo Mortensen, Soledad Villamil, Daniel Fanego, Javier Godino, Sofia Gala, Oscar Alegre
Länge: 118 Minuten
Verleih: FOX
Kinostart: 23. Mai 2013

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Irgendwo in den Sümpfen des argentinischen Tigre-Deltas: Der Imker Pedro (Viggo Mortensen) fristet ein karges Dasein, raucht und trinkt zuviel und bessert sein Einkommen mit Entführungen auf. Kopf der Kriminellen ist Adrian (Daniel Fanego), der mit seinem Neffen Ruben (Javier Godino) einen unzuverlässigen Kompagnon herangezogen hat. Und so kommt es wie es kommen muss: Eine Entführung geht schief und das Opfer wird ermordet.

Derweil hadert in Buenos Aires der Kinderarzt Agustin (Viggo Mortensen) mit seiner Existenz. Seine Frau Claudia (Soledad Villamil) will unbedingt ein Kind adoptieren, doch Agustin verschanzt sich lieber tagelang in seinem Arbeitszimmer. Als auf einmal Pedro, sein Zwillingsbruder vor der Tür steht, scheint die Gelegenheit für einen Neuanfang gekommen zu sein. Denn Pedro ist todkrank und bittet seinen Bruder, ihn von seinen Qualen zu erlösen. Im Affekt kommt Agustin der Bitte nach, ertränkt Pedro in der Badewanne - und nimmt dessen Identität an.

Als Pedro kehrt Agustin in das Tigre-Delta zurück, wo die Brüder einst mit Adrian ihre Kindheit verbrachten. Gleichermaßen bekannt und fremd ist die Umgebung für Agustin, der sich als Imker versucht, die junge Rosa (Sofia Gala) kennen lernt, die als erste merkt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Voller Misstrauen wird Agustin von den zurückgezogenen Menschen beäugt, die an modrigen Kanälen leben und sich nur per Boot fortbewegen können. Nicht zuletzt deswegen, da Adrian verschwunden ist und er und sein Kumpel Pedro von der Polizei gesucht werden. Das Versprechen eines neuen Lebens wird für Agustin zu einer zunehmend bedrohlichen Reise in eine Welt, die er längst hinter sich gelassen hatte.

Mit Viggo Mortensen gelang es der Regiedebütantin Ana Piterbarg einen Schauspieler zu engagieren, mit dem wenig schief gehen kann. Schon oft hat der zum Teil in Argentinien aufgewachsene Mortensen Filme allein durch seine melancholische Präsenz sehenswert gemacht. Und auch hier überzeugt er als vom Leben enttäuschter Kinderarzt, der verzweifelt versucht, die Erinnerungen an seine Kindheit wieder zum Leben zu erwecken.

Doch so gerne man Mortensen dabei zuschaut, wie er auf den Kanälen des Tigre-Deltas in seine Kindheit zurückkehrt, vorsichtig bemüht, sich so zu verhalten wie sein Bruder, so wenig passiert um ihn herum. Allzu dünn ist die Geschichte, die Piterbarg um ihren Star gebaut hat, allzu absehbar entwickelt sich das Drama, dass angesichts der Schuld, mit der alle Figuren belastet sind, nur finster enden kann.

Neben Mortensen überzeugt „Jeder hat seinen Plan“ in erster Linie durch seine stimmungsvolle Atmosphäre: Geschickt wird das bürgerliche Leben Buenos Aires mit der fast ärmlichen Existenz der Delta-Bewohner kontrastiert, die in baufälligen Holzhütten ein kärgliches Dasein fristen und von der Hand in den Mund leben. Zwischen diesen Welten existiert Agustin, den Mortensen mit seinem typisch melancholischem Blick als verlorene Seele anlegt, die im übertragenen Sinn schon tot ist, als der Körper sich noch durch die Welt bewegt. Und allein für diese Darstellung lohnt sich Piterbargs ambitionierter, etwas unterentwickelter Film letztlich doch.

Michael Meyns